Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
also in den nächsten Monaten keine Arbeit zu suchen und es dauert ja auch nicht allzu lange mehr und ich bin wieder daheim und kann Dir dann diese Sorgen abnehmen. Bei der Hamsterei bin ich schon abgebrüht, aber man gibt uns schon eher, eben weil wir noch Kriegsgefangene sind. Allzu viel springt ja auch nicht heraus, aber das zusätzliche Brot bekommt man entweder bei den Bauern oder Bäckern. Wie geht es denn so im allgemeinen unserem kleinen Kerlchen? Ist sie immer noch so lebendig und munter wie immer? Hoffentlich hat ihr der Weihnachtsmann ein paar Kleinigkeiten gebracht, denn meine Armseligkeit, die ich durch Heinz geschickt habe, ist ja kaum der Rede Wert. Wenn ich da an Heinz denke, was der alles für Ulli gebastelt hat, muss ich mich ja schämen. Aber Du weisst ja, wie talentlos ich in dieser Beziehung bin, habe eben da zwei linke Hände erwischt und zu kaufen gibt es ja noch nichts. Nun wollen wir nur hoffen, dass es bald wieder so weit ist, dass Du auch Dir das zu essen beschaffen kannst, worauf Du Lust hast. Ich glaube, dass es jetzt bis zum Sommer die schwerste Zeit werden wird und es dann wieder besser wird. Den neuen Rock zu meiner neuen Hose und den neuen braunen Schuhen habe ich noch nicht bekommen. Leid tut es mir um meine Unterwäsche, denn mit Waschseife hapert es ganz, da wir nichts als Tonseife bekommen und sie sieht kitzegrau aus. Als Wintermantel habe ich einen alten Militärmantel und dazu habe ich noch einen Luftwaffenmantel organisiert, den ich mal, weil er zu kurz, aber noch sehr gut ist, zu einer Joppe umarbeiten lassen will. Beim Bau sehen wir in unseren alten Klamotten weniger erfreulich aus, aber es ist ja auch eine Dreckarbeit. Hoffentlich können wir alle Sachen behalten, da kann man schon noch eine Weile hinkommen. Habt Ihr denn nun noch Euren Zucker bekommen? Dass wir unsere Stäbchen wieder geliefert bekommen, hatte ich Dir ja geschrieben. Heinz bringt Dir ja nun auch zehn deutsche und zehn englische mit und jetzt habe ich wieder 25 Stück zurückgelegt, denn vom Tommy haben wir 96 Stück als Weihnachten gestern bekommen. Wenn der Vater des Röthaer Kameraden Anfang Januar herkommen sollte, gebe ich sie ihm bei seiner Rückfahrt für Dich mit. In meinem vorletzten Brief hatte ich Dir ja ein Stäbchen beigelegt, aber die letzten zwei Briefe hatte ich keine Umschläge mehr. Heute lege ich Dir eine englische bei, aber rauch sie nach dem Essen, denn sie ist ziemlich stark. An Lieberoths werde ich nicht schreiben, denn ich wüsste ja kaum, was ich da schreiben soll. Warst Du denn nun mit Heidi Schlittenfahren? Da wird sie ja in ihrem Element sein und gönne ich ihr dieses Vergnügen; allerdings wirst Du da wohl mächtige Arbeit haben mit Schlitten ziehen. Hier sieht es heute mit dem Wetter mies aus, denn es hat angefangen zu regnen, aber es riecht stark nach Schnee. Ob Du wohl noch ein kleines Bäumchen bekommen hast, damit Heidi ihr Lichterbäumchen hat? Hier hat es genug gegeben, aber man kann so ein Ding ja nicht verschicken. Eben war der Krause Heinz hier und erzählte mir, dass er den ersten Brief, datiert vom 12.12. erhalten habe und dass seine Eltern bisher noch keinen Brief aus Nienburg erhalten hätten. Kannst Du nochmals hingehen und seinen Eltern sagen, er hätte von hier 14 mal nach Hause geschrieben. Er schreibt heute oder morgen und kannst Du ja fragen, ob endlich dieser Brief angekommen ist. Mit Heidis Sparbuch bin ich falsch informiert gewesen, denn ich nahm an, dass für sie ein Postsparbuch dagewesen wäre und hat sich da natürlich die Umschreiberei erledigt. Wie mir Heinz sagte, würde Erie ja auch nicht vor Februar nach Holtensen fahren und da werde ich wohl zu Hause sein. Da dürfte sich wohl eine Reise für Dich nicht mehr lohnen. Dass es nun mit einem Urlaubsbesuch nichts wird, weisste Du ja nun inzwischen. Sollte der Russe sich Anfang Februar zurückziehen, dann wird nach und nach der Tommy die ganzen Gebiete mit verwalten und wie man uns jetzt wieder gesagt hat, die Jagd nach den ‘Deserteuren’ beginnen. Zwei Jahre Arbeitskommando ist die Strafe für das stiften gehen aus einer Section und das lohnt sich wirklich nicht. Nun macht Euch mit den ersparten Konserven paar gute Tage, gebrauchen könnt Ihr es. Froh bin ich, dass Du den Blumenverkauf unterlassen hast, es ist ja auch so gegangen. Nächstes Jahr werden wir nun wieder alle zusammen die Advents- und Weihnachtszeit verleben und dann freue ich mich, wenn unser Kerlchen so fleissig mitsingt. Ja, ich
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