Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
bist Du da nicht aus der Haut gefahren oder bist Du jetzt gesetzter? Wenn ich da an die Fahrt nach Koserow denke, da wärst Du ja bald aus dem Zuge gesprungen. Na, jetzt musst Du ja ein leuchtendes Beispiel als Mutti für ein schnapstrinkendes Baby sein. Sag mal, wie kommt unsere Tochter auf diesen Ausdruck? Sollte sich ihre Mutti diesem Laster heimlich ergeben haben? Vom Meester war es ja sehr lieb, dass er Euch trotz der vielen Verspätung noch abgeholt hat. Geht es ihm denn wenigstens mit dem Magen wieder besser? Und wie ist es mit Helenchen; es wäre beiden zu wünschen, dass sie nun endlich wieder in Ordnung kommen und sich ihres neuen Heimes erfreuen können. Und Dir ist nun wieder ein Packen Sorgen zugefallen, kleine Frau. Viel hast Du jetzt von Deinen sieben Ehejahren nicht gehabt, aber es muss auch mal wieder anders werden. Heute sind es gerade vier Jahre, als wir Abschied feierten, vieles hat sich seit dieser Zeit geändert und niemand hätte gedacht, dass der Krieg so lange dauern und solche Opfer fordern würde. Aber wir dürfen den Mut nicht verlieren, sondern warten darauf, dass wir uns alle recht gesund wiedersehen. Hat sich denn nun Lisas Gesundheitszustand was gebessert und ist es mit Martin etwas besser. Heidi war wohl über die zahmen Hühner restlos begeistert. Dass ihr die Matscherei Spass macht, ist wohl ein Erbteil von Dir Wasserratte, gurgeln will sie wahrscheinlich um des schönen Geräuschs willen. Sind denn ihre Haare recht gewachsen oder wird sie immer noch für einen Jungen gehalten? Es wird Zeit, dass ich mal wieder nach Hause komme, damit ich mich von ihren Fortschritten überzeugen kann. Bei Kürbissens im Garten kann sie ja auch ganz gut spielen und hat dazu noch Karin und Wolfgang als Spielkameraden und dabei findest Du vielleicht für Dich mehr Zeit und Ruhe. Fühlst Du Dich nun nach der Kur auch wirklich wohler, nach dem Gewicht kann man ja wegen der Bäder nicht gehen.
Von mir ist diesmal nicht viel zu erzählen. Am Donnerstag mußte ich als ‘Drückeberger’ zum Revier zum Impfen. Während fast alle hier schon die vierte Spritze hatten, war ich erst einmal dran und bekam dann die zweite mit einem qcm. Diesmal habe ich nicht so viel gespürt wie sonst. Anschliessend bin ich gleich ins Wehrmachtsheim Kaffeetrinken gegangen und habe acht Törtchen verdrückt, das war wirklich ein Hochgenuss.
Morgen kommt der Spiess wieder, da ist es mit der Ruhe vorbei; ich fange morgen mit meiner Bestandsaufnahme an und bin gespannt, was dabei herauskommt. Heute Abend wollen wir mal wieder einen Skat kloppen, zum Lesen habe ich jetzt nicht vielLust und mit dem Kartenspielen bekommt man auch den Sonntag herum.
Für heute also mache ich Schluss und Dir und Heidi nun zum Schluss viele liebe Grüsse und Küsse und bleibt mir recht gesund. Grüsse bitte beide Eltern von mir.
Dein Dichliebender Hans.
Hast Du Deinen Geburtstag gut überstanden und Dir an den vielen Süssigkeiten nicht den Magen verdorben?
Leipzig, den 5. Juni 1944
Mein lieber alter Strolch!
Für Deine beiden lieben Briefe am 3. Juni danke ich Dir recht herzlich, der erste war der, der mir von Elster aus nach hier nachgeschickt.
So, jetzt habe ich erst mal eine Stunde aussetzen müssen mit Schreiben. Vater und Mutter waren im Kino, ich hatte mich kaum gesetzt, als Frau Holzmann kam und später Hedwig. Da muß ich mich wohl oder Übel meinen Gästen widmen, wenn man auch den Bauch voll Wut hat.
Und nun danke ich Dir für Deine guten Wünsche zu meinem Geburtstag recht herzlich, kleiner Mann. Ich hatte den Brief ungelesen liegen lassen, habe ihn mir am Sonnabend Abend mit ins Bett genommen, und so bist Du gleich am frühen Morgen mein erster Gratulant gewesen. Als zweiter folgte Heidi mit einem kleinem Taschentuch und Blümchen, dann kamen Vater und Mutter, und damit war es zunächst erschöpft. Im Laufe des Vormittags bin ich mit Heidi mal mit dem Rad nach meiner alten Heimat und Geburtshaus gefahren. Die Sehnsucht war eben mal wieder da. Nach Tisch habe ich Mutter mit Heidi ein Stück spazieren geschickt. Später kamen Lisa und Martin und Frl. Fuhrmeister und habe ich mich darüber sehr gefreut. Das war alles. Schramms haben weder Heidi noch mir gratuliert, und Mutter wird Dir wohl schon geschrieben haben, daß Papa gestern Mittag ins Wurzner Krankenhaus geschafft worden ist. Mutti kam am Abend noch her, und war ziemlich fertig. Für mich haben sie ein Anrecht für die Oper mitgebracht, und habe ich mich darüber
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