Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946
angeflogen, bei der ich nicht gleich ausmachen kann, ob es eine unsrige ist, wie ich da in Deckung gehe. Solltet Ihr mal bei Alarm unterwegs sein, dann aber schnell verschwinden, denn jetzt bei der zugespitzten Lage kann man nicht vorsichtig genug sein. Mit der Butter- resp. Päckchenverschickung zu 500 Gramm habe ich auch erst in den letzten Tagen erfahren und kann ich da in der Woche schon drei bis vier Päckchen schicken, es scheint ja sicher zu sein, nur weiss man nicht, in welchem Zustand solche kleinen Dinger ankommen. Diese Woche fahre ich nun wieder nach Zwolle und werde ich da sechs Pfund Butter kaufen, das sind gleich acht Päckchen und werde ich sie Zug um Zug schicken. Nur musst Du mir umgehend Geld schicken, vielleicht auch was für Gurken, Blumenkohl und Zitronen. Diese letzten könnte man ja in einer Kiste per Express schicken, die Diebstahlgefahr ist da nicht so gross und den Wert kann man ja voll anfordern. Sag mal, kannst Du noch nachkommen, was ich für Geld noch da haben muss, ausser den 60.–, 20.– und den letzten 50.– Mark? Ich finde nämlich den Zettel nicht mehr, wo ich alles notiert hatte. Am Montag früh komme ich nun erst in die Stadt um zu hören, was mit den Paketen los ist. Mal sehen, wie ich es mit dem Wert mache, denn ich hatte es extra nicht hoch versichert, damit man nach den Papieren nicht auf einen teuren Inhalt schliessen konnte.
Es tut mir wirklich sehr leid, dass Du Dich nun mit dem Kriegsende so auf mich verlassen hast, aber kleine Frau, wenn es nach mir gegangen wäre, dann wären alle schon längst zuhause. Du musst aber auch zugeben, dass da Dinge dazwischen gekommen sind, die alles über den Haufen geworfen haben. Und die Sache mit Italien ist ja auch heute noch eine grosse Belastung. Dass der Krieg sich von Tag zu Tag mehr zuspitzt, ist Dir ja auch klar, aber ich kann da nun auch nicht klarsehen, wann mal das Kriegsende da ist und glauben tust Du mir ja auch nicht, aber das ist auch nicht wichtig, sondern dass Du sonst immer an mich glaubst, das wünsche ich mir.
Die M 60.– habe ich natürlich erhalten und die Pistole gehört jetzt mir; ich weiss gar nicht, warum ich Dir das nicht geschrieben habe. Bedanken tue ich mich aber erst nach dem Geburtstag und betrachte sie jetzt nur als von Dir geliehen. Wie ist es denn jetzt bei Heidi mit dem Schlafen, ist sie nachts noch öfters munter oder schläft sie durch? Sag mal, ist denn die Butter noch in festem Zustand angekommen, sodass man überhaupt noch welche schicken kann? Die Beförderung ging ja prima und ist da das ½ Pfund noch rechtzeitig als ein kleines Geburtstagsgeschenk angekommen. Die beigelegten M 50.– schreibe ich wieder Deinem Konto gut. Siehst Du, so wie Du Dich über das kleine Bildchen gefreut hast, so freue ich mich schon auf Eure Elsterbilder und warte darauf, dass Du mir den Film zum Entwickeln schickst. Dass unser kleines Kerlchen mich gleich erkannt hat, freut mich besonders, da weiss ich wenigstens, dass sie mich noch nicht vergessen hat. Inzwischen wirst Du ja nun alle Post von mir haben und kommt nun alles wieder ins Geleise. Bei den Butterpreisen richtet es sich hier in Holland nach den Niederschlagsmengen, denn bei trockner Witterung fressen die Kühe weniger und geben demzufolge auch weniger Butter; hoffentlich sinken die Preise noch was. Mit den Dienstreisen ist es jetzt so eine Sache. Genau wie Urlaubsfahrten sind gewöhnliche Dienstreisen verboten und bei dringenden Fahrten bekommt man Bescheid, muss gleich losfahren und hat höchstens ein bis zwei Tage Zeit, zuhause zu sein. Wenn ich Dir dann erst telegrafieren muss und Du erst nach Leipzig fährst, ist die Zeit dann vielleicht schon rum. Aber jetzt klemme ich mich stark dahinter, solange Du zuhause bist. Es wäre dann vielleicht ganz schön, wenn man wieder einen grösseren Geldbetrag hier hätte, vielleicht könnte man dann, falls die Zeit es erlaubt, einen grösseren Posten Butter mitbringen. Die letzen Dienstreisen gingen nach Hirschberg über Leipzig-Dresden, das würde für mich ganz gut klappen. Gestern sind von uns Kameraden nach Altenburg gekommen und wäre ich ganz gerne mitgefahren, wenn man wüßte, ob sie dort bleiben. Auf Eurer Rückreise habt Ihr ja einen Teil Eurer Erholung wieder zugesetzt, es muss jetzt sehr schlimm mit der Eisenbahnfahrerei im Reich sein. Ich habe mir gleich gedacht, dass es in Leipzig wieder haarig hergegangen ist und wollen wir nur hoffen, dass wir auch weiterhin solches Glück haben. Kleine Frau,
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