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Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946

Titel: Bleib uns gesund und behalt uns lieb 02: Briefe und Feldpostbriefe einer deutschen Familie 1928 bis 1946 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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sehr gefreut. Heute Mittag bin ich mit Lisa nach Wurzen gefahren, Lebensmittelabmeldung usw. hingeschafft. Ein genaues Ergebnis liegt vom Arzt aber noch nicht vor. Vermutlich ist ein Magengeschwür aufgegangen, denn Papa hat Blut und dergleichen gebrochen. Er ist ziemlich elend, nur noch Haut und Knochen. Heute fühlte er sich aber schon bissel besser. Die Sorgen reißen nie ab. Hoffentlich dauert es nicht gar so lange, denn Papa hat keine Ausdauer dazu. Unserem Kerlchen geht es gut. Am Freitag spielte sie unten im Garten. Plötzlich hörte ich es “Mutti” rufen, und da stand Heidi vor der Tür, mit ihrem Eimer voll Sand und wollte ihren Sand in die Stube schleppen. Wir haben uns aber erweichen lassen und haben ihn auf den Balkon geschüttet.
    Meine Saazer Reise war ergebnislos, ich habe nämlich den Stoff so wieder mitgebracht, wie ich ihn hingeschafft hatte. Wie kannst Du so komisch fragen, ob wir noch Butter haben wollen? Jeder ist doch froh, wenn er was bekommt, aber Geld muß Dir jeder selber zuvor schicken, und dann vergiß nicht, bei anderen, Schramms, Lehmanns, Liebaus usw. 10 M draufzuschlagen aufs Pfund. Das kommt auf mein Konto. Denn jetzt kann es doch nicht plötzlich so billig werden. Wie sind die Kameraden bloß mit dem Hochzeitsgeschenk für Euren Spiess auf die Idee gekommen. Geschadet hätte es dem Kerl eher nichts. Schlecht gelebt hast Du die Feiertage aber nicht, das kann man wirklich nicht behaupten. Na, die Hauptsache, es hat geschmeckt, sonst habt Ihr ja auch sehr wenig von Euren Feiertagen. Was hat denn Flieth angestellt, daß er strafversetzt ist? Mit Alarm will ich es nicht beschreien, aber die letzten Tage sind überhaupt keine Einflüge gewesen. Bestimmt hängt das aber mit Italien zusammen. Meinst Du nicht auch? Für mich wäre es freilich die schönste Geburtstagsüberraschung gewesen wenn Du plötzlich vor der Tür gestanden hättest. Aber einmal wird es ja wohl werden, und ich denke bestimmt, daß der Krieg dieses Jahr zu Ende geht. Wegen der Baderei brauchst Du nicht auf Heidi neidisch zu sein. Heidi und ich sind nicht zusammen in einer Wanne gewesen. Unser Kerlchen hat ein Bad ganz für sich allein genommen. Mit der neuen Wohnung für Papa und Mutti wird es wohl frühestens der 1. Juli, wenn nichts dazwischen kommt. Also kannst Du nicht dahin schreiben. Höchstens wenn Du Papa mal eine Karte schreiben willst (Stadtkrankenhaus Wurzen, Station für innere Krankheiten). Für eine Zigarette hast Du da ja noch ganz schön Kartoffelkuchen einkassiert, da lohnt es sich ja direkt. Wenn dort die Heide so ist wie in Bornholm, so ist es doch eigentlich sehr schön. Das war doch damals wirklich noch eine schöne Zeit, ob die mal wiederkommt? Sehr gefreut habe ich mich, daß Du doch noch eine Karte für ‘Tosca’ bekommen hast, und daß Du dabei ein bissel auf Deine Kosten gekommen bist. Kleiner Mann, das gönne ich Dir von ganzem Herzen. Vielleicht klappt es öfter mal. Auf Deinem Lesegang in die Heide möchte ich Dich mal begleiten. Ich habe überhaupt auch wieder paar neue Bücher bekommen. Von Mutter ‘Heilige Grausamkeit’ und ‘McLeods Lebensweg’ und von Lisa ‘Glückauf Katrin’ (ein dicker Roman). Weißt Du schon daß mein Füller kaputt ist? Ich glaube er ist gespalten und schreibt ganz mies.
    Und nun will ich für heute mal wieder aufhören, wenn ich den nächsten Brief schreibe, schließe ich mich mal ein, damit ich mal Ruhe habe.
    Und nun bleib gesund alter Stromer, denk daran daß Heidi und ich Dich ganz doll lieb haben, und behalt auch Du uns lieb und nimm 1000 herzliche Grüße und einen feinen Süßen
    von Deiner Leni und Heidi.
    Viele Grüße von den Eltern und Mutti.
     
     
     
    O.U., den 8.6. 44
    Meine liebe kleine Lenifrau!
    Für Deine lieben Zeilen vom 5.6. danke ich Dir recht vielmals und sollen sie auch gleich beantwortet werden. Meine Post hast Du nun also erhalten und sind wir damit auch wieder auf dem Laufenden. Hoffentlich haben die Besucher wie Frau Holzmann und Hedwig Dir auch angemerkt, wie erfreut Du über diese Störung warst, na ja, es kommt eben immer was dazwischen; ich muss schon sagen, da bin ich meistens ungestört beim Schreiben. Ich bewundere Dich wirklich, dass Du meinen Geburtstagsbrief so standhaft verschlossen gehalten hast und freue mich sehr, dass ich dadurch wenigstens brieflich am Geburtstagsmorgen der erste Gratulant war. Es tut mir wirklich leid, dass Du Dich noch nicht über den Verlust Deines Elternhauses hast hinwegsetzen können,

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