Bleibst du fuer immer, Liebster
sie sah ihn nicht einmal an. “Rachel, sag mir, was los ist!”
Sie seufzte. “Timmy steht unter der Aufsicht des Jugendamts von Milwaukee. Er lebt nur deshalb hier bei uns, weil es ein Austauschprogramm gibt, das es Kindern aus Vierteln mit hoher Kriminalität erlaubt, aus der Großstadt wegzukommen. Wenn meine Mutter mit Grant nach Arizona zieht, muss Timmy wieder dorthin zurück.”
Fassungslos stand Marcus vor ihr. “Aber … warum? Du bleibst doch hier, du könntest…”
Erst jetzt hob sie den Kopf. “Natürlich werde ich die Pflegschaft für ihn beantragen. Aber das wird dauern. Selbst wenn ich sie bekomme, wird er einige Monate in der Großstadt leben müssen.”
Marcus fand die Vorstellung schrecklich. Sicher, das Leben in einer Kleinstadt war ihm nie verlockend erschienen, aber Birch Beach war Timmys Heimat und dieses Haus sein Zuhause. Der Junge fühlte sich wohl in diesen von Bäumen gesäumten Straßen, mit Molly Finch als Nachbarin, mit Hattie Crawfords Doughnuts, mit Olives tadelndem Blick, wenn man ihren Hackbraten nicht aufaß. Und mit Knickerson’s, dem Kramladen, um dessen Überleben Rachel mit aller Kraft kämpfte. Rachel, die Frau, mit der Marcus die Nacht verbracht hatte. Und jetzt würde Timmy alles verlieren, weil zwei Menschen einander liebten.
Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar. “Ein paar Monate”, murmelte er. “Also wird Timmy den Sommer in Birch Beach verpassen.”
“Ja. Und vielleicht nicht nur den Sommer.”
“Was soll das heißen?”
“Wenn das Jugendamt mich nicht als Pflegemutter akzeptiert, wird Timmy vielleicht nie wieder nach Birch Beach zurückkehren.”
“Dich nicht akzeptiert?”
Rachel stand auf und ging rastlos hin und her. Sie lehnte sich an das Geländer und schaute zum Park hinüber.
Marcus ahnte, was sie dachte. Timmy würde in diesem Sommer nicht im See schwimmen können. Vielleicht sogar nie wieder.
“Warum sollte das Jugendamt dich nicht akzeptieren, Rachel?”
“Ich bin nicht verheiratet, Marcus. Ich war es nie. Ich habe kein eigenes Kind. Ich habe einen aufreibenden Beruf. Und ich werde bald allein leben. Das alles sieht auf dem Papier nicht gerade gut aus.”
Marcus fluchte leise. “Das ist doch verrückt! Du wärst eine großartige Mutter.” Er dachte daran, wie sie Timmy vor dem Einschlafen etwas vorgelesen hatte. “Das bist du jetzt schon”, fügte er hinzu und strich ihr über das Haar.
Sie schmiegte sich an seine Hand. “Erzähl das dem Jugendamt.”
Sie saßen am Küchentisch, als Frannie wieder nach unten kam.
“Wie geht es ihm?” fragte Rachel.
“Aufgebracht. Besorgt. Er will allein sein.”
“Lassen wir ihn eine Weile in Ruhe”, meinte Grant.
Marcus nahm einen Schluck Kräutertee und verzog das Gesicht. “Wie bekommst du das Zeug nur herunter, Grant?”
“Man gewöhnt sich daran”, knurrte sein alter Freund.
“Möchte jemand Frühstück?” Frannie setzte sich zu ihnen und stützte das Kinn auf eine Hand.
“Ich nicht”, murmelte Rachel:
“Ich auch nicht”, sagte Marcus.
“Wenn ich mich das nächste Mal verlobe, werde ich es für mich behalten”, brummte Grant missmutig.
Frannie stand auf und legte ihre Stirn an seine. “Oh Honey, es tut mir leid.”
“Schon gut, Liebes. Ich mache mir nur Sorgen um Timmy.”
Marcus war es nicht gewöhnt, herumzusitzen und sich Sorgen zu machen. Er war ein Mann der Tat. “Ich rede mit ihm”, verkündete er.
“Ich komme mit”, sagte Rachel.
“Nein.” Er gab ihr einen Kuss auf die Stirn. “Lass meinen Wagen abholen, ja?”
“Das kann ich tun”, bot Grant an.
“Danke.” Marcus ging zur Tür. “Ich hole ihn. Lasst euch einfallen, wohin wir mit ihm fahren können, ja? Heute werden wir Spaß haben. Seinetwegen, okay?”
Oben klopfte er leise an die Tür des Jungen.
“Ach, geht weg.”
“Timmy? Ich bin es. Marcus. Ich möchte mit dir reden, Partner.”
Er hörte ein Bett knarren, dann wurde die Tür einen Spaltbreit geöffnet. “Was willst du?”
“Ich will den Tag mit dir verbringen, Timmy.”
Timmy sah ihn nicht an. “Warum?”
“Weil wir zusammen immer viel Spaß haben.”
Der Junge schluchzte. “Na und?”
“Und ich habe gern viel Spaß, du nicht?”
“Doch.” Endlich hob der Junge den Kopf. “Ich soll von hier weg, weißt du.”
Marcus schluckte. “Hör zu, Partner. Lass mich herein, wir müssen reden.”
Sekunden vergingen, bevor Timmy ihn einließ.
Der Junge kletterte auf die Truhe unter dem Fenster, in der er seine
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