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Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod

Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod

Titel: Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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stand noch immer vor der Tür, und Alex sah ihr an, wie unwohl sie sich fühlte. Er wollte eigentlich keinen Kaffee, ihm war aber klar, dass die Frau etwas zu tun haben musste. Außerdem wäre es nicht verkehrt, wenn er einen Augenblick unbeobachtet sein würde.
    »Gern.«
    »Milch und Zucker?«
    »Schwarz bitte.«
    Sie verschwand.
    Sofort trat Alex zum Bett und hob die Matratze an. Nichts. Dann den Schoner zwischen Lattenrost und Matratze. Nichts. Rasch wechselte er zum Schrank. Die Schubladen mit Unterwäsche und Socken waren schnell durchsucht. Nichts von Interesse. Danach griff er in jede Tasche aller Hosen und Jacken, die im Schrank hingen, und wurde rasch fündig. In der Brusttasche einer Jacke steckte eine Visitenkarte. Sie war zerknickt, die Ecken zerfranst, so als hätte Daniela sie lange in der Hand gehabt.
    Horst Schön. Literatur vor Ort. Katzengasse 11.
    Weder den Namen des Mannes noch den der Organisation hatte er jemals gehört, und die Straße kannte er auch nicht. Er ließ die Karte in der Innentasche seiner Jacke verschwinden und suchte weiter. In den restlichen Kleidungsstücken fand er jedoch nichts.
    Schließlich setzte er sich vor den Schreibtisch. Üblicherweise lebten Teenager in einem einzigen Raum, und das Leben von Mädchen in Danielas Alter war voller Geheimnisse, von denen die Eltern nichts wissen durften. Also mussten sie clever sein, wenn sie ihre Geheimnisse bewahren wollten. Schubladen waren kein sicherer Ort, und auch alle anderen üblichen Verstecke, die Mütter und Väter kannten, schieden aus. Meistens war deshalb der PC eine reine Schatzkiste, aber es musste auch noch etwas anderes geben. Etwas, das man abends, wenn man im Bett lag, in die Hand nehmen konnte.
    »Hilf mir ein bisschen«, sagte Alex leise, drehte sich auf dem Stuhl und sah sich um. Schließlich ließ er sich zu Boden sinken und betrachtete die Schreibtischplatte von unten.
    »Schau an.«
    Ganz hinten war eine Din-A4-Plastikhülle unter die Platte geklebt worden. Alex kroch unter den Schreibtisch und holte einige Zettel daraus hervor. Als er sich wieder aufrichtete, hörte er Schritte auf der Treppe und steckte die Zettel kurzerhand in seine Jackentasche. Dann trat er rasch vor das Regal und nahm irgendein Buch zur Hand.
    »So, hier kommt der Kaffee.«
    Er klappte das Buch zu und stellte es zurück.
    Elke Gerstein reichte ihm einen Becher. »Vorsicht, heiß!«
    »Setzen Sie sich bitte einen Moment«, bat Alex.
    Sie ließ sich auf der Bettkante nieder, Alex auf dem Schreibtischstuhl.
    »Frau Gerstein … Vertrauen Sie mir?«
    Sie sah ihn an, hielt seinem Blick stand. »Ich denke schon, ja.«
    »Und Ihr Mann?«
    »Siegfried ist … Wie soll ich es sagen, er ist sehr misstrauisch.«
    Alex nickte. »Das habe ich gemerkt. Aber ich brauche Ihre Hilfe. Ohne geht es nicht. Die wichtigsten Ansprechpartner in solchen Fällen sind die Eltern. Auch wenn Sie sich nicht sicher sind, sagen Sie mir einfach alles, was Ihnen einfällt.«
    Sie senkte den Blick und starrte ein paar schweigende Sekunden in ihre Kaffeetasse. »Seitdem sie vierzehn ist, hat Daniela sich nur noch mit ihrem Vater gestritten«, sagte sie schließlich leise. »Kaum ein Tag verging ohne Streit. In den letzten Monaten war es noch schlimmer. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Siegfried ist der Meinung, ich verwöhne Daniela zu sehr. Daniela findet, ich halte doch sowieso nur zu ihm. Ich … Ich kann es keinem recht machen.«
    »Wurde Ihr Mann handgreiflich?«
    »Nein! So etwas würde er nie tun. Aber er ist aufbrausend und kann dann sehr verletzend werden.«
    »Ihr Mann glaubt, Daniela ist abgehauen und hält sich irgendwo versteckt, oder?«
    Sie nickte. »Er wollte Sie nicht engagieren und rechnet jeden Cent hoch, den es kostet, sie zu finden.«
    »Aber Sie glauben das nicht.«
    Sie presste die Lippen zusammen, um das Zittern zu unterdrücken. »Ich würde gern … Ich könnte es verstehen, und es wäre ja auch nicht so schlimm … Nicht so schlimm wie …«
    Plötzlich hatte Alex das Bedürfnis, diese verzweifelte Frau zu berühren, ihr wenigstens eine Hand auf den Unterarm zu legen, doch er tat es nicht, weil er so etwas noch nie getan hatte. Und allein der Impuls verwirrte ihn so sehr, dass er dem Blick ihrer rotgeweinten Augen nicht mehr standhalten konnte.
    »Ich ziehe beides in Betracht«, sagte er und sah zu Boden. »Aber ich hoffe, dass Ihre Tochter wirklich nur getürmt ist. Sie würden es mir doch sagen, wenn Sie einen Hinweis in diese

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