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Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod

Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod

Titel: Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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viele kleine Kunstläden, Cafés, Bioläden, Restaurants und türkische Gemüsehändler gab. Die schmalen Stadthäuser waren dicht an dicht gebaut, zumeist zweigeschossig und alle weit über hundert Jahre alt. Mit einigen anderen, ähnlich engen Einbahnstraßen bildete die Katzengasse ein eigenständiges Viertel, das bei Alternativen und Studenten äußerst beliebt war.
    Zwei Blocks weit entfernt fand er endlich einen Parkplatz. Kalter Wind pfiff um die Häuser, als er sich auf den Weg machte. Er musste an Jördis denken, die gerade ihre Einkäufe erledigte und wahrscheinlich ganz in der Nähe unterwegs war. Alex freute sich auf den Abend mit ihr. Ein romantisches Essen bei Alberto, danach irgendwo einen Cocktail trinken, vielleicht wollte sie noch tanzen gehen, und danach … Tja, was Jördis danach wollen würde, konnte er sich vorstellen, denn davon bekam sie nie genug.
    In einer Reihe ohnehin schon ungepflegter, heruntergekommener Häuser nahm die Nummer 11 in der Katzengasse noch eine Sonderstellung ein. Der Putz des Gebäudes war alt, rissig und farblos, abgesehen von dem Grünspan, der großflächig daran herabführte. Aus den Dachrinnen wucherte stellenweise Unkraut, die Fenster waren seit Ewigkeiten nicht mehr geputzt worden, das Rahmenholz von silbriger Patina überzogen. Die ehemals wohl roten Dachpfannen schienen rußgeschwärzt zu sein, eine windschiefe Antenne, wie sie früher für den Fernsehempfang benutzt worden waren, klammerte sich ans Dach.
    Das Erdgeschoss beherbergte ein Ladenlokal. Das breite Fenster und die Eingangstür waren mit einer von innen angeklebten, milchigen Folie blind gemacht worden. Mühe gegeben hatte sich der Inhaber damit aber nicht; helle Luftblasen beulten großflächig die Folie auf wie Pilzköpfe.
    Über der Tür hing ein selbstgemaltes Schild, auf dem »Literaturcafé« stand. Rote Buchstaben auf weißem Grund. Vom Fuß des f war Farbe hinuntergelaufen, vielleicht war das aber auch beabsichtigt und sollte wie ein Federkiel aussehen. Alex fand, es kam einem Messer näher.
    Die schmale Hofeinfahrt neben dem Laden wurde durch ein Holztor versperrt, und da es keine weitere Tür gab, probierte Alex es an der Klingel für den Laden. Das Feld für den Namen war leer. Der Klingeldraht wand sich am Putz entlang bis über die Tür und verschwand in einem Spalt dazwischen.
    Während er wartete, trat er einen Schritt zurück. Im ersten Stock gab es jeweils zwei Fenster, alle verhängt mit Vorhängen in unterschiedlichen Farben. Darüber befand sich das Dachgeschoss ohne Fenster zur Straße hinaus. Die Wohnungen in diesem Viertel waren begehrt, weil sie günstig waren und zentral lagen, trotzdem sah es nicht so aus, als würde hier über dem Laden jemand wohnen. Das ganze Gebäude machte einen abweisenden Eindruck.
    Besucht überhaupt jemand dieses Literaturcafé?, fragte Alex sich.
    Als er gerade nochmal klingeln wollte, wurde die Tür geöffnet.
    Ein großer, kräftiger Mann starrte mit mürrischem Gesichtsausdruck auf Alex hinab. Er trug eine Brille mit braunem Rand, hatte dichtes, dunkles Haar, die Haut im Gesicht war blass und wirkte teigig, außerdem hatte er sich wohl seit ein paar Tagen nicht mehr rasiert. Dunkle Tränensäcke rundeten den ungepflegten Gesamteindruck ab. Er trug eine speckig aussehende Jeans und einen braunen Rollkragenpullover.
    Alles in allem passte dieser Mann hervorragend in dieses Haus, fand Alex.
    »Sind Sie Horst Schön?«
    »Ja?«
    Er hatte eine dunkle Stimme.
    Alex stellte sich vor und nannte seinen Beruf. »Ich bin wegen Daniela Gerstein hier.«
    »Und?«
    »Können wir uns eventuell ein paar Minuten drinnen unterhalten?«
    »Ist es wichtig? Ich habe zu tun.«
    »Für Daniela könnte es nicht wichtiger sein.«
    Wenn dieser Satz so jemanden wie ihn auch nicht überzeugen würde, dann vielleicht der Tonfall, in dem Alex ihn aussprach. Diese dunkle, bedrohliche Kopfstimme benutzte er immer, wenn er jemanden einschüchtern wollte. In der Regel funktionierte das auch, Horst Schön jedoch wirkte überhaupt nicht eingeschüchtert, auch wenn er jetzt nickte.
    Er drehte sich einfach um und verschwand, sodass Alex ihm in den dunklen Eingangsbereich folgen musste.
    Eine weitere Tür führte in das eigentliche Literaturcafé. Dabei handelte es sich um einen ungefähr dreißig Quadratmeter großen Raum, schummrig beleuchtet von dem wenigen Licht, das durch die milchige Glasfront hereinfiel. Mit wenigen Blicken registrierte Alex das Wichtigste.
    Vor der

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