Bleicher Tod - Winkelmann, A: Bleicher Tod
Kollegin hat es Ihnen doch schon erklärt. Händigen Sie uns bitte Ihre Schlüssel aus.«
»Das ist mein Haus! Sie können mir nicht verbieten …«
»Doch, können wir. In Absprache mit Ihrer Frau gestatten wir Ihnen, ein paar Kleidungsstücke und persönliche Gegenstände aus dem Haus zu holen. Wir werden Sie dabei begleiten.«
»Nicola!«, brüllte er. »Bist du da drin? Komm hierher und erklär mir das, sofort!«
Er machte einen Schritt nach vorn. Tanja Schildknecht stoppte ihn mit der flachen Hand. Von hinten legte Hartmut Siek ihm eine Hand auf die Schulter.
»Machen Sie es nicht noch schlimmer. Wir werden Sie vorläufig festnehmen, wenn Sie unseren Anweisungen nicht Folge leisten.«
Zitternd vor Wut blickte der große, kräftige Mann von Hartmut Siek zu Tanja Schildknecht und wieder zurück. »Ich nehme mir einen Anwalt«, sagte er.
»Das ist Ihr gutes Recht, aber vorläufig müssen Sie dieses Haus verlassen. Haben Sie sich soweit beruhigt, dass wir mit Ihnen hineingehen können?«, fragte Hartmut Siek.
Der Mann nickte. Sein breiter Brustkorb hob und senkte sich.
»Gut. Wir gehen direkt die Treppe hinauf. Dort dürfen Sie Schlaf- und Badezimmer betreten. Nur diese beiden Räume, haben Sie mich verstanden?«
Wieder nur ein Nicken.
Tanja konnte sehen, wie es im Kopf des Mannes arbeitete. Er suchte verzweifelt nach einer Lösung, einem Weg, wie er in dieser Situation sein Gesicht wahren konnte. Aber immerhin hatte er erkannt, dass er sich zunächst fügen musste.
Mit steifen Schritten und angespannter Körperhaltung ging er die Treppe ins Obergeschoss hinauf. Dabei flog sein Blick zur Küchentür hinüber, als wüsste er, dass seine Frau da drin war und vor Angst fast starb.
Hartmut Siek und Tanja Schildknecht blieben vor der Schlafzimmertür stehen, während Nicolas Mann einen Koffer mit Kleidungsstücken packte. Danach begleiteten sie ihn ins Bad. Tanja beobachtete ihn genau und sah, wie sehr seine Finger zitterten, als er verschiedene Gegenstände vom Glasregal neben dem Waschbecken nahm.
Als er fertig war, begleiteten sie ihn zurück ins Erdgeschoss. Tanja postierte sich unten neben der Treppe, sodass der Weg durch den Flur versperrt war.
»Die Schlüssel bitte«, sagte sie.
Mit seinem Koffer in der Hand blieb er stehen und starrte sie an. Sein Blick troff vor Verachtung, und sein rechtes Augenlid zuckte unablässig. »Sie fühlen sich stark in Ihrer Uniform, was? Sie denken, Sie haben gewonnen. Aber Sie täuschen sich. Am Ende gewinne ich, lassen Sie sich das gesagt sein!«
»Wie Sie meinen. Aber ich benötige trotzdem Ihre Schlüssel.«
Tanja hielt seinem Blick stand, obwohl es ihr nicht leicht fiel. Die Augen dieses Mannes waren mehr als nur beunruhigend. Sie waren furchteinflößend.
Er ließ den Koffer fallen, holte sein Schlüsselbund hervor, löste den Haustürschlüssel vom Karabiner und gab ihn ihr.
»Den für die Zwischentür zur Garage bitte auch.«
Ein Schatten huschte durch seine Augen, ganz kurz nur, aber Tanja hatte ihn gesehen. Dann senkte er seinen Blick, löste auch den zweiten Schlüssel und übergab ihn. »War’s das?«
»Ich danke Ihnen«, sagte Tanja.
Er nahm den Koffer auf, ging zur Haustür, drehte sich auf der Schwelle aber noch einmal um.
»Gute Nacht, Nicola«, rief er laut, und seine Worte hallten noch durch die Eingangshalle, als er sich längst abgewandt hatte.
»Wann musst du wieder nach München zurück?«, fragte Alex.
Sie waren bereits beim gemeinsamen Dessert angekommen, einem Schälchen Tiramisu, und Jördis hatte das Thema bisher geschickt umschifft.
Ohne ihn anzusehen, sagte sie: »Wer sagt, dass ich da wieder hinmuss?«
Dann schob sie sich einen Löffel Tiramisu zwischen die Lippen und sah auf. Ihre Augen blitzten. Er hatte einen wunden Punkt getroffen, und die Königin der Schwerter machte sich bereit zum Gegenangriff.
»Niemand«, sagte Alex.
Jördis zog den Löffel betont langsam zwischen ihren Lippen hervor und zeigte damit auf ihn.
»Störe ich dich etwa?«
»Ganz im Gegenteil. Wenn du da bist, arbeite ich viel kreativer.«
Ihre Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Sie versuchte zu ergründen, ob er sie auf den Arm nahm. »Wenn du mich jemals verarschst …«, begann sie, und ließ das Ende des Satzes offen.
Alex nahm ihre linke Hand und begann, sie zwischen den Fingerknöcheln zu streicheln. Dabei sah er ihr direkt in die Augen. »Ich meine es ehrlich, Jördis. Du kannst bleiben, solange du willst. Und wenn du nicht über
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