Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bleiernes Schweigen

Bleiernes Schweigen

Titel: Bleiernes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Fogli
Vom Netzwerk:
du, weshalb ich hier bin. Francesco Cèrcasi.«
    Grossi zieht die Schultern hoch.
    »Wer denn sonst … Ich habe eure Artikel gelesen und muss gestehen, dass ich ein bisschen nervös geworden bin. Und das ging, glaube ich, nicht nur mir so.«
    »Über deinen Ministerpräsidentenfreund haben wir nichts gesagt.«
    »Ihr habt eine ganze Menge gesagt, Adriano. Eine ganze Menge. Ich war bei diesem Wahlkampf dabei, und ich hab ganz schön Schiss gekriegt. Er hat mich angerufen, weißt du das?«
    Adriano versucht sich seine Überraschung nicht anmerken zu lassen.
    »Erzähl keinen Scheiß, Cesare …«
    »Ich schwör’s dir. An dem Tag, als der Artikel erschienen ist. Er dachte, ich wäre derjenige, der gesungen hat. So ein Arschloch …«
    »Hat er dir gedroht?«
    Grossi lächelt.
    »Was glaubst du?«
    Adriano sieht ihn an. Denkt nach. Zuckt mit den Achseln.
    »Das nächste Mal schreiben wir über dich.«
    »Ich habe einen Scheißdreck damit zu tun, und das weißt du. Sobald ich ein bisschen Wind davon bekommen habe, bin ich abgehauen. Und Francesco hätte das Gleiche tun sollen.«
    »Hat er aber nicht.«
    Grossi reißt sich eine Augenbraue aus. Geschickt und präzise. Er studiert sie wie einen seltenen Organismus.
    »Ich habe begriffen, wie’s läuft. Sag mir, was du wissen willst.«
    Adriano überlegt kurz und entscheidet sich für den direkten Weg.
    »Die Perseo.«
    Grossi lässt sich grunzend in den Sessel fallen und schlägtdie rechte Faust in die linke Hand. Ein Dutzend Mal, wie ein Metronom. Dann hört er plötzlich auf, sieht meinen Vater schief an und antwortet mit drei Buchstaben. Karten auf den Tisch, voller Einsatz.
    »Los.«
    Mein Vater lässt ihm keine Zeit, es sich anders zu überlegen.
    »Wie hat er die Schulden beglichen?«
    »Scheiße, das weiß doch jeder!«
    »Ich rede nicht von der offiziellen Version, Cesare. Ich will wissen, was hinter den Kulissen passiert ist.«
    Grossi faltet die Hände. Sein Blick wandert vom Bücherregal zu meinem Vater. Nur die Augäpfel bewegen sich.
    »Als die Perseo zu uns kam, war ich Francesco Cèrcasis Sprecher. Offiziell war das meine einzige Funktion. Ich wollte nicht gewählt werden, das hatte ich ganz klar gesagt.«
    »Ich habe mich immer gefragt, warum.«
    »Klare Verhältnisse, nehme ich an. Der Wunsch, niemanden zu haben, der über mich bestimmt. Schwachsinn, ich weiß. Vielleicht habe ich auch, ohne es zu wissen, in die Zukunft gesehen. Jedenfalls meldet sich die Perseo fast sofort. Sie rufen mich an. Wenn man zu Cèrcasi wollte, musste man erst zu mir, egal, worum es ging. Manchmal klappte das sogar mit den Ministern.«
    Er verstummt, um sicherzugehen, dass alles klar ist, und redet weiter.
    »Sie bitten um ein Treffen. Mach dir keine Hoffnungen, Rossini selbst ruft nicht an. Das erledigt alles sein Geschäftsführer. Sie sagen, sie wollen den Gläubigerbanken ein Angebot machen und zuerst mit uns darüber reden. Das Unternehmen befand sich in einer desolaten Lage. Es hieß, die Bücher müssten Knall auf Fall vor Gericht gebracht werden. Doch erst, als sie zu uns gekommen sind, haben wir begriffen, wie tief sie in den roten Zahlen steckten. Fünftausend Milliarden. Lire natürlich.«
    »Ein ganz schönes Loch.«
    »Ein riesiges Loch, Adriano. Ein Krater, ein Abgrund.«
    »Und was sagt Cèrcasi?«
    »Cèrcasi sagt nichts. Er hört zu. Er lässt dich reden, folgt deiner Argumentation und stellt am Ende wohlüberlegte Fragen. Oft und gern bügelt er einen damit einfach nieder.«
    Cèrcasi. Grossi nennt den Ministerpräsidenten mal beim Vor-, mal beim Nachnamen, immer in demselben ätzenden Tonfall. Es ist schwer zu glauben, dass sie vor nicht allzu langer Zeit dicke Freunde waren.
    »An dem Tag«, fährt er fort, »hat er nichts entschieden. Er hat sich den Plan der Perseo angehört, sich eine Aufstellung sämtlicher Zahlen geben lassen, ist aufgestanden und gegangen. Keine Fragen – und die hätte es durchaus gegeben –, keine Anmerkungen. Ein rein informatives Treffen, mehr nicht.«
    »Und dann?«
    »Es wurde nie darüber geredet, und die Banken haben den Plan gebilligt. Der Grund ihres Kommens lag auf der Hand. Die Mehrheit der Gläubigerbanken waren in staatlichem Besitz. Die Privatisierung hatte noch nicht stattgefunden, die Führungspositionen wurden durch das Ministerium besetzt. Und die Perseo schuldete diesen Banken einen Haufen Geld. Der uns vorgestellte Plan sah vor, die Schulden in Aktien zu verwandeln. Die Perseo stieg wieder aus der Asche, die

Weitere Kostenlose Bücher