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Bleiernes Schweigen

Bleiernes Schweigen

Titel: Bleiernes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ferruccio Pinotti , Patrick Fogli
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schließen können, wenn er am Leben geblieben wäre, Dottore.«
    »War Provenzano auch einverstanden?«
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen. Aber wenn Sie mich fragen, ja.«
    Daniele schreibt. Er redet, ohne von seinem Notizbuch aufzusehen. Er muss vorankommen, weitermachen ohne nachzudenken. Vitale reden lassen, bis er keine Stimme mehr hat.
    Mit der Stimme des Mafioso das Grauen übertönen, das er hört. Und seine Angst.
    »Sie haben vorhin gesagt, Riina sei Scheiße eingeflüstert worden. Und dass sowohl er als auch Provenzano Kontakte hatten. Wissen, Sie, welche?«
    Vitale schnaubt.
    »Sie stellen vielleicht schwierige Fragen, Dottore.«
    »Ich versuche nur, durchzublicken.«
    Vitale grinst.
    »Tun Sie doch nicht so, das haben Sie schon längst … Aber ich will Ihnen antworten. Ich weiß nicht, mit wem Riina in Verbindung stand, es hieß, es sei einer aus dem Norden, und da war ja auch das Geld der Cosa Nostra. Aber ich weiß, dass nicht alle mit dem Beschluss, Borsellino umzubringen, einverstanden waren. Es war Riina, der meinte, es gebe Garantien. Mit den Leuten, die er in der Hand habe, hätte man auch in Zukunft ausgesorgt. Die müsse man sich warmhalten. Und außerdem könne es auch ein – sagen wir – Schubs in Richtung Verhandlung sein.«
    Daniele muss an die verbrannten Autos in der Via d’Amelio denken, an den erfundenen Geständigen Curatolo, an die Telefonate unmittelbar nach der Explosion, an Adrianos Schilderungen von dem Mietshaus und dem Castello.
    An Talete.
    »Es gab Garantien«, murmelt er. Und Vitale nickt.
    »Sie verstehen richtig, Dottore.«
    »Aber es läuft nicht alles nach Plan.«
    »Wirklich? Sie haben mich gefragt, ob es ein gutes Geschäft war oder ob wir die Zukunft in den Safe gepackt haben.«
    »Sie haben mir nicht geantwortet.«
    »Nein.« Er fährt sich mit der Zunge über die Lippen. »Auch die Antwort kennen Sie bereits. Wir reagieren immer aus dem Bauch heraus. Es gibt keine Pläne für übermorgen, wir denken ans Morgen, oft nur ans Heute. Aber das war eine riesige Sache.«
    »Sie wollen mir sagen, dass das Attentat in der Via d’Amelio der erste Schritt war, um Riina loszuwerden? Das war der Zweck?«
    Vitale schüttelt den Kopf, ein leises Lächeln umspielt seine allzu blauen Augen.
    »Dass ich nicht lache, Dottore! Da steckte viel mehr dahinter. Wenn Borsellino am Leben blieb, konnte all das auffliegen, was mit Falcones Tod nicht aufgeflogen war. Borsellino drohte Falcones Platz einzunehmen, die Verhandlung drohte zu platzen. Man war drauf und dran, alles zu verlieren. Wenn Sie mich fragen, ob die Bombe geholfen hat, klar hat sie geholfen. Riinas Strategie, die Attentate, der Frontalangriff, alles Quatsch. Und je mehr der Cosa Nostra aufging, dass es Quatsch war, um so einfacher war es, davon abzulassen und etwas Neues aufzubauen.«
    Daniele sagt nichts. Er sieht den Cosa-Nostra-Mann an. Sieht ihm direkt in die Augen.
    »Wissen Sie, was ich glaube, Vitale? Dass Riinas und Provenzanos Kontaktleute womöglich dieselben waren. Dass anfangs ein gemeinsames Interesse bestand, was sich dann geändert hat. Eine der beiden Vorgehensweisen war überzeugender. Oder noch besser. Provenzanos Strategie schloss Riinas mit ein, auch wenn Riina das nicht durchschaut hatte. Und vielleicht waren es dieselben Personen, die Riina und Provenzano unterschiedliche Dinge sagten, weil das opportun erschien.«
    »Das haben Sie gesagt, Dottore, nicht ich.«
    »Und so hat Provenzano irgendwann beschlossen, ihn ans Messer zu liefern.«
    »Das dürfen Sie nicht sagen, noch nicht mal denken dürfen Sie das, verstanden? Ich gehöre zu Bernardo Provenzano, seit ich meinen Namen kenne. Und wenn Sie so was sagen, hört sich das an, als sei er ein Verräter. Ein Pentito.«
    Er hat es nicht bestritten, denkt Daniele. Ich habe ihm gerade gesagt, die Verhaftung des obersten Mafiabosses sei das Resultat einer heimlichen Abmachung, das Ergebnis eines Mafiakrieges, ein Staatsstreich innerhalb der Cosa Nostra. Und er hat nicht widersprochen.
    »Provenzano hat Riina verraten. Er hat es zugelassen, dass Don Antonio den Carabinieri verrät, wo er sich aufhält. Und die Carabinieri haben ihn geschnappt. War das die Abmachung?«
    Vitale antwortet nicht.
    Daniele kommen ein paar Sätze der Aufnahmen in den Sinn, die Papiere, die übergeben werden sollten. Die Unterlagen, die dem Staat die Auslieferung der gesuchten Nummer eins garantierten. Und Riinas Schlupfwinkel, der nach der Festnahme weder durchsucht noch bewacht

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