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Bleischwer

Bleischwer

Titel: Bleischwer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Wünsche
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geil auf den Überfall. All seinen Kumpels von
damals war das Ding zu heiß. Also hat er irgendwann mich gefragt. Und ich war
zu blöd, um nein zu sagen.« Er schluckte und fuhr leiser fort: »Ich denke, dass
die Bullen deshalb dermaßen durchgedreht sind, als sie den Tatort umstellt
haben. Es ging um wesentlich mehr als nur um Kohle. Es ging auch um Politik.
Manchmal glaube ich sogar, dass Stefan bloß aus einem Grund die Höchststrafe
kassiert hat: Um den Rachedurst dieses Scheißemirs zu befriedigen.«
    Jule
nickte langsam. »Klingt gar nicht so abwegig.«
    Sie
wandte sich erneut dem Aktenwust zu. Bald überflog sie eine Mitschrift der
polizeilichen Vernehmung Stefan Winters in der U-Haft.
     
    › Kripo: Herr Winter, es wäre
von größtem Vorteil für Sie, wenn Sie uns den Namen ihres Komplizen verraten
würden. Wir könnten z. B. ein milderes Urteil für Sie erwirken.
    Winter:
Fick dich ins Knie. Ich bin kein Verräter.
    Kripo:
Ihre Fäkalsprache wird Ihnen hier nicht weiterhelfen.
    Winter:
Aber die Aussicht auf 300.000 in Scheinen und eine Million in Klunkern versüßen
mir die Haftzeit, du Arschloch. Das hilft mir weiter.
    Kripo:
Machen Sie sich doch nichts vor. Ihr Kumpan ist mit der Beute längst über alle
Berge. Der macht sich in Brasilien oder sonst wo ein schönes Leben.
    Winter:
Schwachsinn. Auf meine Freunde kann ich mich verlassen. Es sind ja nicht alle
so verlogen und scheinheilig wie ihr Bullenschweine. ‹
     
    In der Manier ging es
seitenweise weiter. Jule bekam einen plastischen Eindruck von dem Mann, der
einmal Michaels Freund gewesen war. Er hatte sich in einen Kokon aus Zorn und
Hass eingesponnen und schlug wahllos um sich. Seine Loyalität zu Micha war
allerdings grenzenlos gewesen. Und Jule hatte nicht das Gefühl, dass es Stefan
Winter dabei allein ums Geld ging. Nein, es war eine Frage der Ehre, den Freund
zu schützen. Sie blätterte weiter. Diesmal hatte sie Prozessprotokolle vor
sich.
     
    ›Staatsanwalt:
Angeklagter. Schildern Sie bitte, wie es zu dem tödlichen Schuss auf den
Polizeibeamten Kurt Wächter kam.
    Winter:
Keine Ahnung.
    Staatsanwalt:
Wie bitte? Dürfte ich Sie bitten, etwas lauter zu sprechen?
    Winter:
Keine Ahnung.
    Staatsanwalt:
Sie behaupten, nicht zu wissen, wie es zu dem tödlichen Schuss kam?
    Winter:
Ja, ich kann mir nicht erinnern. Ist mir auch scheißegal.
    Staatsanwalt:
Sie haben die Aussagen der Kollegen des Ermordeten gehört. Alle beschreiben
übereinstimmend, wie Sie den Mann mit voller Absicht erschossen haben. Es fiel
sogar der Begriff Exekution, wie Sie vielleicht noch wissen.
    Verteidiger:
Einspruch, Herr Richter.
    Winter:
Dann wird es wohl so gewesen sein.
    Staatsanwalt:
Sie können sich also mit der Beschreibung als eiskalter Mörder identifizieren?
    Verteidiger:
Einspruch!
    Winter:
Das habe ich nicht gesagt. Ich bin kein Mörder. Ich weiß einfach nicht mehr,
was passiert ist, verdammte Scheiße.
    Richter:
Einspruch stattgegeben.‹
     
    Jule hörte auf zu lesen. Es
nahm sie zu sehr mit, vor allem, weil sie daran denken musste, wie es wirklich
gewesen war. Der Polizeibeamte Wächter hatte zuerst geschossen, nicht der
Bankräuber. Kollektive Falschaussage, kollektive Falschaussage, brummte es wie
eine dicke Hummel hinter ihrer Stirn.
    »Und,
glaubst du mir jetzt, dass dein Mann bei der Jagd nach der Beute von 87
mitmacht?«, drang Michael Faßbinders Stimme plötzlich sehr zart in ihr
Bewusstsein.
    »Ja,
natürlich. Sonst würde er doch dieses Zeug nicht hier im Büro horten. Außerdem
sind ein paar neue Unterlagen dabei. Presseberichte über den Mord an Sonja und
Stefan. Und hier … «, sie tippte fahrig auf einige Blätter, »diese Artikel über die
Hintergründe von Stefans Flucht und die Fahndung. So was Ähnliches hab ich auch
bei uns zu Hause gefunden. Das kann kein Zufall sein.«
    »Nein,
glaube ich genauso wenig. Aber hör zu, Jule. Wir brauchen einen Plan. Es bringt
nichts, hier rumzusitzen und Akten zu wälzen.« Micha sah sie bezwingend an.
»Fest steht, dass die gesamte Beute aus dem Versteck verschwunden ist, dass
jemand erst Sonja und dann Stefan beseitigt hat und dass mehrere
Rechtsverdreher es sich zum Hobby gemacht haben, die Knete und die Diamanten
aufzuspüren. Jetzt ist die Frage: Haben die drei sich das Zeug längst unter den
Nagel gerissen und die Morde gehen auf ihr Konto oder jemand anderes hat das
Zeug, und das saubere Anwaltstrio jagt dem Typen hinterher?«
    »Wenn
Letzteres zutrifft, vermuten Leo, Peter und Jörg mit

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