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Bleischwer

Bleischwer

Titel: Bleischwer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Wünsche
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Theisen es nicht. Er stieß und schubste weiter, und Micha begriff,
dass er einen Abhang hinunter gewälzt wurde. Steine und kleine Äste stachen ihn
empfindlich in Bauch und Rücken. Trotz der groben Behandlung und der wieder
aufflammenden Übelkeit hielt er an seiner Theatervorstellung fest. Er ließ den
Körper locker und die Augen geschlossen. Bis Theisen in seine Haare griff und
ihn daran hochriss. Der Schmerz in seinem lädierten Schädel war
unbeschreiblich. Sekunden später tauchte sein Hinterkopf ins Wasser. Fließendes
Wasser. Theisens Finger krallten sich weiterhin in sein Haar und tunkten ihn
nochmals unter, tiefer jetzt. Micha schluckte Wasser, wurde wieder nach oben
gezerrt und schnappte nach Luft. Er hustete und riss die Augen auf, bevor
Theisen ihn ein drittes Mal unter Wasser drückte. Dann zog sein Peiniger ihn
auf den matschigen Uferstreifen zurück, um ihm dort ein paar heftige Ohrfeigen zu
versetzen.
    »Faßbinder!
Aufwachen!«, herrschte er.
    Micha
atmete stoßweise und riss die Augen auf. Der Kopfschmerz war unerträglich;
Brechreiz überkam ihn. Schnell drehte er das Gesicht zur Seite und übergab sich
schwallartig. Theisen betrachtete ihn ungerührt.
    »Na,
geht’s wieder?«, fragte er sanft. Seine Stimme troff vor Ironie.
    Micha
konnte nur nicken.
    »Okay,
dann hör mir gut zu, du Penner.«
    Micha
spürte, dass die Wut des Anderen neu entfacht worden war. Er schwieg lieber.
    »Es
gibt zwei Möglichkeiten für dich, dein armseliges Leben weiter zu führen«,
dozierte Theisen drohend. »Eins davon ist im Knast. Ich brauche bloß einen
kleinen Anruf mit meinem Handy hier zu machen, und du siehst das Tageslicht nur
noch durch ein Gittermuster. Oder aber … « Er
hielt kurz inne und taxierte Michael mit abschätzendem Blick. »Du verschwindest
auf Nimmerwiedersehen aus dieser Gegend. Verkriech dich meinetwegen irgendwo im
Ausland, aber bleib weg von Jule! Also, du hast die Wahl.« Er lächelte maliziös
und fuhr fort. »Solltest du dich für die zweite Möglichkeit entscheiden, gebe
ich dir sogar etwas Bargeld mit. Deinen persönlichen Kram, der noch bei meiner
Schwiegermutter ist, wirst du allerdings nicht wiedersehen. Das Zeug entsorge
ich im nächsten Müllcontainer. Du brauchst also nicht auf die Idee zu kommen,
es holen zu wollen. Na, was ziehst du vor: Knast oder Freiheit?« Er legte den
Kopf schief und wartete ab.
    »Freiheit«,
flüsterte Micha. »Was sonst?«
    »Brav.«
Jörg Theisen nickte zufrieden, kniff dann aber misstrauisch die Augen zusammen.
»Du wirst Jule nicht kontaktieren?«
    »Nein.«
Micha musste schlucken. »Ich verspreche es.«
    »Gut.
Ansonsten bist du geliefert.«
    Jetzt
lächelte Theisen süffisant. Er nahm sein Portemonnaie aus der Hosentasche, zog
ein paar Geldscheine hervor und ließ sie auf Michas Brust rieseln.
    »Von
dem Strick kannst du dich ja wohl selbst befreien, oder? Das sollte selbst ein
minderbemittelter Kleinganove wie du während seiner kriminellen Karriere
gelernt haben.«
    Sprach’s,
drehte sich um und stapfte die Böschung hoch. Bald hörte Micha das Starten des
Motors, kurz darauf sah er das Aufblitzen der Scheinwerfer im Geäst der Bäume.
Was blieb, waren die Stille und das Rauschen und Plätschern des Flüsschens.
     
    Jule hatte Michaels Worten bis
hierher ungläubig gelauscht. Fragezeichen über Fragezeichen türmte sich in
ihrem Hirn auf.
    »Und?
Was hast du dann gemacht?«, fragte sie atemlos.
    »Erst
mal ne Runde gepennt«, bekannte Micha freimütig. »Mir war immer noch
sauschlecht und ich hatte schlimme Kopfschmerzen. Im Morgengrauen bin ich
wieder zu mir gekommen. Ich war total durchgefroren und nass bis auf die
Knochen. Ich hab versucht, mich aufzurichten, was kaum möglich war. Als ich es
endlich geschafft hatte, hab ich mich gegen einen Steinbrocken gesetzt und
meine Hände daran gerieben, bis die Schnur durch war. Hat gar nicht lange
gedauert. Dann hab ich das Schmiergeld von deinem Ehemann eingesammelt.
Fünfhundert Euro, nicht schlecht, was?« Mit schiefem Lächeln äugte er zu Jule.
»Danach hab ich mich zu Fuß aufgemacht. Erst hoch zum Waldweg und weiter bis zu
einem kleinen Dorf. ›Speck‹ hieß das.«
    »Okay,
also hat Jörg dich irgendwo an der Erft abgeladen. Speck, Wehl, Neukirchen, so
heißen die Orte da in der Ecke. Man fährt dazu über Reuschenberg und Weckhoven
raus aus Neuss.«
    »Möglich.«
Micha zuckte mit den Achseln. »Auf jeden Fall hab ich in Speck ein Auto
geklaut.« Er grinste müde. »War totaler

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