Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)
Straßenbegrenzung konnte ich nicht recht erkennen, aber auf jeden Fall führte eine absolut gerade Straße auf den Eingang zu. Ich schüttelte den Kopf.
„Der nächste !“
Das Prozedere wiederholte sich: Adrian tippte, reichte mir den Apparat zurück. „Holland Tunnel. ... Noah, wonach suchst du?“
Ich ging nicht auf seine Frage ein. „Das ist die Zufahrt in New Jersey. Ich brauche die in Manhattan.“
„Ich weiß ja nicht einmal, ob es da mehrere gibt“, erwiderte Adrian, suchte eine Weile und schüttelte dann den Kopf. „Auf die Schnelle ...“
„Dann der Nächste!“, rief ich ungeduldig, riss mir das Jackett vom Leib, löste den Knoten der Krawatte und raufte mir die Haare. Diese Hilflosigkeit machte mich verrückt. Wenigstens stellte Adrian keine dummen Fragen, sondern suchte einfach konzentriert weiter.
„Lincoln Tunnel, Manhattan“, sagte er nach wenigen Sekunden . „Aber hier steht Ostportal der Nordröhre. Das klingt nach einigen unterirdischen Verästelungen, wenn du mich fragst. Mit Sicherheit gibt es da noch andere Zufahrten.“
Ich betrachtete das Bild nur kurz. „Diese ist es jedenfalls nicht. Weiter!“
„Ähm, warte, von diesem gibt es kein Bild. Ich google es. ... Ja, hier: Midtown Tunnel.“
Ich hielt den Atem an und besah mi r das Bild, das den Untertitel Queens Midtown Tunnel, NYC Portal trug.
„Das ist er. Da sind sie durchgefahren“, flüsterte ich gebannt. Jeder Zweifel war ausgeschlossen. Das waren die breiten Mauersteine, die ich durch Emilys Augen gesehen hatte. Die Biegung der Straße passte, das gelbe Licht am Tunneleingang.
„Und das weißt du, weil ...?“, fragte Adrian.
Ich schüttelte den Kopf. „ Spielt keine Rolle. Wir müssen da hin. Schnell!“
„Noah, woher ...?“
Wieder legte Adrian seine Hand auf meine. Seine Miene versteifte sich, er schüttelte kaum wahrnehmbar den Kopf. Und in dieser Sekunde fiel mir erneut auf, was ich zum ersten Mal vor einigen Wochen bemerkt hatte. An jenem Abend, nachdem wir gemeinsam mein Zimmer gestrichen hatten. Adrian hatte mir seine Hand gereicht und mich – mit unserem ersten Hautkontakt überhaupt – auch damals schon zum Grübeln gebracht. Allerdings hatte ich es als Zufall abgetan und mit der Zeit vergessen. Nun jedoch wurde mir schlagartig bewusst, dass es sich nicht um Zufall handelte. Denn Adrian dachte, ... natürlich dachte er. Jeder Mensch dachte ständig, tausend Dinge parallel.
Manchmal waren Emilys Gedanken so verworren, dass mir beinahe schwindlig wurde, ehe es mir gelang, sie auseinanderzuklamüsern und mir die Wichtigsten herauszupicken.
Adrian sah man in diesem Moment förmlich an, dass er über etwas brütete – vermutlich über mein em plötzlichen hellseherischen Talent. Aber ich hörte ... NICHTS.
Es blieb absolut still, als er mich berührte. Irgendetwas stimmte mit unserer Verbindung nicht.
„Sie haben Jane gefunden“, ließ uns Jason in diesem Moment wissen. Er hielt sein Handy empor und rief so laut, dass es augenblicklich mucksmäuschenstill wurde. „Dad hat angerufen. ... Sie lag gefesselt und geknebelt in der Badewanne ihres Hotelzimmers. Irgendjemand hat sie betäubt, aber ...“ Er konnte kaum weitersprechen, so dick war der Kloß in seinem Hals. „... sie ist nicht verletzt.“
„ Jane war auch nur der Lockvogel“, brummte ich finster. So leise, dass nur Adrian mich hörte.
„Si e sind also mindestens zu zweit“, schlussfolgerte er. „Der Sicherheitsmann und ein Komplize, der sich wahrscheinlich unter dem Hotelpersonal befand.“
Ich zuckte mit den Schultern. Es gab tausend Möglichkeiten. Sie konnten zu zweit, dritt, viert oder zehnt sein. Fest stand nur, dass das Ding von langer Hand geplant war. Sie wollten Emily, hatten vermutlich jeden ihrer Schritte in den vergangenen Tagen überwacht – und ich Idiot hatte nichts davon bemerkt.
Wenige Sekunden später hielt Davids Limousine zwischen den Polizeiwagen vor dem Kino. Sam stieg aus, kam aber nicht dazu, Emilys Dad die Tür zu öffnen. Der sprang schon aus dem Wagen, ehe er richtig stand, und versetzte der gläsernen Schwingtür einen Stoß, in dessen Wucht sich alle seine Gefühle zu bündeln schienen. Der Anblick der Cops, die gerade mit der Räumung des Kinosaals beginnen wollten, ließ ihn vermutlich seinen letzten Funken Hoffnung begraben.
Jason stürzte ihm entgegen. „Sie haben Em my, Dad!“, rief er und klang dabei wie ein kleiner Junge, dem man sein Lieblingsspielzeug entrissen hatte.
David
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