Blessed - Für dich will ich leben (German Edition)
zu ihm zu gesellen, er wirkte so entspannt und zufrieden, dass ich es nicht übers Herz brachte ihn zu stören. Also wandte ich mich ab ... und trat zielsicher auf die vermutlich einzige knarrende Holzdiele des Korridors. Erschrocken sah ich mich um.
Sofort flog Noahs Kopf herum. Sein Blick traf auf meinen und seine Augen weiteten sich ein wenig. Die schlagartige Verspannung seines Körpers blieb mir nicht verborgen.
„Hey! Tut mir leid, ich ... wollte dich nicht stören. Ich habe den Fernseher gehört und wollte nur nachsehen, ob ...“
„Dein Fuß“, unterbrach er mich, als er den Verband an meinem Knöchel entdeckte.
„Ich ... ähm ... habe ihn mir verstaucht. Bevor ich in eu ren Pool gefallen bin und mich als Idiotin des Abend geoutet habe, du erinnerst dich?“
Seine Mundwinkel zuckten. „Hm, ich war dabei, ja .“
Fasziniert beobachtete ich, wie sich der Anflug seines Lächelns zu einem zaghaften Grinsen dehnte. „Aber mach dir keine Gedanken. Holly Curtis lässt sich im hinteren Teil des Gartens gerade heimlich von Roger abfüllen. Sie wird im Laufe des Abends noch für weitaus peinlicheren Gesprächsstoff sorgen, glaub mir.“
Als Noahs strahlend weiße Zähne zum ersten Mal zum Vorschein kamen, rieselte ein warmer Schauder durch meinen Körper und ließ mich meine Frage, woher er das wusste, glatt vergessen.
Mit einem Mal schien sich der halbdunkle Raum zu erhellen. Unwillkürlich musste ich an Manchester denken. An die spärlich gesäten Tage, an denen die Sonne den Kampf gegen den tagelangen Regen gewann und die dicke Wolkendecke durchbrach. Genauso befreiend wirkte Noahs Lachen.
Ich strahlte ihn an, glücklich und verzückt, bis ich bemerkte, dass ich nach wie vor unaufgefordert im Türrahmen stand.
„Ich wollte dich nicht stören. Wirklich nicht, Noah. Also, schönen Abend noch”, sagte ich hastig und winkte ihm kurz zu. Er blinzelte einige Male schnell hintereinander und erhob sich dann in einer impulsiv wirkenden Bewegung. Sofort blieb ich wie angewurzelt stehen.
Noah öffnete den Mund und schloss ihn wieder, ohne etwas gesagt zu haben. Dann senkte er den Blick und raufte sich die Haare am Hinterkopf. Es war eine rührende Geste, aus der Verzweiflung und Hilflosigkeit sprachen.
„Sag es!“, forderte ich ihn auf ... und zählte die stillen Sekunden.
Sekunden, in denen ich mich wunderte, dass es tatsächlich still war – so laut wie mir das Herz in der Brust hämmerte und das Blut in meinen Ohren dröhnte.
„Bleib!“, bat er endlich flüsternd. Nur dieses kleine Wort – und die Stille war perfekt. Mein Herz zumindest schlug in diesem Augenblick nicht mehr. „Wenn du willst, meine ich“, fügte Noah sehr leise hinzu.
„Sehr gern“, sagte ich mit viel zu hoher Stimme und humpelte langsam – ohne jede Eleganz – auf ihn zu. Zögerlich glitt ich in den Sitz neben ihm. Noah blieb noch eine Weile stehen und sah auf mich herab. Dann erst nahm auch er wieder Platz, rückte aber erneut in einen gewissen Sicherheitsabstand. Ich wollte ihm versichern, ihn nicht zu berühren, doch ich schluckte die Worte, die scho n auf meiner Zungenspitze lagen, und setzte mich stattdessen einfach auf meine Hände.
Noah reagierte augenblicklich; seine Schultern sackten leicht ein, er atmete tief durch. Erleichterung ...
„Was schaust du da?“, fragte ich beinahe flüsternd. Mir fiel auf, dass ich an diesem Abend fast ausnahmslos leise zu Noah sprach. Das lag an der Atmosphäre, die ihn umgab, und die so angespannt ... ja, beinahe zerbrechlich war, dass laute Töne gefährlich deplatziert wirkten.
„Hm?“, brummte Noah und drehte seinen Kopf in Richtung Fernseher. Eine junge blonde Frau huschte gerade voller Panik über den Bildschirm. Sie lief durch einen nächtlichen Park, während ihr ein schwer atmender Psychopath mit einem Messer folgte. Die klassische Szene.
Noah zuckte mit den Schultern. „Nicht den leisesten Schimmer!“
Die Sekunden verstrichen ungenutzt und wurden zu Minuten, bis ... „Hör mal, es tut mir leid wegen vorhin“, hörte ich mich irgendwann sagen.
„Hm?“, machte Noah erneu t.
„Im Garten, auf dem Baum. Es tut mir leid. “
„Was tut dir leid, Emily? Für was, um Himmels willen, entschuldigst du dich nur immer?“, fragte er kopfschüttelnd. Sein Ton war hart, aber seine Augen ... sein Blick war es nicht.
„Ich habe dich bedrängt. Und das wollte ich nicht“, erklärte ich.
Er sah mich an, erwiderte jedoch nichts. Minutenlang schwiegen wir wieder
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