Blick in die Ewigkeit: Die faszinierende Nahtoderfahrung eines Neurochirurgen (German Edition)
menschlichen Lebens definiert hatte; das Hören von choralartiger Musik, die einen ganz und gar durchdringt und nicht nur von den Ohren aufgenommen wird; das unmittelbare und absolut mühelose Begreifen von Konzeptionen, für deren Verständnis normalerweise sehr viel Zeit und entsprechend umfangreiche Studien nötig gewesen wären, und schließlich das Spüren der Intensität einer bedingungslosen Liebe …
Immer wieder gewann ich beim Lesen der jüngeren Berichte über Nahtoderlebnisse und der spirituellen Schriften aus früheren Zeiten den Eindruck, dass der jeweilige Erzähler mit den Beschränkungen der irdischen Sprache zu kämpfen hatte, wenn er versuchte, den Fisch, den er an Bord des Schiffs der menschlichen Sprache und Ideen gezogen hatte, in seiner Ganzheit zu erfassen … und dabei immer mehr oder weniger scheiterte.
Und doch, in jedem frustrierend fehlgeschlagenen Versuch, das jeweils angestrebte Ziel, Sprache und Ideen ganz fein auszusieben, um dem Leser diese Ungeheuerlichkeit zu vermitteln, verstand ich das Ziel der Erzähler und was sie uns Lesern von all dieser grenzenlosen Erhabenheit zu vermitteln hofften, aber einfach nicht konnten.
Ja, ja, ja!, dachte ich, während ich las. Ich verstehe .
Diese Bücher und dieses ganze Material waren natürlich auch schon vor meiner Erfahrung dagewesen, aber ich hatte nie hingeschaut. Nicht nur, dass ich nichts davon gelesen hatte, ich hatte es auch sonst nicht an mich herangelassen. Ich war ganz einfach nie offen für die Vorstellung gewesen, es könne wirklich etwas an dem Gedanken dran sein, dass etwas von uns den Tod des Körpers überlebt. Ich war der Inbegriff des freundlichen, doch skeptischen Arztes. Und als solcher kann ich Ihnen sagen, dass die meisten Skeptiker überhaupt keine Skeptiker sind. Um ein echter Skeptiker zu sein, muss man etwas tatsächlich untersuchen und es ernst nehmen. Und ich hatte mir wie die meisten Ärzte nie die Zeit genommen, Nahtoderlebnisse genauer zu untersuchen. Ich »wusste« einfach, dass sie unmöglich waren.
Ich ging auch meine Krankenakte über meine Zeit im Koma durch. In dieser Zeit war praktisch von Anfang an alles minutiös aufgezeichnet worden. Als ich meine Scans genauso überprüfte, wie ich es mit denen eines meiner Patienten getan hätte, wurde mir endlich klar, wie schwer krank ich gewesen war.
Eine bakterielle Meningitis ist insofern eine einzigartige Erkrankung, als sie zunächst nur die äußere Oberfläche des Gehirns angreift und seine tieferen Strukturen intakt lässt. Die Bakterien zerstören erst einmal den menschlichen Teil unseres Gehirns und haben später eine tödliche Wirkung, wenn sie auch die tieferen, für die quasi haushälterischen Funktionen erforderlichen Strukturen angreifen, die weit unter dem menschlichen Teil liegen und die wir mit anderen Tieren gemeinsam haben. Die anderen Leiden, die den Neokortex schädigen und Bewusstlosigkeit hervorrufen können – Schädelhirntrauma, Schlaganfall, Hirnblutungen oder Hirntumore –, sind nicht annähernd so effizient in der vollständigen Zerstörung der gesamten Oberfläche des Neokortex. Sie berühren tendenziell nur Teile des Neokortex und lassen andere unversehrt und funktionsfähig. Doch Bakterien schalten, wie gesagt, nicht nur den Neokortex aus, sondern schädigen meist auch die tieferen und primitiveren Teile des Gehirns. Angesichts all dessen ist eine bakterielle Meningitis wohl die denkbar geeignetste Krankheit, um einen menschlichen Tod vorzutäuschen, ohne ihn tatsächlich herbeizuführen. (Wenngleich eine bakterielle Meningitis das natürlich normalerweise schließlich tut. Die traurige Wahrheit ist, dass praktisch keiner von denen, die an einer so schweren Form von bakterieller Meningitis erkranken, wie ich sie hatte, zurückkehrt und seine Geschichte erzählt; siehe Anhang A.)
Obwohl diese Erfahrung so alt ist wie die Geschichte der Menschheit, existiert der allgemein geläufige Begriff »Nahtoderlebnis« (unabhängig davon, ob man ihn für etwas Reales oder eine haltlose Fantasie hält) erst seit Kurzem. In den 1960er-Jahren wurden neue Techniken entwickelt, die es Ärzten möglich machten, Patienten mit einem Herzstillstand wiederzubeleben. Patienten, die in früheren Zeiten einfach gestorben wären, wurden nun ins Land der Lebenden zurückgeholt. Ohne dass es ihnen bewusst war, brachten diese Ärzte durch ihre lebensrettenden Maßnahmen eine neue Art hervor: transirdische Reisende – Menschen, die einen kurzen Blick
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