Blick in die Ewigkeit: Die faszinierende Nahtoderfahrung eines Neurochirurgen (German Edition)
Hand auf die Stirn, und ich zuckte zurück.
»Autsch«, schrie ich. »Das tut weh!«
Und dann, nachdem ich mich über den erschrockenen Gesichtsausdruck aller amüsiert hatte, sagte ich: »War nur Spaß.«
Alle waren überrascht, wie schnell meine Genesung voranschritt – außer mir. Ich hatte bisher noch keine wirkliche Ahnung davon, wie nah ich dem Tod gewesen war. Als Familienangehörige und Freunde einer nach dem anderen in ihr alltägliches Leben zurückkehrten, wünschte ich ihnen alles Gute und verblieb in seliger Ahnungslosigkeit bezüglich der Tragödie, die gerade noch abgewendet worden war. Ich war so überschwänglich, dass einer der Neurologen, der meine Eignung für einen Reha-Platz prüfte, steif und fest behauptete, ich sei »zu euphorisch« und leide vermutlich unter einer Schädigung des Gehirns. Dieser Arzt trug, genau wie ich, regelmäßig eine Fliege, und ich rächte mich für seine Diagnose, indem ich, nachdem er gegangen war, zu meinen Schwestern sagte, er sei »für einen Fliegen-Fan eigenartig emotionslos«.
Schon damals wusste ich etwas, was immer mehr Menschen um mich herum ebenfalls erkennen sollten. Welche Ansichten die Ärzte auch vertreten mochten, ich war nicht krank und hatte auch keinen Hirnschaden. Ich war vollkommen gesund.
Mir ging es in der Tat zum ersten Mal in meinem ganzen Leben wirklich »gut«, auch wenn ich zu diesem Zeitpunkt der Einzige war, der das wusste.
26
Die Nachricht verbreitet sich
»Wirklich gut« – selbst wenn mir noch einiges zu tun blieb, zumindest was die Hardware-Seite der Dinge anbelangte. Ein paar Tage nachdem ich in eine Rehaklinik übergewechselt war, rief ich Eben IV. in der Hochschule an. Er erwähnte, dass er gerade an einem Referat für einen seiner Kurse in Neurowissenschaft schrieb. Ich erklärte mich bereit, ihm zu helfen, bereute es aber gleich wieder. Es fiel mir sehr viel schwerer, mich auf das Thema zu konzentrieren, als ich erwartet hatte, und die Fachterminologie, von der ich geglaubt hatte, sie sei ganz wieder da, wollte mir plötzlich nicht mehr einfallen.
Es war ein Schock für mich zu erkennen, welchen Weg ich noch vor mir hatte. Aber Stück für Stück kam auch dieser Teil von mir zurück. Eines Morgens wachte ich auf und sah mich wieder im Besitz ganzer Kontinente des wissenschaftlichen und medizinischen Wissens, die mir am Tag zuvor noch nicht wieder zur Verfügung gestanden hatten. Das war einer der seltsamsten Aspekte meiner Erfahrung: eines Morgens die Augen zu öffnen und wieder über die praktischen Grundlagen zu verfügen, die ich mir im Laufe meines lebenslangen Lernens und durch meine Erfahrungen im Beruf erworben hatte.
Während mein neurologisches Wissen langsam und zaghaft zurückgekrochen kam, rückten meine Erinnerungen an das, was in jener Woche außerhalb meines Körpers passiert war, mit erstaunlicher Kühnheit und Klarheit in mein Blickfeld. Was außerhalb des irdischen Bereichs passiert war, hatte sehr viel mit dem wilden Glück zu tun, mit dem ich aus dem Koma aufgewacht war, und mit der Glückseligkeit, die mir auch weiterhin erhalten blieb. Ich war überglücklich, weil ich wieder bei den Menschen war, die ich liebte. Aber ich war auch glücklich, weil ich – um es so klar zu sagen, wie es mir möglich ist – zum ersten Mal verstand, wer ich wirklich war und in was für einer Welt wir leben.
Ich war wild entschlossen und naiv genug, diese Erfahrungen mit anderen zu teilen, besonders mit meinen Arztkollegen. Immerhin änderte das, was ich erlebt hatte, meine lang gehegten Überzeugungen davon, was das Gehirn und das Bewusstsein sind, und sogar, was das Leben bedeutet – und was nicht. Konnte es jemanden geben, der nicht begierig darauf war, etwas über meine Entdeckungen zu hören?
Ziemlich viele, wie sich herausstellte. Ganz besonders die Ärzte.
Machen Sie nicht den Fehler zu denken, meine Ärzte hätten sich nicht sehr für mich gefreut. »Das ist wunderbar, Eben«, sagten sie und wiederholten mehr oder weniger meine eigene Reaktion auf zahllose Patienten, die in der Vergangenheit versucht hatten, mir von den jenseitigen Erlebnissen zu erzählen, die sie während einer Operation gehabt hatten. »Sie waren sehr krank. Ihr Gehirn war regelrecht von Eiter durchtränkt. Wir können kaum glauben, dass Sie überhaupt noch hier sind und darüber sprechen. Sie wissen selbst, was das Gehirn alles erfinden kann, wenn die Krankheit so weit fortgeschritten ist.«
Kurzum, sie konnten nicht wirklich
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