Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blicke windwärts

Blicke windwärts

Titel: Blicke windwärts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
Vom Netzwerk:
zurückrollte, um den Blick auf einen Himmel mit einigen wenigen dünnen, ausgefransten Wolken sowie einer Vielzahl von Sternen und dem hellen Streifen der gegenüberliegenden Seite des Orbitals freizugeben. Auf einer kleinen Bühne am vorderen Ende des Festsaals stand Nabes Avatara – in der Gestalt eines dünnen, silberhäutigen Menschen – mit gesenktem Haupt. Kalte Luft strömte herein und umgab die versammelten Menschen und unterschiedlichen anderen Gäste. Alle mit Ausnahme des Avataras blickten zum Himmel hinauf. Kabo fragte sich, an wie vielen anderen Orten innerhalb der Stadt, auf der gesamten Platte und entlang der ganzen Seite dieser großen Welt, deren Teile wie die Glieder eines Armbands aneinandergereiht waren, sich ähnliche Szenen abspielten.
    Kabo legte den wuchtigen Kopf zurück und blickte ebenfalls nach oben. Er wusste ungefähr, wohin er schauen musste; Masaq’-Nabe hatte während der letzten fünfzig Tage vor seinem großen Durchbruch als Berühmtheit in stiller Ausdauer verharrt.
    Schweigen.
    Dann murmelten ein paar Leute etwas, und eine Anzahl winziger Glocken läuteten von Personal-Terminals, die im riesigen offenen Raum verteilt waren.
    Und am Himmel strahlte ein neuer Stern auf. Anfangs war es nur ein schwaches Flackern, dann wurde der winzige Lichtpunkt heller und immer heller, so als handele es sich um eine Lampe, an deren Dimmerknopf jemand drehte. Sterne in der Nähe verschwanden nach und nach, ihr schwaches Blinzeln wurde ertränkt vom Strom der Strahlung, die der Neue vergoss. Nach wenigen Augenblicken hatte sich der Stern gefestigt und verbreitete einen gleichmäßigen, kaum noch schwankenden graublauen Schein, der das leuchtende Band der gegenüberliegenden Masaq’-Platte beinahe verblassen ließ.
    Kabo hörte in der Nähe mehrere schwere Atemzüge und ein paar kurze Schreie. »O jemine«, hauchte eine Frau leise. Jemand schluchzte.
    »Nicht mal besonders hübsch«, murmelte Ziller so leise, dass wahrscheinlich nur Kabo und die Drohne es gehört hatten.
    Alle blieben noch für eine Weile staunend in den Anblick versunken. Dann sagte der silberhäutige Avatara im dunklen Anzug: »Danke«, mit jener hohl klingenden, nicht lauten, aber tiefen und tragenden Stimme, die Avataras anscheinend bevorzugten. Er stieg von der Bühne herab, verließ den Saal und marschierte zum Kai.
    »O, wir durften es echt erleben«, sagte Ziller. »Ich dachte, wir würden nur eine Übertragung bekommen.« Er sah zu Tersono hinüber, der sich einen schwachen Schimmer aquamarinfarbener Bescheidenheit gestattete.
    Langsam rollte die Überdachung wieder zurück an ihren Platz, wobei das Deck unter Kabos drei Beinen sanft bebte, als ob die Motoren des alten Kahns wieder zum Leben erwacht wären. Die Lichter wurden um eine Spur heller; das Licht des neu aufstrahlenden Sterns schien immer noch durch den Spalt zwischen den Hälften der sich schließenden Decke herein, und anschließend durch das Glas, nachdem die Segmente wieder zusammengetroffen waren und sich verbunden hatten. Der Raum war jetzt zwar dunkler als zuvor, doch die Leute sahen genug.
    Sie sehen wie Gespenster aus, dachte Kabo, während er den Blick über die Anwesenden schweifen ließ. Viele blickten immer noch hinauf zu dem Stern. Einige gingen hinaus, aufs offene Deck. Einige Paare und größere Gruppen waren eng aneinander gedrängt, Einzelwesen, die sich gegenseitig Mut und Trost spendeten. Ich hätte nie gedacht, dass so viele davon so tief betroffen sein würden, dachte der Homomdaner. Ich hätte mir sogar vorstellen können, dass sie darüber lachen würden. Ich kenne sie immer noch nicht so richtig. Selbst nach so langer Zeit nicht.
    »Das ist schauderhaft«, bemerkte Ziller und zog sich hoch. »Ich gehe nach Hause. Auf mich wartet Arbeit. Ich kann allerdings nicht behaupten, dass die Neuigkeiten des heutigen Abends zu meiner Inspiration oder Motivation beigetragen hätten.«
    »Ach«, sagte Tersono. »Vergeben Sie einer ungezogenen und ungeduldigen Drohne, aber dürfte ich vielleicht fragen, woran Sie in letzter Zeit arbeiten, Kst. Ziller? Sie haben schon seit einiger Zeit nichts mehr veröffentlicht, doch dem Anschein nach sind Sie sehr stark beschäftigt.«
    Ziller lächelte breit. »Genau genommen handelt es sich um ein Auftragswerk.«
    »Ach, wirklich?« Die Aura der Drohne schillerte in kurzem Staunen regenbogenfarben. »Für wen?«
    Kabo bemerkte, dass der Blick des Chelgrianers flüchtig zu der Bühne wanderte, wo der Avatara zuvor

Weitere Kostenlose Bücher