Blicke windwärts
gestanden hatte. »Alles zu seiner Zeit, Tersono«, sagte Ziller. »Aber es ist ein umfangreiches Werk, und es wird noch einige Zeit vergehen, bevor es erstmalig zur Aufführung kommt.«
»Ach. Wie geheimnisvoll!«
Ziller reckte sich, streckte ein langes, pelziges Bein nach hinten aus und straffte sich, bevor er seinen Körper entspannte. Er sah Kabo an. »Ja, und wenn ich mich nicht wieder an die Arbeit mache, gerate ich in Verzug.« Er wandte sich wieder an Tersono. »Sie halten mich hinsichtlich dieses blöden Gesandten auf dem Laufenden?«
»Sie werden alles erfahren, was uns zur Kenntnis gelangt.«
»Schön. Gute Nacht, Tersono.« Der Chelgrianer nickte Kabo zu. »Botschafter.«
Kabo verneigte sich. Die Drohne deutete eine Verbeugung an. Ziller ging mit leichten, federnden Schritten durch die sich lichtende Menge.
Kabo blickte wieder zu der Nova hinauf und dachte nach.
Achthundertunddrei Jahre altes Licht leuchtete gleichmäßig herab.
Das Licht alter Fehler, dachte er. So hatte Ziller es genannt, in dem Interview, das Kabo am Morgen gehört hatte. ›Heute Abend tanzt man im Licht alter Fehler!‹ Nur dass niemand tanzte.
Es war eine der letzten großen Schlachten des idiranischen Krieges gewesen, und eine der grausamsten, eine der gnadenlosesten, da die Idiraner alles auf eine Karte gesetzt hatten, einschließlich der Schmach selbst jener, die sie als Freunde und Verbündete betrachteten, in einer Reihe verzweifelter, von wilder Zerstörungswut geprägter, brutaler Versuche, den sich immer deutlicher abzeichnenden Ausgang des Krieges noch zu verändern. Nur (wenn man dieses Wort in einem solchen Zusammenhang benutzen durfte) sechs Sterne waren im Laufe der beinahe fünfzig Jahre, die der Krieg getobt hatte, zerstört worden. Diese einzelne Schlacht um ein galaktisches Tentakel, die weniger als hundert Tage gedauert hatte, war so verhängnisvoll wie zwei gewesen, da sie die Explosion der Sonnen Portisia und Junce mit sich gebracht hatte.
Sie war als die Zwillingsnovae-Schlacht bekannt geworden, doch eigentlich hatte das, was diesen beiden Sonnen zugefügt worden war, mehr als nur eine Supernova bei jeder von ihnen erzeugt. Beide hatten auf Planeten geschienen, auf denen es Leben gab. Welten waren gestorben, ganze Biosphären waren ausgelöscht worden, und Milliarden Vernunft- und gefühlsbegabter Wesen hatten gelitten – wenn auch nur kurz – und waren in dieser Zwillingskatastrophe zugrunde gegangen.
Die Idiraner hatten diese Gräueltaten, die tödlichen Giga-Verbrechen begangen, ihre grausamen Vernichtungswaffen waren es – nicht die der Kultur –, die zuerst auf das eine, dann auf das andere System gerichtet worden waren; dennoch konnte man darüber streiten, ob die Kultur vielleicht die Geschehnisse hätte verhindern können. Die Idiraner hatten vor Beginn der Schlacht mehrmals versucht, Friedensverhandlungen aufzunehmen, doch die Kultur hatte stur auf einer bedingungslosen Kapitulation des Feindes bestanden, also hatte der Krieg immer mehr Boden gewonnen, und die Planeten waren gestorben.
Das war lange her. Das Ende des Krieges lag beinahe achthundert Jahren zurück, und das Leben war irgendwie weitergegangen. Dennoch hatte sich das Echtraumlicht während all dieser Jahrhunderte immer weiter über die Entfernung ausgedehnt, und gemäß seines relativistischen Standards war erst jetzt die Zeit gekommen, da jene Sterne aufstrahlten, genau in dem Augenblick, da diese Milliarden starben, während das ausströmende Licht das Masaq’-System über- und durchflutete.
Das Gehirn mit dem Namen ›Nabe‹ – tatsächlich die Nabe des Masaq’-Orbitals – hatte einen ganz besonderen Grund, warum es die Zwillingsnovae-Schlacht in Erinnerung behalten wollte, und es hatte seine Bewohner um Nachsicht gebeten und erklärt, dass es während des Intervalls zwischen der ersten und der zweiten Nova auf seine persönliche Weise trauern würde, ohne jedoch die Erfüllung seiner Pflichten zu vernachlässigen. Es hatte angedeutet, dass es noch mehrere solcher aufwühlender Ereignisse geben würde, um das Ende dieser Ära anzuzeigen, doch in welcher genauen Form diese stattfinden würden, hatte es noch nicht verraten.
Kabo hatte das Gefühl, dass er jetzt Bescheid wusste. Er ertappte sich dabei, dass er unwillkürlich in die Richtung blickte, in der Ziller verschwunden war, so wie der Blick des Chelgrianers zuvor zur Bühne gewandert war, als er gefragt worden war, an welchem Werk er derzeit arbeite.
Alles zu
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