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Blicke windwärts

Blicke windwärts

Titel: Blicke windwärts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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betrachtete die trocken aussehenden dunklen Schneeflocken, die sich wirbelnd auf die Kuppel des Oberlichts warfen, mit lautloser Wut, zwischen komisch und bedrohlich. Er fragte sich, wie der Schnee auf die anderen Intelligenzen, die durch seine Augen sahen, wirken mochte.
    Er glaubte nicht daran, dass er noch mal würde einschlafen können, und so war es auch.
     
    Das gute Dutzend von Zivilisationen, die schließlich die Kultur bilden würden, hatte während ihrer unterschiedlichen Phasen der Knappheit große Vermögen dafür ausgegeben, die virtuelle Realität einerseits so greifbar real, wie andererseits so abweisend und unreal wie nur möglich zu machen. Selbst nachdem die Kultur als Wesenheit etabliert war und der Gebrauch herkömmlicher Währung eher als archaische Behinderung der Entwicklung denn als förderndes Mittel angesehen wurde, waren beträchtliche Mengen an Energie und Zeit – sowohl biologisch als auch maschinell – aufgewendet worden, um die verschiedenen Methoden zu perfektionieren, mit denen man dem menschlichen sensorischen Apparat vorgaukeln konnte, dass er etwas erlebte, das nicht wirklich geschah.
    Vor allem dank all dieser vorausgegangenen Anstrengungen waren Genauigkeit und Glaubhaftigkeit der virtuellen Umgebungen, die nach Bedarf für jeden Bürger der Kultur verfügbar waren, zu solcher Vollkommenheit gereift, dass es seit langem nötig war – auf dem äußerst befriedigenden Niveau manufakturierter Umgebungs-Manipulation –, synthetische Hinweise in das Erlebnis einzubauen, um das Subjekt daran zu erinnern, dass das, was Wirklichkeit zu sein schien, keineswegs Wirklichkeit war.
    Selbst bei geringeren Graden illusionärer Durchdringung reichte die Direktheit und Lebensechtheit des üblichen virtuellen Abenteuers aus, um fast alle Verkörperungen der menschlichen Spezies – mit Ausnahme der verbissensten und hartnäckigsten – vergessen zu lassen, dass das Erlebte nicht authentisch war. Diese weit verbreitete Haltung war der Lohn für die Zähigkeit, Intelligenz, Phantasie und Entschlossenheit jener Individuen und Organisationen, die in allen Zeitaltern zu dem Umstand beigetragen hatten, dass in der Kultur jeder zu jeder Zeit alles überall erleben konnte, und zwar umsonst, und sich nicht mit dem Gedanken zu belasten brauchte, dass tatsächlich alles nur vorgetäuscht war.
    Naturgemäß war es also so, dass fast jeder gelegentlich und einige Leute ziemlich regelmäßig eine unschätzbare Vielfalt des Sehens, Hörens, Riechens, Schmeckens, Fühlens oder allgemeinen Empfindens als absolut real erlebten, ohne dass dieser an sich verachtenswerte Virtualitätskram irgendjemanden störte.
    Der Avatar gab ein Schnauben von sich. »Sie machen es wirklich.« Er lachte mit erstaunlicher Herzlichkeit, dachte Kabo. So etwas gehörte nicht zu den Dingen, die man von einer Maschine oder auch dem Vertreter einer Maschine in Menschengestalt jemals erwarten würde.
    »Was machen sie?«, fragte er.
    »Das Geld neu erfinden«, sagte der Avatar, grinste und schüttelte den Kopf.
    Kabo runzelte die Stirn. »Ist das denn die Möglichkeit?«
    »Es ist eine Teil-Möglichkeit.« Der Avatar sah Kabo an. »Dazu gibt es eine alte Redeweise.«
    »Ja, ich weiß. ›Dafür würde man das Geld neu erfinden‹«, zitierte Kabo. »Oder so ähnlich.«
    »Genau.« der Avatar nickte. »Nun, was Karten für Zillers Konzert betrifft, läuft das praktisch auf das Gleiche hinaus. Leute laden andere Leute, die sie nicht ausstehen können, zum Essen ein, buchen Kreuzfahrten in den tiefen Raum miteinander – du liebe Güte! –, sind sogar bereit, mit ihnen eine Campingreise zu unternehmen. Camping!« Der Avatar kicherte. »Leute haben sexuelle Zugeständnisse gemacht, sie haben in Schwangerschaften eingewilligt, sie haben ihre äußere Erscheinung verändert, um den Wünschen eines Partners gerecht zu werden, sie haben sich einer Geschlechtsumwandlung unterzogen, um dem/der Geliebten zu gefallen; all das nur, um an Karten zu kommen.« Er breitete die Arme aus. »Wie wundervoll, bizarr, romantisch barbarisch von ihnen! Finden Sie nicht?«
    »Absolut«, sagte Kabo. »Aber ob ›romantisch‹ wirklich das richtige Wort ist?«
    »Tatsächlich«, fuhr der Avatar fort, ohne auf diesen Einwand einzugehen, »gibt es übereinstimmende Überlegungen, die von einem reinen Tauschhandel abgehen und stattdessen ein Zahlungsmittel vorsehen, das sich deutlich nach Geld anhört, zumindest wie ich es verstehe.«
    »Unglaublich!«
    »Ja, nicht

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