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Bliefe von dlüben: Der China-Crashkurs (German Edition)

Bliefe von dlüben: Der China-Crashkurs (German Edition)

Titel: Bliefe von dlüben: Der China-Crashkurs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Y. Schmidt
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seien von der chinesischen Regierung verboten worden, wie beispielsweise den von Steven Spielberg produzierten Film «Die Geisha». Korrekt formuliert müssten die Meldungen lauten: «Die chinesische Regierung hat diesen Film ausdrücklich empfohlen.» Kaum ist nämlich ein Verbot ausgesprochen, legen die Raubkopierer Sonderschichten ein, und die DVD-Händler stellen die Filme ganz nach vorne ins Regal. Daran gehindert werden sie nur in den seltensten Fällen. Natürlich gehen die Filme dann weg wie …, na, verbotene Filme in China eben.
     
    Dass das DVD-Schauen niemals langweilig wird, liegt nicht nur an der Qualität der Filme. Zwar fehlt den geripten Fassungen meistens das im Westen übliche Bonusmaterial, dafür aber haben sie ganz eigene Extras. Und die sind viel lustiger als ein langatmiges Porträt des Regisseurs oder anderer Volkshochschulkrempel. Der Spaß fängt schon auf dem Cover an, bei den Inhaltsangaben. Verfasst sind sie meist im besten Chinglish (siehe «Buddna has not Mach the Valparaiso» im Mittelstufenwissen, Seite 129). Das klingt dann so: «Spartacus is athink with a story as impressivewe as itswidescreen ction and Ocarwinning ets.» Sehr gut gefällt mir auch die Kurzbeschreibung von «Johnny English», weil sie irgendwie so klingt, wie sich Ausländer Chinesisch vorstellen: «He kmows no feal, he knows no dangel, he kmows nothing.» Auch dass man versucht, Kinder mit dem Bonusversprechen «Including: A trip through the Walt Disney Studios and How Disney Cartoons are made» zu ködern, Liliana Cavanis Nazi-Schocker «Nachtportier» zu kaufen, finde ich sehr nett und antipädagogisch.
    Noch besser aber sind die abgedruckten Credits. Hier gilt: Hauptsache, es sind große Namen drauf, ziemlich egal, welche. Die Raubtiteler behaupten beispielsweise, «Vom Winde verweht» – laut Cover übrigens ein Boxerfilm, der im Norden Englands spielt, bzw. auch: «One of the sexiest movies out this year» – sei mit Jane Fonda und dem Country-Star Willie Nelson (als Rhett Butler?). Im deutschen Katastrophenfilm «7 Zwerge» treten angeblich die Spice Girls «Victoria, Emma, Mel C., Geri, Mel B.» auf (schön wär’s). «Full Metal Jacket» ist laut Information auf dem Cover ein »Therlm by Luisbunuel», und zwar mit «Catherine Deneve», «Michel Piccoliin». Außerdem hat Oliver Stone seinen Film »Oliver Stones Nixon» offenbar von Guy Ritchie drehen lassen.
    Andererseits versuchen einem die Raubkopier auch nicht um jeden Preis jeden Film aufzuschwatzen. Im Gegenteil. Vor wirklich miserablen Filmen wird sogar ausdrücklich gewarnt, wie zum Beispiel vor dem deutschen Film «Liebesleben» von Maria Schrader: «This movie», liest man auf dem DVD-Cover, «is certainly not worth watching. A pointless story about sex … While the scenery is very nice, the lack of skillful narration and superficial acting leave the movie goer empty.» Natürlich wurde auch diese Kritik geklaut – aus dem Blog sukip.com nämlich –, und der Raubkopierer hat den Inhalt wahrscheinlich auch gar nicht verstanden. Am Ende hat aber auch sie ihren mutmaßlichen Zweck erreicht: Ich habe mir die DVD jedenfalls gekauft. Nicht wegen des Films, sondern wegen des Covers mit der treffenden Besprechung.
     
    Die schönsten Überraschungen aber erlebt, wer die DVD dann endlich einschiebt. Selten entspricht das, was man sieht, dem verbreiteten Raubkopieklischee (von der Leinwand abgefilmt, Zuschauerköpfe, Popcorntütenknistern). Öfter läuft da schon ein ganz anderer Film. Meistens ist der eine Enttäuschung: Statt des Tinto-Brass-Erotikkloppers flimmert plötzlich «Drei Farben Rot» über den Bildschirm, statt «Indochine» (mit C. Deneve) der totendoofe «Meet Joe Black». Gut beraten ist aber auch, wer etwas Kyrillisch gelernt hat, um Zwischentitel oder das Menü zu Thomas Vinterbergs Film «Dear Wendy» entziffern zu können.
    Gute Frogspeak-Kenntnisse können auch von Nutzen sein, denn entgegen den Angaben auf dem Cover ist mancher Hollywoodfilm ausschließlich französisch synchronisiert. Wer das nicht kann, bleibt auf die englischen Untertitel angewiesen. Ein Hasardspiel. Entweder hat ein mongolischer Linguist die Dialoge aus dem Chinesischen zurückübersetzt; da versteht man dann nur Ulan-Bator. Oder man staunt darüber, dass Josh Hartnett in der Eröffnungssequenz von «Sin City» Jamie King zunächst küsst, sodann erschießt und dabei zu ihr sagt: «Right, lads, unbutton your muftis. Piss like a tom.» Intensive

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