Bliefe von dlüben: Der China-Crashkurs (German Edition)
Recherchen ergaben: Das sind die Untertitel von «The Piano». Noch intensivere: Exakt dieselben Untertitel finden sich auch auf anderen Raubkopien. So erzählt ein anonymer Berichterstatter in dem Blog «Secretdubai» von ebendort, dass ihm ein chinesischer «Director’s Cut» von Bridget Jones 2 («The ekge of reason») verkauft wurde, ebenfalls auf Französisch und mit «Piano»-Untertiteln. Dem Blogger gefiel allerdings die «Pisst wie ein Engländer»-Version sehr viel besser als das Original, das er sich ein paar Wochen später im Flugzeug ansah.
Auch ich glaube an das Unterhaltungspotenzial der kreativ bearbeiteten Variante, weshalb ich sie selbst gern hätte. Ich habe mir jetzt schon mehrmals «Bridget Jones 2» gekauft, doch leider sind alle sechs Kopien in Ordnung. Da hilft nur abwarten und geduldig sein. Bzw. das tun, was auf dem chinesischen Cover des deutschen Versagerfilms «Liegen lernen» steht: «Still Haitern. Nichts Machen. Dann lauten einem die lingtoublichston Frauen aber den weg.» Oder in China die lingtoublichston DVDs.
PS: Was hier über Filme und DVDs gesagt wurde, gilt im Großen und Ganzen auch für Bücher. Es gibt letztlich auch keine verbotenen Bücher in China, denn das, was der Zensor nicht erlaubt, wird sofort in hohen Auflagen nachgedruckt. Das betrifft selbst Bücher, die die Verhältnisse in China stark kritisieren, wie z. B. «Die Wahrheit über den vierten Juni», ein Buch über das Geschehen auf dem Tian-An-Men-Platz am 4. Juni 1989, oder Publikationen der Falun-Gong-Sekte. Die Betreiber von illegalen Buchläden erklären stolz, sie könnten innerhalb von drei Tagen jedes gesuchte Buch besorgen. Nach Angaben des Hongkonger Magazins Open soll es in China rund hundert Untergrundverlage geben, die etwa viertausend Druckereien und Buchbindereien für sich arbeiten lassen und mehr als zweitausendsechshundert illegale Buchläden beliefern. So können diese Off-Verlage innerhalb weniger Tage bis zu hunderttausend Raubkopien eines Buches auf den Markt werfen. Die Untergrundverleger gefährden allerdings auch die legale Buchproduktion. Man geht davon aus, dass von jeder chinesischen Neuerscheinung vierzig Prozent regulär, sechzig Prozent aber als Raubkopie erscheinen. Zwar lässt die Qualität einer Raubkopie oft zu wünschen übrig, dafür ist das Buch aber auch viel billiger.
Sollten Sie also das Buch, das Sie gerade in der Hand halten, für lächerlich wenig Geld in China erstanden haben, dann handelt es sich mit Sicherheit um eine Raubkopie. Auch wenn es vor Fehlern wimmelt, hatten sicher chinesische Raubdrucker ihre Hand im Spiel. In diesem Fall fordere ich Sie jetzt ultimativ dazu auf, sich sofort ein zweites Exemplar zu kaufen, sobald Sie wieder in Deutschland sind. Ansonsten kann ich … hm, nun ja … sehr, sehr böse werden.
PPS: Übrigens ist auch das Internet in China nicht wirklich zensiert. Mehr dazu erfahren Sie im Kapitel «Ich rieche, rieche Menschenfleisch» (Oberstufenwissen, Seite 149).
11 In den gelben Bergen
Unter der Herrschaft Maos waren die Chinesen fast dreißig Jahre lang überaus sesshaft. Seitdem sie aber Geld wie Reis haben, reisen sie im Ausland und im eigenen Land herum. Was sie eigentlich an der Fremde reizt, weiß niemand so genau. Um diese Frage zu untersuchen, fuhr ich vor einiger Zeit zusammen mit meiner reizenden Dolmetscherin nach Huangshan, zu einem der beliebtesten innerchinesischen Reiseziele, zugleich den berühmtesten Bergen der Welt. So steht es jedenfalls im Prospekt, sogar in englischer Übersetzung: «Huangshan Mountain is the No. 1 famous mountain in the world.» Huangshan heißt Gelber Berg, aber eigentlich sind es mehrere Berge, und die sind so wenig gelb wie die Chinesen selber. Da haben wir gleich das nächste Rätsel.
Aber schon das erste ist schwer zu lösen. In Huangshan angekommen, stellten wir schnell fest, dass es nicht die Natur sein kann, die die Chinesen hierherzieht. Die macht ihnen Angst. Wohl deshalb waren die Berge eingezäunt und wurden von Wachleuten streng bewacht. Das kostet natürlich, weshalb man auch am Fuß des Bergensembles gleich zweihundert Yuan Eintritt verlangte. Das ist etwa der halbe Monatslohn einer Kellnerin in Peking.
Weil die Natur so furchteinflößend ist, sind die Chinesen darauf bedacht, dass sie nicht zu natürlich aussieht. Ein großer Flughafenterminal, mitten in ein Tal geflanscht, hilft sehr, den brutalen Natureindruck zu korrigieren. Hier werden die Touristenmassen
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