Bliefe von dlüben: Der China-Crashkurs (German Edition)
Fotografierte kreativ hinstellen, sondern auch der Fotograf. Dafür geht er meistens in die Hocke oder in einen weiten, federnden Spagat: So braucht man in China für einen Schnappschuss, alle Vorbereitungen zusammengerechnet, eine gute Viertelstunde. Bis dahin ist aber längst der Nordturm kollabiert oder die Riesenwelle über der Verwandtschaft zusammengebrochen. Das ist auch der Grund, weshalb es so wenig Fotos von Chinesen vor Tsunamis gibt, obwohl solche Bilder mit Sicherheit versucht wurden.
Ganz zum Schluss des Fotografiervorgangs hat der Fotograf dann sehr laut zu zählen: «Yi, Er, San», eins, zwei, drei; ein Mantra, das man an jedem chinesischen Urlaubsort ein paar tausendmal am Tag hört. Bei «San» sagt Mutti oder Vati dann: «Qiezi!» Das heißt Aubergine und ist das chinesische Pendant zu «Cheese». Zumindest wird diese Anekdote immer wieder von in China lebenden Westlern erzählt. Wahr ist sie nur mit Einschränkungen. Es sagt ja auch im Westen praktisch niemand «Cheese», außer vielleicht ein paar überkandidelte Mädchen, die die falschen Fernsehserien gucken.
Natürlich gibt es auch Ausnahmen von den hier erklärten Regeln. So nehmen Chinesen manchmal eben doch unbekannte Menschen mit ins Bild, zum Beispiel, wenn es sich dabei um Angehörige von den im Land ansässigen Minderheiten handelt (Dong, Daur, Dai, Bai, Miao, Tu). Die sind immer so lustig angezogen. Auch dicke Ausländer werden gern zu den Blutsverwandten gestellt, vorzugsweise Frauen mit großen Brüsten. Das verspricht Wohlstand im nächsten Leben. Deshalb gibt es vielleicht doch chinesische Fotos von der Flugzeug-trifft-Haus-Geschichte aus dem Jahr 2001. Da sind dann sehr dicke Feuerwehrmänner drauf oder mit Körbchengröße F gesegnete Krankenschwestern.
Vor einem völlig neuen Problem stehen die Chinesen, seitdem sie von der Fotografie zum Videodreh gewechselt sind. Wer dabei nur einmal schwenkt, zumal in China, dem geraten unweigerlich unzählige fremde Menschen ins Bild. Wohl deshalb fallen einem in letzter Zeit immer mehr chinesische Hobbyfilmer auf, die ihre Kamera ausschließlich in den Himmel halten. Andere dagegen richten die Kamera auf den Boden und filmen nur den eigenen Hund. Aber vielleicht hofft man ja auch auf einen Japaner, der dort liegt und winselt. Auch das wäre gewiss ein herrliches Motiv.
Aushang im Kanas-See-Nationalpark
Fünf Punkte muss man beim Fotografieren beachten:
Fotografieren Sie nicht nur Sehenswürdigkeiten. Man kann auch das Reisen selbst, das Essen und die Pausen fotografieren. Dann hat man eine schöne und wertvolle Erinnerung.
Menschen und Sehenswürdigkeiten sollen sich ergänzen.
Achten Sie auf den Bildausschnitt. Vor dem Fotografieren kann man sich diesbezüglich zum Beispiel in einem professionellen Fotoladen informieren. Das ist ein schneller Weg zum Ziel.
Die Haltung der Personen sollte entspannt sein. Personen können stehen, hocken, auf der Wiese liegen. Hauptsache, es sieht natürlich aus.
Der Blick der fotografierten Person sollte lebendig sein. Sie sollte entweder in die Kamera sehen oder Sehenswürdigkeiten betrachten. Für Fotos mit mehreren Personen gilt: Entweder wählt man vorher einen Punkt, den die Leute fixieren, oder sie sollen eine Sehenswürdigkeit betrachten. Nutze den «Moment», damit das Foto lebendig wirkt.
19 Bitte rottet die Pandas aus!
Vielfach wird gemeint, die Chinesen hätten an Tieren nur ein kulinarisches Interesse. Dass dies so nicht ganz stimmt, beweist die große Zahl von Zoos in China, in denen eine ganze Reihe vollkommen unverzehrter Tiere leben. Der Pekinger Zoo ist besonders schön und hat eine lange, wechselvolle Geschichte. Noch in der Kaiserzeit gebaut, lebten bei der Gründung der Volksrepublik China nur noch zwölf Affen, zwei Papageien und ein blindes Emu in den Gehegen. Die restlichen Tiere hatten die japanischen Besatzer vergiftet. Heute gibt es dort wieder rund siebentausend Tiere, darunter die weltweit größte Zoopopulation an großen Pandabären.
Ich kann Pandas nicht sonderlich leiden. Die Chinesen aber sind ganz vernarrt in diese Tiere. Sie malen sie deshalb auch überallhin: auf Busse, Bettwäsche, Schulhefte, T-Shirts und Müllcontainer. Die Kaufhäuser quellen über von Pandastofftieren, es gibt Kioske und Papierkörbe in Pandaform. Wer will, kann auch Pandagoldmünzen kaufen oder – im Pandazuchtzentrum in Sichuans Hauptstadt Chengdu – Pandapapier. Das wird aus Pandaexkrementen gewonnen. Kein Scheiß.
Die hiesigen
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