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Bliefe von dlüben: Der China-Crashkurs (German Edition)

Bliefe von dlüben: Der China-Crashkurs (German Edition)

Titel: Bliefe von dlüben: Der China-Crashkurs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Y. Schmidt
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ordnungsgemäß bei der Polizei anmelden. Als er keinen chinesischen Namen präsentieren konnte, trug die diensthabende Polizistin kurzerhand den Namen seiner chinesischen Frau ins Formblatt ein. Schlichter Zusatz: «Ehemann».
     
    Nach ein paar Monaten in Peking wollte ich mir also einen chinesischen Namen besorgen. Allerdings ist die Namensfindung grundsätzlich nicht einfach. Viele Westler sind daran schon gescheitert, selbst große Konzerne. Als Coca-Cola in den zwanziger Jahren nach China kam, versuchten einige Getränkehändler sofort, den Namen ins Chinesische zu übertragen. Danach stand auf ihren Schildern zwar phonetisch korrekt «Ko Ka Ko La», doch die Übersetzer hatten nicht bedacht, dass chinesische Schriftzeichen auch etwas bedeuten. So las damals ein Chinese auf den Werbetafeln von Coca-Cola: «Trink die mit Wachs beschleunigte Stute» oder auch «Beiß die Wachskaulquappe», je nachdem, welche Zeichen man zur Verschriftlichung der Laute benutzte. Unzufrieden mit den kreativen Laienübersetzern, beauftragte Coca-Cola Profis, die nach langem Rumprobieren 1928 endlich einen adäquaten Namen fanden. Das Raffinierte daran ist: Ke Kou Ke Le klingt nicht nur fast so wie das Original, es bedeutet obendrein noch was Blödes, nämlich: dem «Mund erlauben, sich zu freuen». Und seitdem gilt diese Form der Übersetzung als das Nonplusultra bei der Markennamengenese. Besonders erfolgreich haben deutsche Autohersteller sie kopiert. So heißt ein BMW in China Bao Ma, «wertvolles Pferd», und ein Porsche Bao Shi Jie, «in Garantiezeit schnell». Auch die Belegte-Brötchen-Kette Subway hat ihre Übersetzer lange tüfteln lassen. Sai Bai Wei bedeutet «So gut wie hundert Geschmäcker». Das kann man durchaus bezweifeln, macht man aber in China nicht. Es steht ja an den Läden dran.
     
    Andere Firmen begnügen sich mit einem Mischmasch aus Phonetik und Bedeutung, wahrscheinlich, weil so ein Name billiger ist. Starbucks heißt hier Xing Ba Ke, wobei Xing ein Stern ist, der Rest aber bloße Lautmalerei. Bei Bi Shen Ke ist nur das erste Wort ein phonetisches Imitat, der Rest heißt übersetzt: «Gäste müssen siegen». Wo? Ach so, im Pizza Hut natürlich, und wahrscheinlich über den Gummikäsebelag. Apropos Gummi. Auch Viagra gibt es in China. Es heißt hier Wan Ai Ke, etwa «zehntausendfaches wunderschönes Erlauben». Dieser Name aber war selbst den Chinesen zu blöd, weshalb das Zeug im Volksmund nur Wei Ge genannt wird, «mächtiger Bruder». Ziemlich clever ließ sich ein pharmazeutisches Unternehmen aus Kanton seine Potenzpillen unter diesem Namen registrieren. Viagraproduzent Pfizer klagte dagegen, verlor aber den Prozess, denn der amerikanische Konzern hatte versäumt, sich die schöne umgangssprachliche Bezeichnung schützen zu lassen.
     
    Nur in den seltensten Fällen hat einer mit seinem westlichen Namen Glück, weil der zufällig auf Chinesisch schon was Tolles bedeutet. So wie Yahoo zum Beispiel, das hier Ja Hu heißt, «eleganter Tiger». Oder der Markenliteraturhersteller Hemingway. Der wird als Hai Ming Wei verschriftet: «Meer, strahlend, kräftig». So einen Namen hätte ich auch gerne. Aber die ersten Übersetzungsversuche gingen mit Ke Li Si Yang Yu Pi Si Long Shi Mi Te schwer daneben. Zwar konnte ich der Übertragung meines Nachnamens durchaus etwas abgewinnen. Wörtlich bedeutet er «Geschichte Geheimnis spezial», was den Kern meiner Persönlichkeit irgendwie trifft. Aber der Vorname «Kann sofort sterben Schaf» ging gar nicht, genauso wie mein Mittelinitial (die Übersetzung verschweige ich lieber). Der ganze Name war damit in etwa so sinnvoll wie Mai Dang Lao, was wörtlich «Weizen als Arbeit» heißt, nicht wörtlich aber McDonald’s. Bloß: McDonald’s könnte seine Burger auch Kaulquappenhappen nennen, die Chinesen würden die Restaurants trotzdem nicht meiden – mit meinem Namen ziemlich sicher aber mich. Ich wollte mir also einen ganz neuen chinesischen Namen suchen. Meine liebenswürdige Dolmetscherin würde mir mit diesem Problem nicht helfen können, denn sie kann nur Hochchinesisch. Selbst wenn ihr ein wohlklingender Name eingefallen wäre, ich wäre vor Katastrophen nicht gefeit gewesen. Charles Qin, ein renommierter australischer Chinesischübersetzer, erzählt auf seiner Homepage die Geschichte eines Mannes, der einen perfekten chinesischen Namen trug – bis er in die Provinz Guangdong reiste. Weil man dort aber – genauso wie in Hongkong – Kantonesisch spricht,

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