Bliefe von dlüben: Der China-Crashkurs (German Edition)
Zeitungen werden noch nicht darauf gedruckt. Dafür sind sie voll mit Pandameldungen, und seien sie noch so alt. So konnte man in China Daily am 16. Januar 2007 ganz groß lesen, die Pandabärin Qing Qing habe im Zoo von Fuzhou ein Junges bekommen: vor fünfzehn Jahren. Der neueste Trend sind allerdings Online-Panda-Benamsungswettbewerbe. Als man 2006 Taiwan zwei Pandas schenken wollte, beteiligten sich auch meine patente Dolmetscherin und ich an einem solchen Preisausschreiben: Wir schlugen die Namen Ping Ping und Peng Peng vor, denn Pandas kriegen fast immer Doppelnamen, weil das so niedlich ist. Außerdem bedeutet Ping Frieden und Peng Freund. Unsere subtilen Vorschläge gewannen leider nicht. Stattdessen wählte man Tuan Tuan und Yuan Yuan aus, weil das «Wiedervereinigung nach langer Trennung» bedeutet. Die taiwanesische Regierung hat sich dann auch prompt geweigert, das Geschenk anzunehmen.
Nachdem im Januar 2008 allerdings die Pro-Unabhängigkeitsregierung in Taipeh abgewählt worden war, wollte die neue Regierung unter Präsident Ma Ying-Seou die Pandas dann plötzlich doch. Sie bauten Tuan Tuan und Yuan Yuan im Zoo der Hauptstadt ein schickes, dreistöckiges Haus für umgerechnet zehn Millionen US-Dollar. Kurz vor Weihnachten desselben Jahres wurden dann die Pandas mit einem Jumbo-Jet von Chengdu nach Taipeh geflogen, wo sie pünktlich zum Beginn des chinesischen neuen Jahres von Zehntausenden Taiwanesen gefeiert und bestaunt wurden. Die Unabhängigkeitsbefürworter von der Demokratischen Partei (DPP) jedoch, die die Annahme der Pandas als Regierungspartei verweigert hatten, ärgerten sich maßlos über die große Pandasause. Einige DPP-Abgeordnete riefen die Taiwanesen zum Zooboykott auf und schlugen vor, Taiwan sollte Festlandchina im Gegenzug zwei einheimische Affen mit den Namen Tai Tai und Du Du schenken. Spricht man diese Namen zusammen aus, heißt das «Taiwanesische Unabhängigkeit». Wenn nicht jemand noch ganz schnell auf etwas Dümmeres kommt, geht diese Idee sehr sicher als die billigste Retourkutsche in die Geschichte des modernen Chinas ein.
Mian Mian und Lang Lang sind übrigens trotz Doppelnamen keine Pandas. Mian ist eine lausige Schriftstellerin, die unter anderem ein Buch geschrieben hat, das «Panda Sex» heißt, Lang ein pummeliger Pianist, der hauptsächlich in Fernsehshows und bei Olympischen Spielen auftritt. Beide sind sehr emsig. Der Panda dagegen ist ein entsetzlich faules Tier. Er verbringt sechzehn Stunden am Tag mit Bambusfressen. Weil er den Bambus nicht anständig verdauen kann, braucht er täglich bis zu dreißig Pfund davon. Wenn er gerade mal nicht frisst, schläft er. Vor lauter Faulheit mag sich das mollige Vieh nicht einmal fortpflanzen. Das Weibchen hat nur einen einzigen Eisprung pro Jahr und ist dann nur wenige Tage fruchtbar. Also muss der Mensch nachhelfen. In den mehr als dreißig Pandareservaten Chinas bemüht man sich um das Sexleben der Pandas. Hier wird künstlich befruchtet, was die Phiole hergibt, wozu das Pandasperma bisweilen um die halbe Welt verschickt wird. Oder man versucht die Pandas mit Tricks zur Paarung zu bewegen. Seit neuestem werden jungen Tieren sogar Filme gezeigt, die für Menschen hierzulande strikt verboten sind: Pornos. Sie zeigen etwas geilere Pandas bei der Paarung, von vorne, von hinten und mit allen erdenklichen Brunstlauten. «Es wirkt», sagt dazu stolz der Direktor der Research Base of Giant Panda Breeding in Chengdu, Zhang Zhihe, statt sich was zu schämen.
Natürlich kosten die ganzen Zuchtprogramme Unsummen. Um das Geld wieder einzuspielen, sind die Chinesen dazu übergegangen, Pandas an ausländische Zoos zu verleihen – gegen hohe Gebühren. Wie die New York Times berichtet, bekam der Zoo von Atlanta seine beiden Leihpandas für zehn Jahre gegen eine Gebühr von zwei Millionen Dollar, zahlbar an die chinesische Regierung. Die Amerikaner haben auch noch vier Pfleger für die faulen Säcke abgestellt, die pro Tag vierundachtzig Pfund Qualitätsbambus wegfressen.
Weil sie so teuer sind, spielt man in Atlanta bereits mit dem Gedanken, die Pandas wieder abzuschaffen. «Diese Bären», sagt Zoodirektor Dennis W. Kelly, «gehören zu den verwöhntesten Tieren auf diesem Planeten.»
Könnten sich die Chinesen doch nur zu demselben Schritt entschließen. Um wie viel nützlicher ließe sich das viele Geld verwenden, das man den Schmarotzern in ihren stets aufgesperrten Rachen wirft. Sowieso passen Pandas nicht in die moderne
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