Blind ist der, der nicht lieben will
Blutspur auf dem Boden“, murmelte Tristan passend zu seinen Gedanken und sah sich um. „Die Tür sieht auch heil aus. Kein Einbruch... glaub ich jedenfalls.“
„Blutspur? Einbruch?“ Nick seufzte kopfschüttelnd. „Tristan, du siehst eindeutig zu viele Horrorschinken.“
„Was willst du?“, fragte der und zuckte die Schultern, um dann hinters Haus zu deuten. „Der Wald fängt hinterm Haus an, das weißt du doch. Da kann sich jederzeit ein irrer Axtmörder verstecken...“
„Tristan!“ Nick funkelte seinen Freund an. „Lass den Quatsch. Es wird schon nichts passiert sein.“ Das hoffte er jedenfalls. „Wie ich Dan kenne, hat er einfach nur die Tür nicht richtig zugemacht. Wäre laut Connor schließlich nicht das erste Mal.“
„Dein Wort in...“
Weiter kam Tristan nicht, denn auf einmal waren zwei Stimmen zu hören, die eindeutig in ihre Richtung kamen und offenbar stritten, oder eher heftig miteinander diskutierten. Als Nick sie erkannte, fiel ihm ein riesiger Stein vom Herzen, von dem er bis gerade eben gar nicht gewusst hatte, dass er überhaupt da war. Gott sei Dank, es war alles in Ordnung. Wer so laut debattieren konnte, war weder verletzt, noch überfallen worden.
„Wenn er nicht bald kommt, zerre ich ihn eigenhändig aus seiner Wohnung, versohl ihm den Hintern und schleif ihn hierher.“
Das war Connor und er klang nicht sonderlich amüsiert. Nick sah zu Tristan, der eben das Gesicht verzog. Kein Wunder. Ihm selbst war auch nicht viel wohler, denn sie würden sich Einiges anhören müssen, sagte ihm sein Gefühl. Die Bennetts waren zwar alle nicht sonderlich nachtragend, das hieß aber nicht, dass sie nicht wütend werden konnten, wenn man sie auf die Palme brachte, was er und Tristan dank ihrer Dauerabwesenheit in letzter Zeit mit Sicherheit getan hatten.
„Connor“, tadelte Daniel im nächsten Moment tief seufzend, dann bellte Zeke dazwischen. „Aus, du Racker.“
„Na ist doch wahr“, murrte Connor. „Es reicht ja wohl, dass Nick sich nicht mehr blicken lässt, diese treulose Tomate“, beschwerte er sich als Nächstes, was nun ihn betreten das Gesicht verziehen ließ. „Was muss mein lieber Bruder sich auch ausgerechnet... Wieso steht die Haustür offen?“
„Äh... keine Ahnung?“
„Dan, hast du sie schon wieder nicht richtig zugemacht?“, fragte Connor resigniert seufzend.
„Wieso, schon wieder?“ Daniels Stimme klang, als würde er gleich anfangen zu schmollen. „Das waren höchstens ein oder zwei Mal in diesem Jahr.“
Connor stöhnte auf, was ihn und Tristan sehr breit grinsen ließ, bevor im nächsten Moment ein vierbeiniger Wirbelwind durch die Tür auf sie zugerannt kam, um sie laut bellend zu umrunden und am Ende erst an Tristan und dann an ihm hochzuspringen.
„Soviel dazu, dass er uns nicht mehr kennt“, meinte Tristan und lachte, was natürlich Daniel und Connor aufmerksam werden ließ.
„Tris?“ Connor tauchte in der Tür auf. „Wow, ich glaub's nicht. Ich habe tatsächlich noch einen Bruder.“
„Danke für die Blumen.“ Tristan lächelte zwar, aber es war deutlich zu sehen, wie unangenehm ihm die Situation war, zumindest solange, bis Daniel an Connor vorbei auf ihn zulief und ihn in die Arme nahm. „Hi Dan, schön dich zu sehen.“
„Dito.“ Daniel wich wieder von Tristan zurück und sah zu Connor. „Sei lieb zu ihm, er ist immer noch dein großer Bruder.“
„Pfft“, machte der, begann aber ebenfalls zu lächeln, während er auf Tristan zuging und ihn in seine Arme zog, um dabei leise zu schimpfen. „Mach das nicht nochmal, Tris, sonst werde ich richtig sauer auf dich.“
Als Tristan Connors Umarmung erwiderte und ihm dann irgendetwas ins Ohr murmelte, was vermutlich Entschuldigung und Versprechen in einem war, schien Daniel zufrieden und wandte sich ihm zu. Seine grünen Augen leuchteten vor Freude auf, dann begann er zu grinsen.
„Weißt du noch, wer ich bin, Fremder?“
Nick prustete los. Okay, das hatte er verdient, aber es störte ihn nicht, denn Daniels glückliches und vor allem echtes Lächeln war viel zu schön mit anzusehen, als ihn wegen seines Scherzes zurück zu necken. Er musste wirklich eine Menge verpasst haben in den vergangenen Monaten, denn Daniel wirkte vollkommen verändert. Auf den ersten Blick erinnerte nichts mehr an den schreckhaften, verängstigten und ständig auf einen Hinterhalt lauernden Mann, der er noch im letzten Jahr gewesen war. Zu einem genaueren Blick kam Nick erstmal nicht, denn Daniel
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