Blind ist der, der nicht lieben will
streichelte dem Welpen dabei lächelnd über den Kopf, worauf der Kleine ihm nach einem leisen Jaulen über die Hand leckte. Die Sehnsucht in Tristans Blick war für ihn nicht zu übersehen, was Nick ein Flattern in der Magengegend bescherte, weil er ahnte, was Connor mit seinem Geschenk bezweckte.
„Sieht so aus, als müsstest du irgendwann demnächst umziehen“, meinte Tristan auf einmal sehr leise, sah ihn aber nicht an.
Oha. Nick zwang die in ihm aufsteigende Panik nieder. Er wusste, dass Tristan ihm die Entscheidung überlassen würde, weil er genau verstand, wie viel Angst es ihm immer noch machte, dass sie beide seit ein paar Monaten kein 'Ich' und 'Du' mehr, sondern ein 'Wir' waren. Um sich erstmal vor einer Antwort zu drücken, zog Nick den Brief aus dem Umschlag und faltete ihn auseinander.
„Hi, ihr Turteltauben...“, begann er vorzulesen, „...ich hoffe, der Paketbote hat pünktlich geliefert und euch nicht bei irgendwas Wichtigem gestört.“
Tristan schmunzelte. „Er kann es einfach nicht lassen. Aber mal ehrlich, wofür hält er uns? Als hätten wir um diese Uhrzeit nichts Besseres zu tun, als selig zu schlummern.“
Nick verdrehte die Augen, sagte aber nichts dazu, weil derartige Gespräche zwischen ihnen im Allgemeinen im Bett endeten. Oder auf der Couch, wie vorgestern Abend, oder dem Küchentisch, wie letzten Montag, weil Tristan unbedingt... Nick verbot sich, weiter darüber nachzudenken, sonst hätte er für nichts mehr garantieren können, und einen derartigen Anblick wollte er dem Labrador nun wirklich nicht zumuten. Dafür war der eindeutig noch zu jung. Er räusperte sich, ignorierte Tristans beginnendes, süffisantes Grinsen und sah stattdessen zurück auf den Brief.
„Der schwarze Teufel ist im Übrigen eine Lady und hört auf den Namen Emma. Dan hat sie ausgesucht. Er wollte sie zuerst behalten, aber Zeke war damit ganz und gar nicht einverstanden, deswegen hat er sie schlussendlich doch herausgerückt. Sie gehört euch beiden, nur um das deutlich klarzustellen.“
„Uns beiden?“, fragte Tristan überrascht.
Nick zuckte ratlos die Schultern, um weiter vorzulesen, „Nummer zwei wartet bei uns. Wir wollten nicht zwei Hundewelpen in einen Karton stecken. Emma und Tasha sind nämlich Zwillinge, und da ihr auch zu Zweit seid, passt das. Außerdem wollten wir sie nicht trennen. Mum und Dad nehmen die Racker, bis ihr euch entschieden habt, was neue Wohnungen oder vielleicht ein Haus angeht. Das ist alles durchgeplant, ihr braucht euch also keinen Kopf machen, und besonders du, Nick, brauchst dich nicht in eine Ecke gedrängt zu fühlen. Frohe Weihnachten. PS: Wehe, ihr kommt heute Nachmittag nicht. Mum rotiert schon seit Tagen, also lasst mich und Dan hier nicht hängen.“ Nick grinste kurz. „Dein Bruder kennt mich einfach zu gut“, murmelte er dann und ließ den Brief sinken, um Tristan anzusehen, der immer noch vollkommen überrumpelt schien, und trotz der Nervosität, die seinen Magen leicht rebellieren ließ, konnte Nick einfach nicht anders. „Zwei Welpen? Wir werden ein ziemlich großes Haus brauchen, das ist dir klar, oder?“
Tristan blinzelte irritiert. „Äh...“
Nick ließ ihn nicht weiter zu Wort kommen. „Ich will aber keins mit einem weißen Gartenzaun. Das ist so ein doofes Klischee, das muss nun echt nicht sein.“
Er musste sich das Lachen verkneifen, weil Tristan nach seinen Worten wie erwartet der Mund offenstehen blieb, und allein für dessen fassungsloses Gesicht, hätte Nick ihn am liebsten geküsst. Tristan starrte ihn an, als könne er nicht glauben, was er gerade gesagt hatte. Konnte Nick auch nicht, wenn er ehrlich zu sich selbst war, aber jetzt oder nie, schien in seinen Augen der perfekte Plan zu sein, also würde er ihn auch bis zum Ende durchziehen.
Nick tippte sich überlegend ans Kinn. „Ich frag' mal Linda, ob sie noch die Adresse von dem Makler in der Kartei hat, den ich mal vertreten habe. Wo wollen wir überhaupt wohnen? Hier in Baltimore, oder lieber in Cumberland?“ Tristans Augen weiteten sich, aber er sagte immer noch nichts, starrte ihn einfach nur an. „Einen Garten werden wir auch brauchen“, spann Nick die Idee weiter und bekam eine Gänsehaut, als Tristan sich auf einmal eine Hand vor den Mund hielt und gleichzeitig aussah, als wolle er in Tränen ausbrechen. Nick lächelte, hob Emma aus dem Karton und trat mit ihr im Arm auf Tristan zu. „Überrascht?“ Tristan nickte stumm und Nick zog ihm die Hand vom Mund weg.
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