Blind vor Wut
nie wirklich spaßig war.
Die Pläne für Mutter interessierten mich nicht mehr; sie war die Mühe nicht wert, die sie mich gekostet hätten. Ich warf Abführmittel und Schraubenzieher in den Mülleimer, ging ins Wohnzimmer und setzte mich.
Es klopfte an der Tür. Ein festes, entschlossenes Klopfen.
Ich stand auf, sah durch den Spion und riss die Tür auf.
Es war Josies Vater, Sergeant Blair. Er nickte mir kurz zu und ließ so etwas wie ein Lächeln sehen – das Lächeln eines Mannes, der nicht sehr oft lächelt.
»Wie geht’s dir, mein Junge? Darf ich reinkommen?«
»Natürlich«, antwortete ich, »solange Sie einen Durch suchungsbeschluss haben.«
»Wollte mich nur entschuldigen und dir was erklären, was du vielleicht wissen solltest«, sagte er.
Ich hätte nicht mit einer Entschuldigung gerechnet, sagte ich. Schließlich sei einem Kerl, der eine Schwarze heiratet, alles Mögliche zuzutrauen. Als sich sein Gesicht hässlich versteinerte, winkte ich ihn herein.
»Also gut«, sagte er und ließ sich schwer in das Sofa fallen. »Josie hat mir alles erklärt, und ich würde sagen, dir ist übel mitgespielt worden. Ziemlich übel. Und wohl nicht nur in dieser Schule. Jedenfalls – kommt deine Mutter bald nach Hause? Wenn ja, dachte ich, es wär vielleicht gut, wenn ich mich mal kurz mit ihr unterhalte.«
»Ich danke Ihnen für das Angebot«, sagte ich und hängte noch ein »Sir« hintendran. »Aber ich bezweifle, dass irgendetwas, was irgendjemand sagt, Mutters Ansichten über mich ändern könnte.«
»Aber sie ist doch bald zu Hause?«, fragte er und nickte, als ich es tat. »Dann bleibe ich besser. Zumindest kann ich die Geschichte mit dem Kinderwagen geraderücken. Ich schätze, sie wird noch einiges darüber zu hören kriegen.«
»Hören Sie«, erwiderte ich. »Meine Wortwahl war vielleicht ein wenig grob, aber ich habe nichts mit …«
»Das habe ich mitbekommen«, sagte er und winkte ab. »War vielleicht einen Block entfernt, als es passierte, aber ich habe genug gesehen, um zu wissen, dass dich keine Schuld trifft. Diese verdammten Mütter mit ihren Kinderwagen« – er grunzte. »Ein Wunder, dass die Kleinen es überhaupt bis zum Windelwechseln überleben.«
»Aber die Frau hatte eine Menge über mich zu sagen?«, fragte ich.
»Und nichts davon war nett. Wie ich schon sagte, ich habe es selbst gesehen, also kommst du ungeschoren davon. Aber wenn sich ein Kind wehtut, egal, ob man daran Schuld ist, tja …« Er schüttelte den Kopf und verstummte.
»Ich wusste nicht, dass das Kind sich wehgetan hat«, sagte ich. »War es sehr schlimm?«
»Schlimm genug jedenfalls, um einen Arzt zu rufen«, meinte der Sergeant. Genaueres würden wir später erfahren. Das musste ich erst verdauen, und mir war ein wenig mulmig zumute, als Mutter heimkam.
8.
Sergeant Blair erhob sich, ohne den Drink, den Mutter ihm gemacht hatte, angerührt zu haben, und wollte gehen. »Also, ich würde sagen, damit ist alles geklärt«, meinte er zu ihr. »Das war nur das schlechte Ende eines schlechten Tages für Allen, und er ist dafür ebenso wenig verantwortlich wie für alles andere.«
»Nun, ich bin überaus froh, das zu hören«, sagte Mutter. »Ich weiß, Allen meint es gut, doch wohin wir auch kommen, scheint es …«
»Tja, also«, unterbrach Blair sie. »Ich muss los. Wenn es irgendwelchen Ärger mit dieser Sanders gibt – die mit dem Baby –, rufen Sie mich einfach auf dem Revier an.«
Mutter bedankte sich mehrmals und folgte ihm zur Tür. Sie hielt sie ihm auf und sagte dann noch: »Ach, Sergeant. Ich fürchte, ich war zu Ihrer Tochter heute Morgen etwas grob. Ich hoffe, sie hat das nicht missverstanden.«
»Hat sie nicht«, erwiderte Blair. »Josie ist wohl die verständigste kleine Person auf der Welt.«
Dann ging er.
Mutter wischte an mir vorbei, ging in ihr Schlafzimmer und zog sich einen Morgenrock an.
Ich legte Steaks in die Pfanne und machte den Salat; dabei trank ich den unangerührten Drink des Sergeants.
Ich deckte den Tisch, servierte die Steaks und rief Mutter. Sie setzte sich an den Tisch und warf mir einen eisigen Blick zu, als ich den letzten Rest des Drinks hinunterkippte.
»Ich habe dich doch gebeten, nicht zu trinken, oder, Allen?«
»Ja«, antwortete ich.
»Und meine Bitten bedeuten dir nichts?«
»Etwa so viel, wie meine Bitten dir bedeuten.«
»Unsere zweite Nacht in dieser Wohnung«, sagte sie enttäuscht. »Erst unsere zweite Nacht, und schon kommt wegen dir die
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