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Blind vor Wut

Blind vor Wut

Titel: Blind vor Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Thompson
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Spiegelbilder sahen uns an. Mein schwarzes Gesicht mit dem Wuschelkopf. Ihre schönen Gesichtszüge, bezaubernd eingerahmt vom seidig braunen Haar.
    »Aber Allen«, flüsterte sie und unterdrückte ein Schluchzen. »Du bist das Ebenbild deines Vaters. Und wenn ich ihn liebte … ihn so nahm, wie er war …«
    »Damals gab es die Pille noch nicht«, tat ich es mit einem Schulterzucken ab. »Vielleicht warst du zu jung, um zu wissen, dass du schwanger warst – oder um zu wissen, was man in so einem Fall tut.«
    »Ach Allen! Allen, Schätzchen …«
    »Vielleicht hattest du Angst, dir Hilfe zu suchen«, fuhr ich fort. »Vielleicht hat er dich vergewaltigt. Es ist ja schließlich eine altbekannte Tatsache, dass Nigger gerne weiße Frauen vergewaltigen.«
    Urplötzlich holte sie mit ihrer Hand aus und verpasste mir einen brennenden Schlag.
    Sie sprang auf, floh ins Bad, und nach ein, zwei Minuten hörte ich Wasser in die Wanne fließen.
    Ich stand leise auf und ging in ihr Zimmer.
    Ihre Handtasche lag auf dem Bett. Drinnen fanden sich zwei Füller – beide ganz gewöhnlich, mit kleinen Goldringen verziert. Sie mochten Velies Füller ähneln. Vielleicht gehörte einer davon ihm. Ich hatte keine Möglichkeit, es herauszufinden, aber letztendlich war das auch egal.
    Als ich das letzte Mal in Mutters Handtasche geschaut hatte, waren mir keine Füller aufgefallen. Womöglich hatte sie sie schon immer gehabt. Ich bezweifelte das zwar, aber vielleicht hatte sie sie wirklich schon besessen.
    Ich brauche gar nicht erst erwähnen, dass Mutters Handtasche, wie die von jeder anderen Frau, noch eine große Zahl anderer Dinge enthielt, darunter ein beträchtliches Bündel Geldscheine. Ich zählte sie – etwas, das sie so gut wie nie tat (womöglich konnte sie nicht zählen?) – und kam auf eine Summe von über siebenhundert Dollar. Ich nahm hundert davon an mich und fügte sie den mehreren Hundert Dollar hinzu, die sich bereits in meinem Besitz befanden; Geld ist ja so nützlich, finden Sie nicht? Dann verließ ich das Schlafzimmer, kehrte ins Wohnzimmer zurück und räumte die Teller ab.
    Ich spülte sie und stellte sie weg.
    Mutter kam aus dem Bad, den Morgenmantel eng um sich geschlungen.
    Ohne mich eines Blickes zu würdigen ging sie ins Schlafzimmer und schloss die Tür. Erst nach einer ganzen Weile hörte ich, wie sie zu Bett ging.
    Ich zögerte, haderte mit mir selbst. Fragte mich, ob ich nur dieses eine Mal der Strafe entgehen konnte, von der ich wusste, dass sie kommen würde. Von der ich schon im Voraus wusste, dass ich ihr nicht entgehen konnte, ihr niemals entgehen würde. Das einzige Entkommen war der Tod.
    Denn ich hasste die Strafe, das fürchterliche Versprechen, das darin verborgen lag, und zugleich gierte ich danach. Und vielleicht bettelte ich durch mein Verhalten auch danach.
    Ich bettelte um Folter …
    Ich ging in mein Schlafzimmer und zog mich aus.
    Nackt setzte ich mich auf die Bettkante und wartete. Rauchte eine Zigarette nach der anderen. Denn das gehörte zur Strafe, zur Folter dazu. Das Warten. Die Erwartung. Ich fragte mich, ob ich wohl wirklich bekommen würde, was ich so fürchtete und wonach ich mich zugleich so sehnte.
    Fast eine Stunde verging. Dann hörte ich es an der Wand zu ihrem Schlafzimmer dreimal klopfen.
    Unwillig – begierig – stand ich auf und schaltete das Licht in meinem Zimmer aus. Langsam ging ich ins Wohnzimmer und löschte auch dort das Licht. Zögernd und stolpernd suchte ich mir im Dunkeln den Weg zu ihrer Schlafzimmertür.
    Drehte den Knauf.
    Ging hinein.
    Es war stockfinster, doch das Bett knarrte leise, knarrte wiederholt, leitete mich zu sich und zu ihr. Ihre Arme streckten sich ins Dunkle, umfingen mich, drückten mich eng an ihre nackte Haut. Und dann küsste sie mich zögernd, und ihre Zunge huschte über meine Lippen.
    Ich stöhnte, und meine Zunge versteifte sich, als ich versuchte, sie vorzuschieben. Sofort waren ihre Lippen fest versiegelt. Ich ließ meine Hände heimlich zu ihrem Hintern gleiten; in Sekundenbruchteilen waren die Pobacken hart vor angespannten Muskeln, und sie schob die Hände fort und zwang meine Arme wieder zu ihren Schultern hinauf.
    Die Beine hatte sie übereinandergeschlagen. Fest. Und wenn die Beine einer Frau in dieser Position sind, dann war es das. Das war’s, mehr gibt es nicht.
    Und da lagen wir. Ein nackter Mann und eine nackte Frau, die sich in der Dunkelheit eng umschlungen hielten. Wir hätten ebenso gut tausend Meilen auseinander

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