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Blind vor Wut

Blind vor Wut

Titel: Blind vor Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Thompson
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deren Schlangen auf dem Haupt nach den willigen Verehrern am Tempel schlagen und sie beißen. Und wie schon zu Beginn, als man sich an den Aufstieg wagte, als man die Reise treppauf begann, beruht der Erfolg nicht auf Intelligenz, sondern auf Konformität, nicht auf Ambitionen und Entschlossenheit, sondern auf behände Füße und allumfassender Heimlichtuerei. Man mag sich ruhig fragen, warum dies so sei, wie zahllose andere es schon getan haben. Die Antwort lautet, es war schon immer so, und es wird auch immer so bleiben.
    … Es war kein guter Tag für mich. In diesem matschigen Morast der Nachgeburt, den ich für mein Linsengericht erhalten hatte, ohne meine Einwilligung oder auch nur ein »Verpiss dich«, sollte es doch zumindest einen guten Tag geben, so wie selbst im schwärzesten Tunnel am Ende ein Licht aufscheint. War es aber nicht. Alle meine Tage stinken, doch manche von ihnen sind ein wenig besser als andere: manche sind gar mit Flecken von Klarheit durchsetzt. Dieser zählte allerdings nicht dazu.
    Der Grund dafür war, wie immer, Mutter. Die Strafe, die sie mir in der Nacht zuvor und den vielen vorangegangenen Nächten zugedacht hatte. Denn im Nachhinein wuchs (wie immer) der Verdacht in mir, ob das, was wie der Ausbund des Teuflischen erschien, nicht tatsächlich nur der Gipfel der Unschuld war.
    In der völligen Dunkelheit der Wohnung hatte ich nichts gesehen – erheblich weniger, als ich normalerweise bei Tageslicht sah, wenn sie völlig bekleidet war. Ebenso hatte ich nichts Körperliches von ihr gespürt, nicht mehr jedenfalls, als wenn sie mich am Tag geküsst oder umarmt hätte, usw., usw. Sie hatte mir, wie sie es nannte, verziehen – wir hatten uns »wieder versöhnt« –, und obwohl dies in ihrem Bett stattgefunden hatte, bewies diese Tatsache doch nur ihre Unschuld und nicht ihre Schuld, oder?
    Ich will sagen, welche Frau außer der dümmsten Frau der Welt – ein Titel, der ihr durchaus zustand –, würde einen erwachsenen Sohn mit ins Bett nehmen, um sich zu »küssen und zu versöhnen«?
    Und welcher Sohn, wenn er nicht völlig pervertiert und verdorben war, würde diesen Akt im schlimmsten Falle anders erklären als mit völliger Unwissenheit?
    Denn sie war unwissend. Ihre Gespräche strahlten nur so von angelesenem Wissen, ihre ganze Haltung drückte Cleverness aus. Doch wenn man an dem Lack kratzte (und nur ich hatte mir die Mühe gemacht), dann stieß man auf eine geistesschwache Stupidität, die alle Vorstellungen sprengte.
    Also …
    Also war an ihr nichts falsch. Ihr Benehmen war, angesichts ihrer Geistesgröße, völlig normal.
    Ich war hier der Irre, ich war der Pervertierte. Ich war es, der eine gute, wenn auch ignorante Frau auf sein eigenes niedriges Niveau herabzog.
    »… die philosophische Schule des Pragmatismus. Ich spreche mit dir, Allen.«
    Es war Mr. Egger, der Lehrer für Philosophie, eines meiner Zwei-Stunden-pro-Woche-Fächer. Ich schreckte auf, als er mich fragend anstarrte.
    »Pragmatismus«, sagte ich. »Nun, ich fürchte, es gibt wahrscheinlich mehr Definitionen für den Begriff, als ich in einer halben Stunde aufschreiben könnte, Mr. Egger.«
    »Das fürchte ich auch«, erwiderte er trocken, womit er andeuten wollte, ich wisse nicht, wovon ich spräche, und heimste sich Gelächter für seine Bemerkung ein. »Da Ihre Gedanken gerade anderswo zu sein scheinen …«
    »Pragmatismus«, unterbrach ich ihn, »und ich drücke mich hier ganz allgemein aus, neigt dazu, die Dinge auf die engstirnigste Art und Weise zu betrachten, die möglich ist. Anders ausgedrückt, solange wir es nicht anziehen, trinken oder essen können oder es uns kein Vergnügen bereitet, ist es vollkommen wertlos.«
    »Hm«, machte Mr. Egger, und dann wieder, »hm.« Dann fragte er mich, ob ich ein wenig ausführlicher sein könne. Sicher, antwortete ich, das könne ich, also tat ich es:
    »Pragmatismus ist eine rein praktische Sicht der Dinge, im Gegensatz zu einem, sagen wir, aristotelischen Standpunkt. Beispiel: Der Pragmatiker würde die Stühle in diesem Raum einfach als Gegenstände betrachten, auf denen man sitzt, statt als etwas, das ein inneres Bedürfnis befriedigt.«
    »Und«, fragte Mr. Egger, »was wäre das?«
    »Das kommt ganz auf den Einzelnen an, schätze ich, und auf den Zustand des Stuhls, auf dem er sitzt. Angesichts des schlechten Zustands der Stühle in diesem Raum sind die meisten von uns allerdings gezwungen, eine fötale Sitzposition einzunehmen, und wenn wir davon

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