Blind
überzeugend für Curves Fitness ins Zeug; und der etwa zehnjährige Sohn, dem wahrscheinlich Körbchengröße C gut gepasst hätte, trug einHOOTERS-T-Shirt. Daneben wirkte Ruger fast elfenhaft, ein Eindruck, den die zierlichen gewölbten Augenbrauen und die spitzen Ohren mit Ohrläppchen, die von einem zarten Flaum bedeckt waren, noch verstärkten. Er trug Slipper mit Bommeln. Jude verabscheute Slipper mit Bommeln.
»Na, du bist ja ein ganz Braver«, sagte Ruger. »So ein Braver.«
Jude hatte seinen Schritt verlangsamt, sodass Georgia ihn einholte und gerade an ihm vorbeigehen wollte, als sie Ruger erkannte und abrupt stehen blieb.
Ruger schaute auf und strahlte sie höflich an. »Ihr Hund, Ma'am?« Seine Augen verengten sich, und ein verdutzter Ausdruck des Erkennens huschte über sein Gesicht. »He, die kleine Marybeth, und so erwachsen. Das ist aber eine Überraschung. Bist du auf Besuch? Ich hab gehört, du lebst jetzt in New York.«
Georgia sagte kein Wort. Sie schaute Jude von der Seite an. Ihre blauen Augen leuchteten erschrocken. Als hätte er gewusst, nach wem sie suchten, hatte Angus sie direkt zu ihm geführt. Vielleicht hatte Angus es gewusst. Vielleicht hatte der schwarze Hund aus Rauch, der im Innern von Angus lebte, es gewusst. Georgia schaute Jude an und schüttelte den Kopf. Nein, tu's nicht! Aber er achtete nicht auf sie und machte einen Schritt auf Angus und Ruger zu.
Ruger schaute jetzt zu Jude, und sein Gesicht strahlte plötzlich vor Aufregung und Freude. »Mein Gott, Judas Coyne, der Rockstar! Mein Sohn hat alle Ihre Alben. Kann nicht gerade behaupten, dass die Lautstärke, mit der er sie hört, nach meinem Geschmack ist.« Er steckte sich einen Finger ins Ohr, als würden seine Ohren von der letzten Begegnung mit Judes Musik noch immer klingeln. »Aber eins ist sicher, er ist schwer beeindruckt von Ihnen.«
»Sie werden gleich auch schwer beeindruckt sein,Sie Arschloch«, sagte Jude und schlug Ruger mit der rechten Faust mitten ins Gesicht. Man hörte das Knacken, mit dem die Nase brach.
Ruger taumelte, krümmte sich zusammen und hielt sich die Nase. Das pummelige Pärchen, das hinter ihm stand, trat auseinander, und Ruger stolperte zwischen ihnen hindurch nach hinten. Der Junge stand hinter seinem Vater und lugte grinsend um dessen Schulter herum.
Jude verpasste Ruger mit der Linken einen Magenschwinger. Er ignorierte den stechenden Schmerz, der ihm dabei durch die verletzte Hand fuhr. Der Autohändler knickte in den Knien ein, Jude fing ihn auf und warf ihn auf die Haube eines Pontiac, unter dessen Windschutzscheibe ein Schild mit der Aufschrift EIN WORT, UND ER GEHÖRT IHNEN!!! BILLIG!!! steckte.
Ruger wollte sich auf der Motorhaube aufsetzen, aber Jude griff ihm zwischen die Beine, suchte seine Weichteile und fand sie. Er drückte zu. Er spürte das Knirschen, als er die zähe Masse von Rugers Eiern in seiner Faust zusammenpresste. Ruger schoss kreischend in die Höhe, aus seinen Nasenlöchern blubberte dunkles Blut. Mit hochgerutschten Hosenbeinen kauerte er auf der Motorhaube, als Angus ihn knurrend ansprang, einen seiner Füße packte und so lange daran zerrte, bis er ihm einen Slipper heruntergerissen hatte.
Die dicke Frau schlug sich die Hände vors Gesicht, lugte aber weiter zwischen zwei gespreizten Fingern hindurch.
Jude hatte noch Zeit für zwei weitere Haken, bevor ihn Georgia am Ellbogen packte und wegzog. Auf halbem Weg zum Wagen fing sie an zu lachen, und als sie wieder im Mustang saßen, schlang sie ihm die Arme um den Hals, kaute an einem seiner Ohrläppchen herum, bepflasterte seinen Bart mit Küssen und drückte sich zitternd an ihn.
Angus hatte immer noch Rugers Slipper im Maul, als sie wieder auf den Highway fuhren, wo Georgia ihm im Tausch gegen eine Knackwurst den Schuh abhandelte, um diesen dann an seinen Bommeln am Rückspiegel aufzuhängen.
»Macht was her, oder?«
»Besser als Plüschwürfel«, sagte Jude.
SCHMERZEN
35
Das Haus von Jessica McDermott Price lag in einer Neubausiedlung. Die Vinylfassaden der stattlichen im Kolonial- und Cape-Cod-Stil erbauten Häuser leuchteten in Eiscremebudenfarben wie Vanille oder Pistazie. Die Straßen, an denen sich die Häuser auffädelten, schlängelten und wanden sich wie Gedärm. Sie fuhren zweimal vorbei, bis Georgia schließlich die Nummer auf dem Briefkasten entdeckte. Das Haus erstrahlte in einem fluoreszierenden Gelb, das an Mango-Sorbet oder Warnleuchten erinnerte. Ein spezieller architektonischer
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