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Blind

Blind

Titel: Blind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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Stil war nicht erkennbar, es sei denn, man hielte groß, fade und vorstadtamerikanisch für einen Stil. Jude fuhr noch etwa hundert Meter weiter, bog dann in eine Einfahrt aus trockener roter Erde ein und ließ den Wagen vor einem halb fertigen Haus ausrollen.
    Von der Garage stand erst das Gerüst. Auf den Kieferbalken, die aus dem Zementfundament in die Höhe ragten, saß der offene Dachstuhl, über den eine Plastikplane gespannt war. Die Arbeiten an dem dazugehörigen Haus waren nur unwesentlich weiter fortgeschritten. Sperrholzplatten mit rechteckigen Aussparungen für Fenster und Türen waren an die senkrechten Balken getackert.
    Jude wendete den Mustang und setzte ihn rückwärts in die torlose, leere Garage, sodass er mit der Haube zur Straße stand. Von hier hatten sie einen guten Blick auf das Price-Haus. Er stellte den Motor ab, und eine Zeit lang saßen sie schweigend da und lauschten dem leisen Ticken des abkühlenden Motors.
    Sie hatten die Strecke in guter Zeit geschafft. Es war kurz vor ein Uhr morgens.
    »Was machen wir jetzt? Hast du einen Plan?«, fragte Georgia.
    Jude zeigte auf die andere Straßenseite, wo ein paar große Mülleimer am Randstein standen. Dann deutete er ein Stück weiter die Straße hinauf, wo die nächsten grünen Plastiktonnen standen.
    »Sieht ganz so aus, als würde heute früh die Müllabfuhr kommen«, sagte Jude. Er nickte in Richtung Jessica Price' Haus. »Ihre Tonnen stehen noch nicht draußen.«
    Georgia schaute ihn an. Der fahle Lichtstreifen einer Straßenlaterne fiel auf ihre Augen, die wie Wasser auf dem Grund eines Brunnens glitzerten. Sie sagte kein Wort.
    »Wir warten, bis sie den Müll rausträgt, und dann sorgen wir dafür, dass sie zu uns in den Wagen steigt.«
    »Und dann?«
    »Fahren wir ein bisschen in der Gegend rum und halten ein kleines Schwätzchen.«
    »Was, wenn ihr Mann den Müll rausbringt?«
    »Wird er nicht. Ihr Mann war Reservist, er ist im Irak gefallen. Das gehört zu den wenigen Sachen, die Anna mir von ihrer Schwester erzählt hat.«
    »Vielleicht hat sie inzwischen einen Freund.«
    »Wenn sie einen hat und der viel größer ist als ich, dann müssen wir eben auf eine andere Gelegenheit warten. Aber Anna hat nie was von einem Freund gesagt. Soweit ich das mitgekriegt habe, hat Jessica hier nur mit ihrem Stiefvater und ihrer Tochter gelebt.«
    »Was für eine Tochter?«
    Jude schaute vielsagend zu einem rosaroten Zweirad, das an Jessicas Garage lehnte. Georgia folgte seinem Blick.
    »Das ist auch der Grund, warum wir nicht gleich jetzt reingehen«, sagte Jude. »Die Kleine muss am Morgenin die Schule. Früher oder später ist Jessica allein im Haus.«
    »Und dann?«
    »Dann können wir das Nötige erledigen, ohne uns Sorgen machen zu müssen, dass die Kleine was sieht.«
    Eine Zeit lang saßen sie stumm da. Über den Palmen und Sträuchern hinter dem Rohbau erhob sich das rhythmisch wabernde Konzert der Insekten. Sonst lag die Straße still da.
    »Was machen wir mit ihr?«, fragte Georgia.
    »Was nötig ist.«
    Georgia kippte die Lehne zurück und schaute zum dunklen Wagendach hinauf. Bon beugte sich vor und winselte ihr bettelnd ins Ohr. Georgia kraulte sie am Kopf.
    »Die Hunde haben Hunger, Jude.«
    »Die müssen warten«, sagte Jude, ohne den Blick von Jessica Price' Haus abzuwenden.
    Er hatte Kopfschmerzen, die Knöchel taten ihm weh, und er war übermüdet. Er war so ausgelaugt, dass es ihm schwerfiel, sich länger auf einen Gedanken zu konzentrieren. Seine Gedanken waren schwarze Hunde, die sich endlos wie von Sinnen im Kreis drehten und nach dem eigenen Schwanz schnappten, ohne ihn jemals zu erwischen.
    Er hatte in seinem Leben schon einige üble Dinge angestellt – nicht zuletzt, dass er Anna in den Zug gesetzt und zu ihren Verwandten in den Tod geschickt hatte –, aber nichts war mit dem zu vergleichen, was ihm möglicherweise jetzt bevorstand. Er war sich nicht sicher, was er würde tun müssen, ob es vielleicht sogar – was er durchaus für möglich hielt – Tote geben könnte. In seinem Kopf hörte er Johnny Cash den »Folsom Prison Blues« singen … momma told me, son, always be a good boy, don't ever play with guns. Er dachte an seine große John-Wayne-.44er, die er zu Hause gelassen hatte. Wenner die Waffe mitgenommen hätte, wäre es einfacher, etwas aus Jessica Price herauszubekommen. Nur dass Craddock ihn, wenn er sie mitgenommen hätte, schon dazu gebracht hätte, Georgia, die Hunde und schließlich auch sich selbst zu

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