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Blind

Blind

Titel: Blind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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genügend Kraft in den Beinen, sodass er stattdessen sienach unten zog und in die Knie zwang. Verschwommen, einen Augenblick lang, schoss ihm der Satz die Toten ziehen die Lebenden nach unten durch den Kopf und war gleich wieder verschwunden. Georgia zitterte. Sie drückte ihr nasses Gesicht gegen seinen Hals.
    »Jude«, sagte sie. »Jude, was ist bloß los mit dir?«
    Er konnte ihr noch nicht antworten, er war noch zu sehr außer Atem. Er starrte den schwarzen Mustang an, der zitternd auf seinen Stoßdämpfern stand. Die gezähmte Kraft des im Leerlauf brummenden Motors schüttelte das ganze Fahrgestell durch.
    Georgia redete weiter. »Ich hab gedacht, du bist tot. Ich hab dich am Arm gepackt und gedacht, du bist tot. Warum sitzt du hier im Wagen? Bei laufendem Motor und geschlossenem Scheunentor?«
    »Gibt keinen Grund.«
    »Hab ich irgendwas gemacht? Hab ich irgendwelche Scheiße gebaut?«
    »Was redest du da?«
    »Ich weiß nicht«, sagte sie und fing an zu weinen und hilflos mit den Armen herumzuwedeln. »Es muss doch einen Grund dafür geben, dass du hier in deiner Karre sitzt und dich umbringen willst.«
    Noch immer kniend, wandte er ihr das Gesicht zu. Er merkte, dass er sich noch immer an ihrem schmalen Handgelenk festhielt. Er nahm auch das andere Handgelenk. Die verstrubbelten schwarzen Haare umrahmten ihren Kopf, die Ponyfransen hingen ihr ins Gesicht.
    »Irgendwas stimmt hier nicht, aber ich bin nicht in die Scheune, um mich umzubringen. Ich hab mich nur ins Auto gesetzt, weil ich ein bisschen Musik hören und nachdenken wollte. Und den Motor hab ich nicht angelassen, der hat sich selbst angelassen.«
    Sie wand ihre Handgelenke aus seinem Griff.
    »Hör auf!«
    »Es war der tote Mann.«
    »Hör auf! Hör auf damit!«
    »Der Geist aus dem Flur. Ich hab ihn wieder gesehen. Er hat neben mir im Wagen gesessen. Entweder hat er den Mustang gestartet, oder ich hab ihn gestartet, ohne dass ich mitbekommen hab, was ich tue, weil er wollte, dass ich es tue.«
    »Weißt du eigentlich, wie durchgeknallt sich das anhört? Wie durchgeknallt sich das alles anhört, was du hier erzählst?«
    »Wenn ich durchgeknallt bin, dann ist es Danny auch. Deshalb ist er jetzt auch weg. Er hat das nicht gepackt.«
    Georgia starrte ihn an. Die Augen hinter den sanft gewellten Haarfransen waren klar, hell und angsterfüllt. Mechanisch schüttelte sie verneinend den Kopf.
    »Los, raus hier«, sagte er. »Hilf mir auf.«
    Sie schob einen Arm unter seine Achseln und zog ihn hoch. Seine Knie waren wie ausgeleierte Sprungfedern, elastisch in jede Richtung, ohne jeden Halt. Kaum hatte er es in die Senkrechte geschafft, stolperte er auch schon nach vorn. Er streckte die Arme aus und stützte sich auf der warmen Motorhaube ab.
    »Mach den Motor aus«, sagte er. »Und nimm die Schlüssel mit.«
    Georgia hob den Staubmantel auf, der neben dem Mustang auf dem Boden lag, und warf ihn auf den Rücksitz. Hustend fächelte sie mit einer Hand gegen den Abgasnebel an, stieg in den Wagen und schaltete den Motor aus. Die plötzliche Stille war beängstigend.
    Bon drängte sich gegen Judes Bein und wollte besänftigt werden. Judes Knie drohten einzuknicken, also stieß er Bon mit dem Bein zur Seite. Sie jaulte auf und brachte sich mit einem Satz in Sicherheit.
    »Verpiss dich«, sagte er.
    »Warum lässt du sie nicht in Frieden?«, sagte Georgia.
    »Immerhin haben dir die beiden das Leben gerettet.«
    »Was?«
    »Hast du das Bellen nicht gehört? Ich bin nur aus dem Haus, weil ich sie beruhigen wollte. Die waren völlig hysterisch.«
    Er bereute jetzt seinen Fußtritt und drehte sich um, ob Bon nahe genug war, dass er sie streicheln konnte. Aber sie hatte sich in die Scheune zurückgezogen, lief im Halbdunkel hin und her und beobachtete ihn mit mürrischen, vorwurfsvollen Augen. Jude fragte sich, wo Angus war, und schaute sich nach ihm um. Der Rüde stand mit dem Rücken zu Jude im offenen Scheunentor, den Schwanz senkrecht in der Höhe. Mit regungslosem Kopf starrte er die Einfahrt hinunter.
    »Was sieht er da?«, fragte Georgia.
    Absurde Frage. Jude hatte keine Ahnung. Er stützte sich am Wagen ab und war zu weit weg vom Scheunentor, um nach draußen in den Hof sehen zu können.
    Georgia steckte die Schlüssel in die Tasche ihrer schwarzen Jeans. Sie hatte sich inzwischen ihren rechten Daumen verbunden. Sie drückte sich an Jude vorbei, ging zum Scheunentor und schaute, während sie Angus über den Rücken strich, nach draußen und dann zu

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