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Blinde Angst

Titel: Blinde Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George D Shuman
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und rauchten Marihuana, wenn Bedard nicht da war – und Bedard hatte sich nicht mehr blicken lassen, seit der Mann mit der grünen Hose hier war.
    Er sollte sicher nicht ohne die Wächter hier sein, dachte sie sich. An seinem Gesichtsausdruck konnte sie erkennen, dass er nicht gewusst hatte, was hier unten passierte – bis sie ihn gerufen hatte.
    In den letzten Wochen hatte sich eindeutig irgendetwas verändert. Zuerst fiel ihr auf, dass keine Lastwagen mit neuen Mädchen mehr kamen. Dann war Bedard immer häufiger und immer länger weg. Und dieser Mann mit der grünen Hose war der erste Zivilist, den sie seit ihrer Ankunft hier gesehen hatte; und ihr war sofort klar gewesen, als sie ihn allein sah, dass sie das Risiko eingehen musste.
    Aleksandra wischte sich mit beiden Händen den Schweiß und Schmutz aus dem Gesicht. Sie schloss die Augen, als sie ein Schwindelgefühl verspürte, das mit einer beginnenden Ohrenentzündung einherging. Sie setzte sich nieder, die Knie an die Brust gezogen. Am Vormittag stieg die Temperatur in der Zelle rasch. Sie öffnete die Augen und blickte in den staubigen Lichtstrahl, der durch die Belüftungsöffnung hereindrang; er sah aus wie ein Laser, der die Zelle in zwei Hälften zerteilte.
    Sie hatte sich in den letzten Wochen oft darüber gewundert, wie einfach dieses Sklavengeschäft war – so einfach und doch für die meisten gebildeten Menschen völlig unbegreiflich.
    Man hätte erwartet, dass ein Verbrechen dieser Dimension mit besonders raffinierten Mitteln und großem Aufwand ausgeführt wurde. Doch das war ganz und gar nicht der Fall; in Wahrheit hatte dieser Handel mit Menschen etwas sehr Primitives, was Aleksandra auf den Vergleich mit Vieh kommen ließ. Rinder wurden einem auch nicht von sterilen Männern in gestärkten weißen Kitteln auf den Sonntagsteller geliefert. Rinder standen in ihrer eigenen Scheiße und warteten darauf, dass ihnen jemand mit dem Bolzenschussapparat in den Kopf feuerte, dass man sie betäubt aufhängte und ausbluten ließ. Das Ganze war eine mörderische schmutzige Sache, die von Männern mit Gummianzügen besorgt wurde. Nichts da mit grünen Weiden und sauberen Theken im Delikatessenladen. Beim Menschenhandel war es ganz ähnlich. Hier wurden auch keine raffinierten Pläne ausgeklügelt.
    Es begann mit Lügen und rostigen Frachtschiffen oder schmutzigen Lastwagen. Man war tagelang in einen dunklen Laderaum oder einen Käfig gesperrt. Dann wurde man geschlagen und vergewaltigt und heroinabhängig gemacht. Wenn man schließlich vollständig gebrochen war, war man bereit für den Markt. Danach verbrachte man den Rest seines Lebens damit, fremden Männern zu Willen zu sein.
    Jeder Idiot hätte das tun können, jeder Idiot ohne Gewissen.
    Durch die Belüftungsöffnung hörte sie das Dröhnen eines Militärjets. Es war schon der dritte dieses Typs, der in dieser Woche vorbeiflog. Sie erkannte das an verschiedenen Kleinigkeiten; die Flughöhe war anders und auch die Tageszeit. Außerdem hörte es sich anders an, wenn die Verkehrsflugzeuge sich irgendeinem Flughafen in der Gegend näherten. Da war irgendetwas im Gange – offenbar hatte endlich jemand beschlossen, sich dieses gottverlassene Land einmal näher anzusehen.

10
    Philadelphia, Pennsylvania
    Brigham saß am Kopfende des Tisches in Sherrys Esszimmer. Sherry saß in der Mitte, dem Mann gegenüber, den Brigham ihr nur als Graham vorgestellt hatte. Sie wusste nicht, wo Graham arbeitete, und würde auch nicht danach fragen. Er tat ihr einen Gefallen, indem er zu diesem Gespräch bereit war, das im Übrigen nie würde stattgefunden haben.
    Brigham hatte wenig Begeisterung gezeigt, ihr in der Sache weiterzuhelfen, die sie seit ihrer Reise nach Alaska beschäftigte – vor allem nachdem er erfahren hatte, wer der tote Bergsteiger am Denali war, dessen letzte Gedanken sie gesehen hatte.
    Er erinnerte Sherry daran, dass sie durch kein Gesetz der Welt, auch kein moralisches, verpflichtet war, wegen jeder verdammten Sache, die sie zufällig im Kopf eines Toten sah, etwas zu unternehmen. Es kam ihm vor, als sei sie geradezu erpicht darauf, sich unnötigen Ärger einzuhandeln – dabei gebe es doch auch so genug Ärger auf der Welt, der darauf wartete, dass sich jemand darum kümmerte. Ganz zu schweigen von den Anrufen und Briefen, die sie tagtäglich bekam, und in denen sie inständig gebeten wurde zu helfen.
    »Kannst du nicht bei den Serienkillern und Psychopathen bleiben?«, hatte er im Scherz gemeint,

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