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Blinde Angst

Titel: Blinde Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George D Shuman
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langen Geschichte immer schon vorgekommen.
    Man sollte meinen, dass es nicht möglich war, jemanden auf einer tropischen Insel einfach verschwinden zu lassen, doch die Sache lag etwas anders, wenn es dort Bergwälder gab, die bis auf 3000 Meter Höhe reichten, oder wenn die Küsten stark zerklüftet waren und viele abgelegene Buchten aufwiesen. Die Schmuggler kannten diese Küsten genau, sie waren mit Jetbooten und Schwimmerflugzeugen ausgerüstet, mit Katamaranen und Motorschaluppen, die ständig zwischen den Sandbänken unterwegs waren. Und dabei war es in Jamaika noch nicht einmal so schlimm wie im Hinterland von Haiti oder der Dominikanischen Republik, oder gar auf dem Festland in Nicaragua oder Kolumbien, wo es Berge gab wie in Tibet und Dschungel so tief und dunkel wie im Kongo, und wo die Gesetze, wenn es überhaupt welche gab, von Kriegsherren, Drogenbossen oder Rebellen gemacht wurden. Das waren Länder, deren Regierungen sich nicht darum kümmerten, ob irgendwo im Ausland jemand vermisst wurde. Es waren Länder, die größere Probleme hatten, nämlich Krieg, Armut und Drogen.
    Kurz gesagt, es gab südlich von Miami so viel unbewohntes und unzugängliches Land, dass keine Regierung hätte sagen können, was dort passierte, und die Bevölkerung war zumeist vom Geld ihrer Schmuggler und Drogenbarone abhängig. Wenn in einem dieser armen Länder jemand verschwand, konnte man nicht erwarten, dass sich jemand auf die Suche begeben würde.
    Kaum näherte Rolly King George sich dem Land, kamen wie immer fliegende Händler in allen Altersgruppen auf ihn zu.
    »Ga-lang-bout-yu-business« – Ich brauch nix –, rief er und lenkte das Boot am Pier von Frenchman's Cove entlang. George fand, dass das Patois, das in Jamaika gesprochene Englisch, weniger einschüchternd auf seine Landsleute wirkte.
    Er blickte zurück, um sich zu vergewissern, dass die Frau im Heck vollständig mit einer Plane bedeckt war.
    »No-badda-me!« – Lasst mich in Ruhe –, rief er den Leuten zu, schaltete in den Leerlauf und trat aus dem Boot. Er legte die Bug- und Heckleinen über die Pfähle und sah sich um.
    Eine Handvoll Touristen beobachtete ihn neugierig von den Terrassen der Hotels aus. Bei dem Seil, mit dem der Privatstrand für Hotelgäste abgegrenzt war, stand ein bärtiger alter Jamaikaner mit grauen Dreadlocks und blies einen klagenden Ton auf einem Muschelhorn.
    Rolly King George rief einen Teenager zu sich, der Papayablätter zusammenkehrte. Er zeigte ihm seine Polizeimarke und einen Zehndollarschein und hielt den Schlüssel seines Toyota-Pick-ups hoch, den er in Port Antonio geparkt hatte. »Kannst du fahren, Junge?«
    Der Junge nickte.
    Er sagte ihm, wo der Wagen stand, und legte das Geld auf das Armaturenbrett des Bootes neben eine automatische Pistole.
    »Und fahr vorsichtig, Junge. Ich erfahre alles.«
    Der Junge nahm den Autoschlüssel, nickte eifrig und lief barfuß, wie er war, los. Der Polizeiinspektor setzte sich ins Boot und wartete.
    Der Junge musste per Anhalter nach Port Antonio gelangen, und eine Strecke dauerte etwa zwanzig Minuten. Er musste Glück gehabt haben, denn nach nur einer Stunde war er zurück. George trug die eingehüllte Leiche vom Boot auf die Ladefläche seines Pick-ups, wo er sie unter einer Plane festband. Er dachte nicht mehr an mögliche Spuren, die noch an ihr zu finden sein könnten; das Meer hatte bestimmt alles ausgelöscht. Wenn es Hinweise gab, dann würde man sie in ihr finden. Die Nahrungsreste im Magen, Chemikalien in den Organen, im Gewebe oder im Blut, Zahnplomben, fremde DNA, die Tinte, die für die Tätowierung benutzt worden war.
    Zwei Stunden später steckte er im Verkehr am Stadtrand von Kingston, als sein Handy klingelte.
    »Helmut Dantzler«, meldete sich der Deutsche kurz und knapp.
    »Mr. Dantzler.« Roily King George saß gerade hinter einem Taxi fest, das gegen einen Pick-up gekracht war, der Kisten mit Hühnern geladen hatte. Die Leute riefen aus ihren Autos, und Federn flogen durch die Luft.
    »Inspektor Rolly King George von der Jamaica Constabulary Force. Ich war letztes Jahr auf der Konferenz in Alberta, wir haben uns am Aufzug noch die Hände geschüttelt, bevor Sie wegfuhren. Sie haben mich gefragt, ob ich Premierministerin Simpson-Miller kenne, und ich habe sie von Ihnen gegrüßt.«
    »Ja«, sagte Dantzler neugierig. »Ich erinnere mich an Sie.«
    »Wir hörten auf der Konferenz einen Bericht von einem bulgarischen Polizisten, über Frauen, die nach Südamerika

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