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Blinde Goettin

Blinde Goettin

Titel: Blinde Goettin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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er seine Mütze tief ins Gesicht gezogen hatte, erkannte sie ihn sofort.
    »Jørgen La…«
    Weiter kam sie nicht. Der Schraubenschlüssel traf sie über dem Auge, und sie sackte zusammen, ohne sich weiter zu verletzen. Aber selbst wenn, sie hätte es nicht gemerkt. Sie war bewußtlos. Der Hund war außer sich. Er stürzte knurrend und bellend auf den Eindringling los und sprang ihm an die Brust. Dort verbiß er sich in der weiten Jacke, wurde aber abgeschüttelt, als Lavik seinen Oberkörper heftig bewegte. Der Hund ließ sich nicht beirren. Er packte den Unterarm des Anwalts, und diesmal konnte der sich nicht losreißen. Es tat höllisch weh. Durch den intensiven Schmerz mit außergewöhnlicher Kraft ausgestattet, hob er den Hund hoch, aber auch das half nichts. Der Schraubenschlüssel war heruntergefallen; Lavik ging das Risiko ein, dem Vieh wieder Boden unter den Füßen zu geben. Das hätte er nicht tun sollen. Der Hund ließ den Arm für einen Moment los, um dann weiter oben erneut zuzupacken. Das tat noch schlimmer weh. Der Schmerz umnebelte ihn allmählich, und er wußte, daß er nicht mehr viel Zeit hatte. Endlich bekam er den Schraubenschlüssel zu fassen. Mit tödlichem Schlag zerschmetterte er den Schädel des tollen Hundes, der aber trotzdem nicht losließ. Tot und schlaff hing er da, und Lavik brauchte fast eine Minute, um die starken Kiefer von seinem Arm zu lösen. Er blutete wie ein Schwein. Mit Tränen in den Augen sah er sich um und entdeckte an einem Haken in der offenen Kochnische einige grüne Handtücher. Schnell machte er sich einen provisorischen Verband; jetzt tat es schon nicht mehr ganz so weh. Später würde der Schmerz grausam zurückkehren, das wußte er. Teufel auch.
    Er rannte ins Erdgeschoß und öffnete den Benzinkanister. Systematisch verteilte er dessen Inhalt in der gesamten Hütte. Er war überrascht zu sehen, wie weit zehn Liter reichten. Schon bald stank es überall wie auf einer alten Tankstelle. Der Kanister war leer.
    Etwas stehlen! Es mußte aussehen wie ein Einbruch. Warum hatte er nicht schon früher daran gedacht? Er hatte nichts zum Tragen mitgebracht, aber irgendwo fand sich hier bestimmt ein Rucksack. Unten. Sicher unten. Da gab es einen Verschlag für Sportgeräte. Er rannte los.
    Sie begriff nicht, was das für ein seltsamer Geschmack war. Sie schmatzte leicht. Das war sicher Blut. Bestimmt ihr eigenes. Sie wollte wieder schlafen. Nein, das ging nicht, sie mußte doch die Augen aufmachen. Aber warum? Weiterschlafen war besser. Es stank ganz entsetzlich. Ob Blut so roch? Nein, das ist Benzin, dachte sie und wollte lächeln, weil sie so viel wußte. Das ging nicht. Vielleicht sollte sie es noch einmal probieren. Es ging vielleicht besser, wenn sie sich umdrehte. Es tat schrecklich weh, als sie das versuchte. Trotzdem konnte sie sich fast auf den Bauch drehen. Etwas hinderte sie daran, es ganz zu schaffen. Etwas Warmes und Weiches. Ihre Hand strich langsam über den Hundekörper. Cento. Sie wußte es sofort. Cento war tot. Sie riß die Augen auf. Der Hundekopf lag neben ihrem eigenen. Er war zerschmettert worden. Verzweifelt versuchte sie aufzusehen. Durch ihre blutigen Wimpern erkannte sie draußen vor dem Fenster einen Mann. Er preßte sein Gesicht gegen die Fensterscheibe und schirmte seine Augen mit den Händen ab, um besser sehen zu können.
    Was macht denn Peter Strup hier, konnte sie noch denken, dann sank sie wieder in sich zusammen und fiel weich auf die Hundeleiche.
    In der Hütte gab es nicht viele Wertsachen. Einige Ziergegenstände und drei Silberleuchter mußten ausreichen. Das Besteck in der Küchenschublade war aus Stahl. Es stand nicht fest, daß der Diebstahl überhaupt entdeckt werden würde. Wenn er Glück hatte, würde die ganze Bude bis auf den Grund abbrennen. Er verschnürte den grauen Sack, zog Streichhölzer aus der Jackentasche und ging zur Verandatür.
    Dort sah er Peter Strup stehen.
     
    Das Motorrad war nicht besonders gut für Geländerennen geeignet. Außerdem war sie steifgefroren und merkte, daß ihre Koordinationsfähigkeit und ihre Kräfte für heute aufgebraucht waren. Nur wenige Meter hinter dem Waldrand hielt sie an und stieg steif von der Mühle. Håkon sagte kein Wort. Es wäre Zeitverschwendung gewesen, wenn sie versucht hätte, den Motorradständer auf dem unebenen Boden auszuklappen, und deshalb wollte sie die schwere Maschine vorsichtig auf die Seite legen. Dreißig Zentimeter über dem Boden rutschte sie ihr aus den

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