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Blinde Goettin

Blinde Goettin

Titel: Blinde Goettin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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beneidenswerten Fruchtbarkeit, bisher nicht weniger als vier Kinder von ebenso vielen Müttern eingebracht hatte. Er hatte mit keiner je zusammengelebt, liebte aber seine Söhne, von denen zwei nur drei Monate auseinander waren. Und an jedem Monatsende bezahlte er mit nur leisem Fluchen seine Alimente.
    Hanne war auf der Suche nach Billy T. Sie stieg über Kleider und andere Gegenstände hinweg, die den Weg versperrten. Er ließ das Motorradheft sinken, in das er vertieft gewesen war, und musterte sie mit mildem Erstaunen.
    »Kannst du kurz mit in mein Büro kommen?« Eine vielsagende Bewegung mit Arm und Kopf verriet, wie sie die Möglichkeiten eines vertraulichen Gesprächs in diesem Zimmer einschätzte.
    Billy T. nickte, warf seine Zeitung beiseite, die begehrlich vom nächsten Leser geschnappt wurde, und folgte seiner Kollegin in den zweiten Stock hinunter.
    Hanne Wilhelmsen beugte sich über ihren Schreibtisch und riß eine maschinegeschriebene Liste so heftig von der Wand, daß die Reißzwecken auf den Boden fielen.
    »Das ist eine Liste der festen Verteidiger hier in der Stadt, sowie von einigen anderen, die nicht fest sind, aber trotzdem Strafprozesse übernehmen. Ungefähr dreißig insgesamt.«
    Billy T. legte seinen kugelrunden Kopf schräg und sah sich interessiert die Liste an. Er kniff leicht die Augen zusammen, die Schrift war sehr klein, damit alle Namen auf einer Seite Platz fanden.
    »Was sagst du zu denen?« fragte Hanne.
    »Was ich zu denen sage? Wie meinst du das?« Er ließ seinen Finger über das Blatt gleiten. »Der ist in Ordnung, der ist okay, der ist ein Arsch, die ist sehr in Ordnung«, fing er an. »Ist es das, was du hören möchtest?«
    »Im Grunde nicht«, murmelte sie zögernd. »Wer von denen hat die meisten Rauschgiftsachen?« fragte sie kurz darauf.
    Billy T. nahm sich einen Kugelschreiber und malte ein Kreuzchen neben sechs Namen. Hanne ließ sich die Liste zurückgeben und starrte sie an. Dann legte sie sie beiseite und schaute aus dem Fenster.
    Dann fragte sie. »Hast du irgendein Gerücht gehört, daß sie selbst in Rauschgiftgeschäfte verwickelt sind?«
    Billy T. schien über diese Frage nicht erstaunt zu sein. Er biß sich in den Daumen. »Das ist ernst gemeint, nicht wahr? Wir hören schließlich verdammt viel, und nur ein Bruchteil davon ist zu glauben. Aber du möchtest wissen, ob mir je so ein Verdacht gekommen ist, oder?«
    »Ja, genau das.«
    »Um es mal so zu sagen: Wir haben schon ab und zu Grund zu dieser Frage gehabt. In den letzten zwei Jahren ist irgend etwas mit dem Markt passiert. Etwas Undefinierbares, das wir nicht ordentlich zu fassen kriegen. Eine Sache ist das ewige Problem mit Stoff im Knast. Das kriegen wir nicht in den Griff. Die Kontrollen werden dauernd verschärft, aber das bringt nichts. Aber auch auf der Straße passiert irgendwas. Die Preise sinken. Das bedeutet reichliches Angebot. Die reine Marktwirtschaft, weißt du. Ich höre ja Gerüchte. Aber die sind schrecklich widersprüchlich. Wenn du also fragst, ob ich je einen von diesen Anwälten verdächtigt habe, dann muß ich vor dem Hintergrund meines Wissens mit Nein antworten.«
    »Und wenn ich nach deinen geheimsten Gedanken und Instinkten frage und du mir keinen Grund zu nennen brauchst, wie fällt deine Antwort dann aus?«
    Billy T. vom Unruhekommando fuhr sich über seinen glatten Schädel, griff nach dem Papier und tippte mit seinem schmutzigen Zeigefinger auf einen Namen. Sein Mittelfinger glitt über die Seite und kam bei einem zweiten zum Stillstand.
    »Wenn ich wüßte, daß etwas anliegt, dann würde ich mich als erstes um diese beiden kümmern«, sagte er. »Vielleicht, weil es Klatsch gegeben hat, vielleicht, weil ich sie nicht leiden kann. Mach daraus, was du willst. Ich habe nichts gesagt, okay?«
    Hanne Wilhelmsen beruhigte ihren Kollegen. »Du hast das nie gesagt, und wir beide haben nur kurz über alte Zeiten geplaudert.«
    Billy T. nickte, lächelte und transportierte seinen zwei Meter langen Körper zurück ins Bereitschaftszimmer im vierten Stock.

FREITAG, 2. OKTOBER
    Karen Borg erhielt im Zusammenhang mit ihrem neuen, unerwünschten Mandat weitere Anrufe. An diesem Vormittag meldete sich ein Journalist. Er wirkte aufdringlich nett und nervig. Sie war den Umgang mit Journalisten nicht gewöhnt und reagierte mit untypischer Schroffheit. Im Grunde antwortete sie ausschließlich mit einsilbigen Wörtern. Erst brachte er ein Vorpostengefecht, in dem er sie mit seinem gewaltigen

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