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Blinde Goettin

Blinde Goettin

Titel: Blinde Goettin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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der Brust. Er lief auf die Garage zu, die unten an der Straße lag. Die Garagentür öffnete sich, noch ehe er sie erreicht hatte. Automatik, schlossen die beiden im Dienstwagen.
    Der Volvo war dunkelblau und, da er mit Licht fuhr, leicht zu verfolgen. Billy T. hielt auf Distanz, es war um diese Zeit so wenig Verkehr, daß die Gefahr, das Auto aus den Augen zu verlieren, minimal war.
    »Wahnsinn, mit nur einer Einheit zu beschatten«, murmelte Billy T. »Die Jungs sind doch paranoid. Wir brauchten mindestens zwei Wagen.«
    »Geld, Geld«, antwortete Hanne. »Der hier ist das Spiel nicht gewöhnt. Er schaut sich nicht mal um.«
    Sie fuhren zur Storo-Kreuzung hinunter. Gelb und gedankenleer wie einfältige Zyklopen leuchteten die Ampeln und lockten die Autofahrer ins Unglück. Zwei Wagen standen quer über dem Store Ringvei, einer vorn ziemlich übel mitgenommen. Hanne und Billy T. konnten sich davon nicht aufhalten lassen und fuhren weiter nach Sandaker.
    »Er hält an!« sagte Hanne plötzlich.
    Der Volvo stand mit laufendem Motor neben einer Telefonzelle in Torshov. Lavik bekam die Tür nicht auf, Frost und Schnee waren dagegen. Als er einen ausreichend breiten Spalt zustande gebracht hatte, quetschte er sich hinein. Billy T fuhr ruhig weiter und machte hinter der nächsten Ecke schlitternd kehrt. Er fuhr zurück zur Kreuzung und hielt etwa fünfzig Meter von dem Mann in der Telefonzelle entfernt. Dem war offenbar das Licht in der Zelle unangenehm, er krümmte sich, um sein Gesicht zu schützen. Er kehrte den beiden im Dienstwagen den Rücken zu.
    »Anruf aus einer Zelle. Aha. Freitagnacht. Unser Verdacht ist sicher richtig«, sagte Billy T. mit unverhohlener Zufriedenheit. »Vielleicht hat er ja eine Geliebte.« Hanne goß Schierling in den Becher, ohne jedoch die Begeisterung ihres Kollegen dämpfen zu können.
    »Eine Geliebte, die er um zwei Uhr nachts aus einer Telefonzelle anruft? Nein, ehrlich gesagt«, tadelte er, nicht ohne fachliches Gewicht.
    Das Gespräch dauerte eine Weile. Die Straße war fast menschenleer, nur der eine oder andere beschwipste Nachtschwärmer torkelte durch den Schnee nach Hause, der jetzt alles bedeckte und schon im Oktober für Weihnachtsstimmung sorgte. Plötzlich warf der Mann den Hörer auf die Gabel. Noch immer hatte er es eilig. Er ließ sich ins Auto fallen, dessen Reifen sich zunächst im Leerlauf drehten, ehe es sich losriß und davonjagte.
    Der Dienstwagen glitt aus der Kreuzung und beschleunigte. Wieder hielt der Volvo abrupt an. In einer Nebenstraße in Grünerløkka schlingerte er in eine Parklücke. Der Dienstwagen hielt hundert Meter weiter weg. Jørgen Lavik verschwand hinter einer Hausecke. Hanne und Billy T. tauschten einen Blick, einigten sich stumm und stiegen aus. Billy T. nahm seine Kollegin in den Arm, flüsterte, sie seien ein Liebespaar, und eng umschlungen schlenderten sie zu der Straße, in die der Anwalt eingebogen war. Es war glatt, und Hanne mußte sich mehrmals an Billy T. anklammern, damit er nicht ausrutschte. Seine Stiefel hatten Ledersohlen.
    Sie bogen um die Ecke und sahen sie sofort. Lavik diskutierte leise mit einem Mann, wobei seine heftige Gestik einiges über den Inhalt des Gespräches verriet. Sie schienen einander nicht freundlich gesinnt. Hanne und Billy T. waren hundert Meter von ihnen entfernt. Hundert lange Meter.
    »Jetzt holen wir sie uns«, flüsterte Billy T. eifrig wie ein englischer Setter, der ein Schneehuhn wittert.
    »Nein, nein!!« fauchte Hanne. »Spinnst du? Mit welchem Grund denn? Sich nachts zu unterhalten ist nicht verboten.«
    »Grund? Was, zum Teufel, ist das? Wir nehmen doch jeden verdammten Tag Leute aus purem Instinkt fest!«
    Sie merkte, wie es in dem Riesen neben ihr zuckte, und hielt krampfhaft seine Jacke fest. Die beiden Männer hatten sie inzwischen entdeckt. Hanne und Billy T. konnten jetzt ihre Stimmen hören, die einzelnen Wörter jedoch nicht verstehen. Lavik schlug seinen Mantelkragen hoch und ging langsam, aber zielbewußt zu seinem Auto zurück. Hanne und Billy T. tarnten sich durch eine heiße Umarmung und hörten die Schritte in Richtung des dunklen Volvos verklingen. Der andere Mann war stehengeblieben. Plötzlich riß Billy T sich aus Hannes Umarmung los und stürzte auf den Fremden zu. Lavik war schon um die Ecke gebogen und nicht mehr zu sehen. Der Unbekannte rannte los, und Hanne blieb verwirrt stehen.
    Billy T war durchtrainiert, er näherte sich seiner Beute von Sekunde zu Sekunde mehr. Nach

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