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Blinde Goettin

Blinde Goettin

Titel: Blinde Goettin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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lebenserfahrener. Seine imponierenden dunkelgrauen Haare schlossen sich wie ein Stahlhelm um seinen Kopf. Ein Wikingerhäuptling mit Eisaugen.
    »Wie fühlst du dich denn als Verteidigerin?« lächelte er nach Portwein und drei Gängen samt Käsekuchen.
    »Ganz gut«, antwortete sie und hatte damit nicht zu viel und nicht zu wenig gesagt.
    »Und ist dein Mandant noch immer so psychotisch?«
    Wieso war er über den Gesundheitszustand des Niederländers informiert? Sie vergaß die Frage so rasch, wie sie aufgetaucht war.
    »Ja. Der Junge tut mir leid, wirklich. Sie kommen einfach nicht weiter mit der Sache, er ist zu durchgedreht. Er gehört in eine Klinik! Aber du kennst ja die Verhältnisse … frustrierend. Ich kann nicht viel für ihn tun.«
    »Besuchst du ihn?«
    »Ja, das schon. Jeden Freitag. Er scheint es schön zu finden in seiner Nebelwelt. Komisch.«
    »Nein, das ist überhaupt nicht komisch«, sagte Peter Strup mit einer leichten Handbewegung, die den Rauch von Karen Borgs Zigarette vertreiben sollte.
    »Stört dich das?« fragte sie und drückte die halbgerauchte Prince aus.
    »Nein, um Himmels willen«, versicherte er, griff nach der Packung, fischte eine neue Zigarette heraus und bot sie ihr an.
    »Es stört mich überhaupt nicht.«
    Sie lehnte die Zigarette trotzdem ab und steckte die Packung in die Handtasche.
    »Es ist nicht komisch, daß er sich über deine Besuche freut. Das ist immer so. Sicher bist du die einzige, die sich um ihn kümmert. Das ist ein Lichtpunkt im Dasein, etwas, worauf er sich vorher freuen kann und woran er sich bis zu deinem nächsten Besuch klammert. Egal, wie psychotisch er ist, er registriert doch, was passiert. Redet er?«
    Es war eine ganz unschuldige und in diesem Zusammenhang natürliche Frage. Dennoch wurde Karen hellwach, trotz der entspannten Atmosphäre und des angenehmen leichten Rauschs nach drei Glas Wein. »Nur sinnloses Gemurmel«, wehrte sie ab. »Aber er lächelt, wenn ich komme. Jedenfalls schneidet er eine Grimasse, die Ähnlichkeit mit einem Lächeln hat.«
    »Er sagt also nichts«, stellte Peter Strup leichthin fest und blickte sie über den Rand seines Weinglases hinweg an. »Und was murmelt er so?«
    Karen Borg biß die Zähne zusammen. Sie wurde verhört, und das gefiel ihr nicht. Bisher hatte sie das Essen genossen und sich in der Gesellschaft eines höflichen, gebildeten und charmanten Mannes wohl gefühlt. Er hatte Anekdoten aus dem Gerichtssaal und vom Sport erzählt, Witze mit dreifachem Boden, und alles mit einer Aufmerksamkeit gekrönt, von der sich auch attraktivere Frauen als Karen Borg geschmeichelt gefühlt hätten. Auch sie hatte sich geöffnet, mehr, als sie es gewöhnlich tat, und ihm erzählt, wie frustrierend sie ihr Leben als Anwältin für die Reichen und Schönen fand. Jetzt verhörte er sie. Das ließ sie sich nicht gefallen.
    »Ich rede nicht über konkrete Fälle. Schon gar nicht über diesen. Ich unterliege der Schweigepflicht. Außerdem finde ich, du bist mir langsam mal eine Erklärung für deine auffällige Neugier schuldig.« Sie hatte die Arme verschränkt, wie immer, wenn sie wütend oder verletzlich war. Jetzt war sie beides.
    Peter Strup stellte sein Glas beiseite und saß da wie ihr maskulines Spiegelbild; er verschränkte die Arme und blickte ihr in die Augen. »Die Sache interessiert mich, weil ich die Konturen von etwas ahne, das mich angeht. Als Anwalt, als Mensch. Ich habe die Möglichkeit, dich vor etwas zu beschützen, das gefährlich sein kann. Laß mich die Verteidigung übernehmen.«
    Er ließ seine Arme sinken und beugte sich zu ihr vor. Sein Gesicht war höchstens dreißig Zentimeter von ihrem entfernt, und unwillkürlich versuchte sie, ein Stück zurückzuweichen. Es gelang ihr nicht, ihr Hinterkopf schlug mit einem dumpfen Geräusch gegen die Wand.
    »Nimm das als Warnung. Entweder überläßt du den Niederländer mir, oder du mußt die Konsequenzen tragen. Ich kann dir eins versichern: Es wäre absolut zu deinem Besten, aus der Sache auszusteigen. Wahrscheinlich ist es noch nicht zu spät.«
    Im Lokal war es plötzlich zu heiß. Karen merkte, wie die Röte in ihre Wangen stieg und wie eine schwache Rotweinallergie ihren Hals mit Flecken überzog. Ihre BH-Bügel bohrten sich in ihre schweißnasse Haut, und sie sprang auf, um der Situation zu entkommen.
    »Und ich kann dir eins versichern«, sagte sie leise, während sie nach ihrer Handtasche griff, ohne ihn aus den Augen zu lassen. »Ich gebe den Jungen um

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