Blinde Verführung (German Edition)
Wut.“
„Übel, oder? Er hat fast fünf Minuten für das Schloss gebraucht, das ist echt zu lang.“ Heidi verschlang den letzten Krümel und klopfte ihre Hände sauber. „Aber anscheinend hat er Patrick selbst zu der Tür geraten. Blöd, wenn jemand von außen eine Haarnadel reinbohrt und abbricht.“
„Auftreten ging offensichtlich auch nicht.“
„Nein.“ Heidis Lippen zuckten verdächtig. „Fern liegt es mir, dieser blöden Ziege Respekt zu zollen, aber die hat es echt drauf.“
Marlene stöhnte leise. Hatte Patrick sie nicht schon vor Wochen genau davor gewarnt? „Hat Marco dir das alles freiwillig erzählt?“
„Er nicht. Kelly.“
Kopfschüttelnd aß auch Marlene auf und steckte die Ausschnitte sorgfältig gefaltet in ihre Handtasche. Zurück im Gebäude ging es durch die vielen langen, deprimierenden Gänge, denen auch pfirsichfarbene Wände kein freundlicheres Aussehen verleihen konnten. Von Sonnenlicht war keine Spur zu entdecken, und der Geruch nach Desinfektionsmitteln war auf unterschwellige Art abstoßend.
„Wartest du kurz draußen?“, bat sie, als sie vor Patricks Zimmer ankamen. „Es dauert nicht lange.“
„Na klar.“
Dankbar lächelnd klopfte Marlene und schlüpfte ins Zimmer, sobald Patrick sie hereinbat. Das erste, was ihr auffiel war Doktor Günther, der mit gezücktem Klemmbrett neben dem Bett stand. Und dann waren da die verbundenen Augen ihres … ihre Gedanken stolperten bei der Suche nach dem passenden Wort, bevor es bei Freund landete. Ihr Mund öffnete und schloss sich, doch kein Ton wollte aus ihrer Kehle entweichen.
„Guten Tag, Frau Moreau.“
„Hallo. Was ist denn passiert?“
Bitte machen Sie sich keine Sorgen, es ist alles in Ordnung.“
„Wirklich?“, fragte sie schwach. „Das sieht aber nicht so aus.“
„Ich habe vorhin, als du weg warst, plötzlich Kopfschmerzen bekommen“, erklärte Patrick. „Die Bandagen helfen.“
Verwirrt starrte Marlene ihn an.
„Seine Augen“, erklärte Doktor Günther. „Ich vermute, dass das neuerliche Trauma sie beeinflusst hat. Wir werden nachher einen CT-Scan machen und herausfinden, was da passiert. Bitte machen Sie sich wirklich keine Sorgen, ich bin sicher dass es keine ernstzunehmenden Komplikationen sind.“
„Ethan sagt immer, dass Schmerz im Körper einen Heilungsprozess anzeigt“, sagte Patrick ergeben. „Der Gedanke gefällt mir. Drück die Daumen, dass meine Rübe bald wieder heil ist, damit ich endlich hier rauskann.“
„Ja, natürlich.“ Sie ging zu ihm und streichelte seine zu lockeren Fäusten geballten Hände. Zu Doktor Günther gewandt sagte sie: „Wollen Sie ihn gleich mitnehmen?“
„Je eher, desto besser. Falls ein Eingriff nötig ist, wollen wir ihn so schnell wie möglich vornehmen. Sie können morgen selbstverständlich zu den normalen Besuchszeiten herkommen.“
„Okay.“ Sie küsste Patrick. „Dann geh ich mal besser. Umso schneller bist du wieder gesund, hm?“
Seufzend nickte er. „Grüß Heidi von mir, und sag den anderen, sie sollen nicht ständig anrufen. Ich komme mir schon vor wie auf dem Sterbebett.“
„Das kannst du ihnen schön selber sagen.“
„Sie hören mir nicht zu.“
Marlene küsste ihn vorsichtig auf die Naht an seiner Schläfe. „Dann musst du wohl da durch. Schlimm, wenn man so viele Freunde hat.“
Der Abschied fiel ihr schwer, aber der Arzt war ungeduldig und so fand sie sich schneller als ihr lieb war auf dem Beifahrersitz in Heidis Auto wieder.
„Meinst du, es ist was Schlimmes?“, fragte diese besorgt.
„Doktor Günther sagt nein, aber was wissen wir schon?“
„Mmh, stimmt.“ Heidi saugte ihre Unterlippe ein und machte ein nachdenkliches Gesicht. „Willst du ins Kino gehen? Sabrina und Nathalie haben angerufen. Wäre doch schön, mal wieder was mit ihnen zu machen, oder?“
Marlene hatte zwar keine Lust, aber sie hatte sich in den letzten paar Wochen wirklich rar gemacht und wusste, dass sie ihren Freunden eine Erklärung und ein paar Stunden ihrer Zeit schuldig war.
„Na gut“, seufzte sie, „aber bitte nicht diesen furchtbaren Schmachtfetzen.“
„Einverstanden!“ Heidi hüpfte aufgeregt auf ihrem Sitz herum. „Sie wollten sowieso den Film mit den kleinen, gelben Viechern sehen. Wir fahren schnell zu mir, brezeln uns auf, nehmen eine Flasche Sekt mit und dann kann es losgehen!“
Marlene schüttelte den Kopf über ihren Enthusiasmus, ein kleines Lächeln auf den Lippen. Es war schön, dass es jemanden gab, der sie
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