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Blinde Voegel

Blinde Voegel

Titel: Blinde Voegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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«Ich meine uns. Die Facebook-Spur ist hauchdünn, Bea, und bisher hat sie zu nichts geführt.»
    Wir machen leere Kilometer, das war es, was er sagen wollte. Leere Kilometer, für die unser Privatleben den Bach hinuntergeht. Aus einem Impuls heraus, der schneller war als ihre Bedenken, legte sie ihre Hand auf seine, fühlte den Ansatz eines Zurückzuckens und dann, wie er ihre Finger umfasste, mit sanftem Druck.
    «Diese Befragung noch», sagte Beatrice, «und wenn die nichts bringt, dann legen wir unseren ganzen Fokus auf die Drogenszene.» Parallel dazu konnte Tina ja immer noch ihre Runden durch die Lyrikgruppe drehen, abends. Statt Fernsehen.
    Florins Daumen glitt über die Innenseite ihrer Handfläche, einmal, zweimal, und sein Blick haftete an ihren ineinandergelegten Händen, als müsse er sich vergewissern, dass die Berührung echt war.
    Nichts von dem, was so greifbar im Raum stand, konnte Beatrice aussprechen. Die Nacht, in der sie den letzten Fall gelöst hatten, war plötzlich wieder so gegenwärtig, dass Beatrice meinte, die Kälte zu spüren. Diese furchtbare nasse Kälte und als Kontrast dazu Florins warmen, zuverlässigen Körper.
    Moon River, wider than a mile
    I’m crossing you in style some day …
    Schon bei den ersten Klängen zogen sie ihre Hände zurück, gleichzeitig, als hätten sie sich aneinander verbrannt. Beatrice riss das Handy aus der Tasche und würgte den Nachrichtenton so schnell ab, wie es nur möglich war.
    Sie kannte die Nummer des Absenders nicht und öffnete die SMS mit einem mulmigen Gefühl im Magen. Auch das musste sie endlich ablegen, verdammt.
    Die Nachricht brachte sie ganz unerwartet zum Schmunzeln.
    Papa hat mir ein Handy gekauft. Cool, oder? Bussi, Mina
    «Gute Neuigkeiten?», erkundigte sich Florin.
    «Wie man’s nimmt. Achim hält sich mal wieder nicht an Abmachungen, aber wenigstens macht er den Kindern damit Freude.»

    Der Name auf dem Klingelschild war handgeschrieben, in einer eckigen, kindlich anmutenden Schrift. Florin drückte den Schalter zweimal, bevor jemand sich meldete.
    «Ja?»
    «Guten Tag, mein Name ist Florin Wenninger. Ich komme von der Salzburger Kriminalpolizei, aber machen Sie sich keine Sorgen, es ist nichts passiert. Meine Kollegin und ich möchten Sie nur ein paar Dinge fragen.»
    Kurze Pause. «Worum geht es?»
    «Zwei Todesfälle, deren Hintergründe wir noch nicht durchblicken. Wir haben gehofft, Sie könnten uns vielleicht helfen.» Keine Antwort, dafür knackte es in der Gegensprechanlage, und schließlich surrte der Türöffner. Sehr kurz nur, doch die Tür sprang sofort auf, da Beatrice sich schon während des Wartens dagegengelehnt hatte.
    Durch ein muffiges Treppenhaus gelangten sie in den zweiten Stock. Gleich die erste Tür stand offen, in ihrem Rahmen lehnte eine schmale, etwa zwanzigjährige Frau mit hübschen Gesichtszügen und rauchte. Die Schwaden zogen nach oben, in den dritten Stock.
    «Hallo.» Sie machte keine Anstalten, einem von ihnen die Hand zu geben. «Sagen Sie mir jetzt, worum genau es geht?»
    «Frau Sagmeister?» Beatrice setzte ihr wärmstes Lächeln auf und erwiderte Iras bestätigendes Nicken. «Dürfen wir hereinkommen?»
    Ira Sagmeister betrachtete die Glut ihrer Zigarette, als wolle sie sie um Rat fragen. «Eigentlich», sagte sie leise, «lasse ich nicht gerne Leute in meine Wohnung, die unangemeldet auftauchen.»
    «Wir bleiben nicht lange.»
    Mit einem Seufzen trat sie zur Seite. «Kaffee oder so was kann ich Ihnen nicht anbieten.» Sie führte sie in ein kleines Wohnzimmer und deutete auf das orangefarbene Sofa dort. «Also.» Ira Sagmeister hatte ihr Haar hochgesteckt und um den Haaransatz mehrfach ein breites Tuch geschlungen, ähnlich wie man es von Bildern afrikanischer Stammesfrauen kannte. Beatrice wich dem Blick ihrer dunklen Augen nicht aus.
    «Es geht um Gerald Pallauf.»
    «Der erst eine Frau und dann sich selbst getötet hat. Ja, ich hatte mit ihm Kontakt, aber nur übers Internet. Persönlich habe ich ihn nie getroffen.» Sie hob die Augenbrauen. «Deshalb sind Sie hier? Ausgerechnet bei mir? Weil wir bei Facebook ein paar persönliche Nachrichten ausgetauscht haben?»
    «Wir haben uns gefragt», übernahm Florin, «ob Sie nicht eventuell ein wenig mehr über ihn wissen. Er war aus Salzburg, so wie Sie. Es könnte doch sein, dass Sie sich auch von der Uni kennen.»
    Sagmeister drückte ihre Zigarette aus und verschränkte die Arme vor der Brust. «Ich studiere Psychologie, und das nicht

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