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Blinde Voegel

Blinde Voegel

Titel: Blinde Voegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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sehr zielstrebig. Gerald war auf der Publizistik oder der Germanistik, glaube ich. Aber wie kommen Sie überhaupt auf mich? Klappern Sie alle Leute ab, die je virtuellen Kontakt zu ihm gehabt haben? Dann werden Sie in Ihrem Berufsleben nicht mehr viel anderes schaffen.»
    Ihre und Florins Anwesenheit war Ira nicht angenehm, das war kaum zu übersehen. Sie feuerte ihre Sätze auf sie ab, hart und schnell wie Geschosse. «Stöbern Sie durchs Internet, ja? Ich dachte, in unserem Land gibt es so etwas wie Datenschutz?»
    «Das ist auch richtig.» Florins Ton war geduldig, ohne überheblich zu klingen. «Aber wenn wir ein Verbrechen aufklären, dann untersuchen wir natürlich den Computer des Täters. Oder des Opfers. Und dabei sind wir in Pallaufs Freundesliste auf Sie gestoßen.» Sie würden die Lyrikgruppe nicht erwähnen. Beatrice war gespannt, ob Ira es tun würde.
    «Ah. Dann machen wir es kurz. Ich bin Gerald nie begegnet, und ich habe keine Ahnung, was in ihn gefahren ist. Kurzschlusshandlung. Oder so. Kommt ja vor.»
    «Und was wäre», warf Beatrice ein, «wenn ich Ihnen sage, dass ich seinen Tod nicht für Selbstmord halte? Sondern glaube, dass er ermordet wurde, ebenso wie die Frau?»
    Ira Sagmeisters Kiefermuskeln traten hervor. Sie gab keine Antwort, sondern zog eine weitere Zigarette aus dem Päckchen am Couchtisch und zündete sie an. Inhalierte tief.
    «Könnten Sie dazu etwas sagen? Gab es jemanden, der Gerald schaden wollte? Hat er je etwas erwähnt, bei Facebook oder anderswo?»
    Ihr Blick ging zur Wand. «Nein.»
    Nur eine Silbe, aber dahinter eine ganze unerzählte Geschichte. Beatrice war sich sicher, dass Sagmeister gerade etwas durch den Kopf gegangen war das sie lieber für sich behielt.
    «Ich möchte Sie bitten, offen mit uns zu sein. Auch wenn es nur um ein Detail geht, das Ihnen unwichtig erscheint. Erzählen Sie es uns bitte.»
    Sie schnaubte, Rauch quoll aus ihrem Mund. Dann begann sie tatsächlich zu lachen.
    Ja, sie hat psychische Probleme, dachte Beatrice. Stimmungsumschwünge, von einer Sekunde auf die nächste.
    Es kommt immer auf das an, was fehlt , hatte sie bei Facebook geschrieben. Das ließ sich auch auf das eigene Leben anwenden, auf Sagmeisters vielleicht besonders. Beatrice kannte diese Art Menschen. Hart und unglücklich. Traumatisiert, eventuell. Unwillkürlich suchte sie nach Spuren von Selbstverletzungen, fand keine und war beinahe überrascht. Auch keine Einstiche in den Armbeugen, aber Drogen konnte man sich auf vielerlei Arten einverleiben.
    «Warum haben Sie gerade gelacht?»
    «Weil sie so typische Polizisten sind. Richtig freundlich, wenn sie etwas wollen. Aber nicht bereit zuzuhören, wenn jemand von sich aus etwas erzählen möchte. Denn das könnte am Ende Arbeit bedeuten.»
    Das klang ja interessant. «Was genau meinen Sie? Ist Ihnen das passiert?»
    Eine wegwerfende Handbewegung. «Nein, nicht mir, einem Freund. Ist aber ganz egal. Ich kann Ihnen nicht helfen, denn ich weiß nichts über Gerald. Wenn Sie seinen Computer haben, sind Sie ganz sicher besser informiert als ich.»
    Beatrice war noch nicht bereit, lockerzulassen. «Was für eine Geschichte war das denn, mit der Ihr Freund bei der Polizei abgewiesen wurde? Vielleicht können wir die Dinge zurechtrücken …»
    Mit ihrem Zeigefinger tippte Ira unsichtbare Krümel vom Couchtisch. «Nein. Das ist erstens lange her und war zweitens nicht hier in Salzburg. Vergessen Sie’s.»
    Und gehen Sie wieder , lag unausgesprochen in der Luft.
    «Können Sie mir sagen, worüber Sie sich in den persönlichen Nachrichten unterhalten haben, die Sie mit Pallauf ausgetauscht haben?», versuchte Florin ins Gespräch zu kommen.
    Ira schlug die Beine übereinander und hob herausfordernd das Kinn. «Wozu? Wenn Sie seinen Computer haben, können Sie das doch alles nachlesen.»
    «Sie würden uns Arbeit ersparen.»
    «Vielleicht will ich das gar nicht.» Mit einer kräftigen Drehung drückte sie die zweite Zigarette aus und holte sofort eine neue aus dem Päckchen. «Oder doch. In der Tatnacht war ich zu Hause und habe gelesen. Dafür gibt es keine Zeugen.» Sie drosch das Feuerzeug, das nicht gleich funktionieren wollte, mehrmals hart auf die Tischplatte.
    Ira, das lateinische Wort für Zorn, dachte Beatrice. Ein Name, wie geschaffen für dieses Mädchen.
    «Wir verdächtigen Sie nicht.»
    «Na wie schön.»
    Florin hatte aus seiner Jackentasche ein Feuerzeug gezogen, ließ es aufschnappen und hielt Sagmeister die kleine

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