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Blinde Voegel

Blinde Voegel

Titel: Blinde Voegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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Herberts Namen eine Freundschaftsanfrage und war drauf und dran, auch Ira eine zukommen zu lassen. Aber dann zögerte sie. Bei ihr musste sie mit mehr Fingerspitzengefühl vorgehen.
    Sie wechselte auf Iras Chronikseite und wählte die Option «Nachricht senden».
Hallo, Ira!
Das Gedicht, das du gepostet hast, hat mich sehr beeindruckt. Ich bin noch neu in der Gruppe, aber deine Gedanken – jedenfalls die, die ich bisher lesen konnte – fühlen sich an wie meine eigenen, nur besser formuliert. Ich hoffe, du findest meine Freundschaftsanfrage nicht aufdringlich.
Liebe Grüße, Tina
    Beatrice verschickte die Nachricht und klickte unmittelbar danach auf FreundIn hinzufügen . Mit etwas Glück würde Ira darauf einsteigen. Dann war es an Beatrice, ihr möglichst geschickt auf den Zahn zu fühlen. Einer Gleichgesinnten würde sie eventuell mehr verraten als der Polizistin, die sie demnächst befragen würde.
    Wer war noch interessant? Christiane Zach. Ein persönliches Gespräch mit der Salzburger Krankenschwester wäre bestimmt kein Fehler. Auch Dominik Ehrmanns Postings lasen sich, als steckte mehr dahinter, als man auf den ersten Blick glauben mochte.
    Ein leiser Glockenschlag aus dem Computerlautsprecher verkündete das Eingehen neuer Mails. Dominik Ehrmann hatte die Freundschaftsanfrage angenommen, Ren Ate hatte eine geschickt.
    «Es wird», flüsterte Beatrice. «Facebook ermöglicht es dir, mit den Menschen in deinem Leben in Verbindung zu treten, nicht wahr? Und über Facebook lässt du auch neue Menschen in dein Leben hinein.»
    Sie bestätigte Ren Ates Anfrage, bevor sie sich noch einmal den Thread von gestern vornahm. All die Stimmen zu Gerald Pallaufs Tat. 489 Kommentare waren es inzwischen. Sie las sie durch, mit schwindender Aufmerksamkeit. Die Zitate, Bilder, Bestürzungsbekundungen wiederholten sich. Hin und wieder fiel das Wort «Mörder», aber niemand nannte Sarah Beckendahl beim Namen, niemand erinnerte sich, dass sie ebenfalls in der Gruppe registriert gewesen war.

Es ist eine unangenehme Überraschung. Und wieder die alte Frage: Zufall? Aber das wäre zu bequem. Viel wahrscheinlicher ist es, dass bald der Zeitpunkt kommt, da wir uns Auge in Auge gegenübertreten. Darauf könnte ich mit Freuden verzichten.
    Niemandem wird etwas passieren, solange man mich in Ruhe lässt. Zu dumm, dass ich das nicht öffentlich verkünden kann. Ich würde es auch versprechen, sogar schwören. Wäre das eine Option? Würde euch das ausreichen?
    Nein. Wozu sich etwas vormachen, es ist nicht Frieden, worauf ihr aus seid.
    Aber sagt mal, habt ihr nicht doch ein wenig Angst jetzt? Nun, da ihr gesehen habt, was passieren kann?
    Oder glaubt ihr, was in der Zeitung steht? Hm? Das tut ihr, nicht wahr, und es ist so typisch. Wir alle wiegen uns zu gern in Sicherheit. Meiner Erfahrung nach überleben aber immer die am längsten, die sich unbequemen Wahrheiten stellen. Auch ich würde mit Freuden an einen verrückten Zufall glauben, nur wäre das dumm. So dumm wie der Fehler, den ihr begeht: euch für anonym zu halten, für unangreifbar. Dabei hättet ihr die Ereignisse als das begreifen können, was sie waren: Zeichen, deutlich, in blutigem Rot, die jeder von euch hätte verstehen müssen.

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    Kapitel sechs
    K eine klaren Hinweise auf Fremdeinwirkung.» Vogt war persönlich zur Besprechung gekommen und pinnte jetzt Fotos von der Obduktion der Wasserleiche an die Wand. Rajko Dulović, leicht untersetzt, lag mit nach innen gedrehten Füßen auf dem Seziertisch. Es folgten Aufnahmen der Hände, der Füße, der Abschürfungen an Kopf, Armen und Beinen. Beatrice, Florin, Stefan und Hoffmann saßen um den Tisch im kleinen Besprechungsraum und lauschten schweigend Vogts Erläuterungen.
    «Der Mann war sein eigener bester Kunde.» Vogt deutete auf ein Foto, das Dulovićs linke Armbeuge und ein Stück seines Unterarms zeigte.
    Einstiche, in unterschiedlichen Stadien der Heilung. Beatrice kannte das Muster von den Drogentoten, mit denen sie es immer wieder zu tun bekamen.
    Neben ihr beugte Florin sich nach vorne und stützte die Arme auf den Tisch. «Keine Anzeichen einer vorhergehenden Auseinandersetzung? Abwehrverletzungen?»
    Fast bedauernd schüttelte Vogt den Kopf. «Von einigen Tests stehen die Ergebnisse noch aus, da wissen wir in ein paar Tagen mehr. Beim heutigen Stand der Dinge haben wir nichts vorliegen, was nicht auch eine Treibverletzung sein könnte. Aus den vorläufigen Befunden auf eine Gewalttat zu

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