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Blinde Voegel

Blinde Voegel

Titel: Blinde Voegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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ebenfalls angemeldet. Ich bin seit Jahren bei Facebook, eine großartige Informationsquelle.»
    Ribar hatte den gleichen Weg beschritten wie Beatrice und war zu den gleichen Ergebnissen gekommen. «Wieso hatte Sachs die Liste mit Pallaufs Zugangsdaten?»
    Schulterzucken. «Er sagte, Gerald hätte aus Vorsicht diesen Zettel angelegt, um im Fall eines Festplattencrashs noch Zugriff auf seine Passwörter zu haben. Er hat das Blatt auch wirklich aus Pallaufs Zimmer geholt, ich denke also, er hat die Wahrheit gesagt.»
    «Was haben Sie denn dafür gezahlt?», wollte Florin wissen.
    «Fünfhundert Euro.»
    «Und? Hat es sich gelohnt?»
    Ribar wiegte seinen Kopf hin und her. «Wie man’s nimmt. Nicht, was Pallauf betrifft, fürchte ich, aber in der Gruppe passieren eigenartige Dinge. Jetzt scheint ein Mädchen verschwunden zu sein, nachdem es vorher seinen Selbstmord mehr oder minder deutlich angekündigt hat.» Sein Blick richtete sich auf Beatrice, diesmal hoffnungsvoll. «Wissen Sie vielleicht etwas Genaueres? Ira Sagmeister?»
    Beatrice schüttelte den Kopf, ohne ein Wort. Er sollte sich ruhig selbst zusammenreimen, ob sie «keine Ahnung» oder «geht Sie nichts an» meinte.
    Mit einem Schulterzucken nahm Ribar es zur Kenntnis. «In der Gruppe weiß auch niemand etwas, und falls doch, behalten sie es für sich. Mich würde wirklich interessieren …» Er schüttelte den Kopf und verstummte.
    «Ob da eine Exklusivgeschichte für Sie drin ist?», fragte Florin. Er seufzte. «Ich verstehe Sie, Herr Ribar. Ich finde Ihre Art der Recherche noch nicht einmal besonders verwerflich, aber Sie dürfen nicht mal im Ansatz daran denken, jetzt etwas über die Facebook-Gruppe zu bringen. Ihnen ist klar, was dann passieren würde?»
    Der Journalist nickte. «Sicher. Keiner würde sich mehr frei äußern, und es gäbe einen extremen Zulauf an Schaulustigen.»
    Trotzdem würde er nur schwer widerstehen können, Beatrice sah es ihm an. Er war ein Jäger, der eine Fährte aufgenommen hatte, ähnlich wie sie selbst, nur dass er seine Beute in Futter für die Sensationsgierigen verarbeiten würde, während sie …
    Tja. Was würde ihre Arbeit bringen? Gerechtigkeit? Vielleicht, manchmal. Klarheit? Das schon eher, obwohl Beatrice selten den Eindruck hatte, wirklich zu verstehen, was zu einer Tat geführt hatte. Fakten alleine ergaben nur ein grobes Bild.
    «Was haben Sie bisher über die Menschen in der Gruppe herausgefunden?», fragte sie und hielt Ribars Blick mit ihrem fest. Es schien ihm nichts auszumachen, er sah nicht zur Seite oder in gespielter Nachdenklichkeit nach oben, wie so viele Leute.
    «Sie wollen wissen, ob mir jemand aufgefallen ist? Ja, am meisten Ira Sagmeister, sie war sehr … laut, auch wenn das ein merkwürdiges Wort ist im Zusammenhang mit geschriebenem Text.» Er faltete die Hände und legte sein Kinn darauf ab. «Ich habe die Einträge der Gruppe sechs Monate zurückverfolgt. Wenn Ira wollte, hat sie es geschafft, die gesamte Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, mit einem gut gewählten Gedicht oder einem scharf formulierten Kommentar. Deshalb kann ich mir immer noch vorstellen, dass ihre Selbstmordankündigung eine Fortsetzung davon sein könnte.» Er lächelte. «Das war schlecht ausgedrückt, aber Sie wissen, was ich meine? Dass sie noch eins draufgesetzt hat. Eventuell meldet sie sich in zwei oder drei Tagen und ist empört, dass die anderen so schnell wieder zur Tagesordnung übergegangen sind.»
    Es war nicht zu übersehen, dass Ribar auf eine Regung ihrerseits wartete, die ihm verraten würde, ob so etwas möglich wäre, doch Beatrice behielt ihren steinernen Gesichtsausdruck bei.
    «Wer noch, außer Ira Sagmeister?»
    «Hm.» Er klopfte sich mit den Fingern gegen die Lippen. «Helen Crontaler natürlich, und ihr Mann. Jedes Mal, wenn er etwas schreibt, flippt die Gruppe völlig aus. Sie überschlagen sich fast vor Dankbarkeit dafür, dass er das Wort an sie richtet, man muss aber zugeben, dass er wirklich ein sehr gebildeter Mensch ist, im Gegensatz zu einigen anderen in der Gruppe. Meiner Meinung nach sind ein paar völlig taube Nüsse dabei, wie diese Christiane Zach, Tamy Korelsky oder Ren Ate. Aber vielleicht tue ich den Damen damit auch unrecht.»
    Tamy Korelsky war Beatrice bisher nicht aufgefallen. Das war die Crux an der Sache – die schiere Größe der Gruppe. Gut möglich, dass die entscheidende Figur, falls es eine gab, nur stumm mitlas und sich nie zu Wort meldete.
    Florin räusperte sich.

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