Blinde Wahrheit
er hatte keinen Schimmer, wovon sie sprach.
Welche Freundin?
Und warum musste er jetzt aufwachen?
Er war so verflucht müde …
Er glitt zurück in die Bewusstlosigkeit und nahm Lenas Stimme nur noch vage wahr.
Seine Hand wurde gepackt und ziemlich fest gedrückt.
Sie steckt in Schwierigkeiten, Law. Angeblich soll sie dir das hier angetan haben. Komm schon, das kannst du nicht zulassen. Wach auf. Sie wollen sie wegsperren – sie sagen, sie sei geistesgestört. Hope ist nicht verrückt, Law. Du musst aufwachen und ihnen das sagen.
Hope. Verrückt – verdammt, nicht schon wieder dieser Mist.
Irgendwo in seinem Hinterstübchen regte sich etwas.
Erinnerungen.
Hope … bei ihm im Flur.
Ein Ausdruck von Angst auf ihrem Gesicht.
Scheiße.
Schmerz schoss ihm explosionsartig durch den Kopf, als er versuchte nachzudenken. Stöhnend wollte er sich die Hand an die Schläfe halten, doch er konnte sich kaum bewegen.
Er war schwach, völlig kraftlos.
Der leise, weinerliche Laut hätte eher zu einem Baby gepasst, als zu einem erwachsenen Mann, doch in Lenas Ohren klang es wie Engelsmusik.
Sie nahm die Hand von seiner Brust und streichelte ihm die Wange. »Hey … jemand wach da drinnen?«, fragte sie und bemühte sich, einen lockeren Tonfall anzuschlagen.
Sie war kurz davor, in Tränen auszubrechen.
Er stöhnte, seufzte dann und bewegte sich. Mit seiner Hand, die Lena immer noch festhielt, drückte er die ihre.
Vierundzwanzig Stunden später saß Law Reilly aufrecht in seinem Bett – was mithilfe der verstellbaren Kopfstütze und einigen Kissen möglich war. »Könnten Sie das noch mal wiederholen?«, bat er leise und starrte den Sheriff an.
»Ich werde sie eventuell verhaften müssen. Außerdem verlangen die ein psychiatrisches Gutachten, und sie wird vorerst in der psychiatrischen Abteilung untergebracht«, sagte Nielson.
Der angewiderte Gesichtsausdruck des Sheriffs konnte Law nicht trösten.
»Sorgen Sie dafür, dass das nicht geschieht. Nichts davon«, knurrte er. »Und holen Sie sie aus der verdammten Psychiatrie raus.«
»Das kann ich nicht«, erwiderte Nielson. »Ich habe versucht, es zu verhindern, aber ihre Fingerabdrücke sind sowohl auf der Pistole, mit der Prather erschossen wurde, als auch auf dem Baseballschläger, der benutzt wurde, um Sie zusammenzuschlagen.«
»Ich habe Prather tot in meinem Büro liegen sehen, bevor mich jemand angegriffen hat. Hope war den ganzen verschissenen Tag über unterwegs, also kann sie ihn nicht umgebracht haben«, sagte Law und rang dabei um Beherrschung. Er würde sie da rausholen. Auf jeden Fall. Ihr sollte es gut gehen. »Sie hat mir das nicht angetan – sie stand direkt vor mir, als mich jemand von hinten überfallen hat. Das war nicht Hope.«
Nielson seufzte. »Hören Sie, Reilly, ich glaube Ihnen ja. Und sobald wir Ihre Aussage aufgenommen haben, werde ich sie Jennings höchstpersönlich übergeben. Vielleicht erreichen wir etwas damit. Aber … «
Nielsons Kiefermuskel zuckte, und Law hatte das blöde Gefühl, dass er wusste, was der Sheriff gleich sagen würde.
»Aber was?«, fragte er leise, da Nielson schwieg.
»Anscheinend hat sie schon früher einmal unter psychischen Störungen gelitten.«
»Worunter sie gelitten hat, war Missbrauch«, erwiderte Law knapp. »Ihr verfluchter Ehemann hat sie als psychisch gestört hingestellt, damit die Leute sie und seine beschissenen … «
Er unterbrach sich, bevor er den Satz zu Ende bringen konnte. Das war Hopes Privatangelegenheit – sie wäre nicht gerade erfreut, wenn sie erführe, dass er es herumerzählte. »Sie ist nicht geisteskrank«, fügte er kopfschüttelnd hinzu.
Das war sie einfach nicht.
Aber wenn er sie da nicht herausholte …
Denk nicht daran , befahl er sich selbst. Tu’s einfach nicht.
Sie hatte es schon einmal herausgeschafft und es würde ihr wieder gelingen. Diesmal war sie immerhin nicht allein.
Diesmal war dieser durchgeknallte, grausame Wichser von ihrem Exmann nicht da.
Diesmal war es anders.
Law starrte auf seine linke Hand, während er sie zur Faust ballte und wieder öffnete. Er versuchte, sich weitere Einzelheiten ins Gedächtnis zu rufen, irgendetwas, doch ihm fiel nichts ein. Sein Körper war eine einzige schmerzende Prellung, und seine Erinnerung beschränkte sich auf wenige Details – er wusste noch, dass er Prathers Leiche ausgestreckt in seinem Büro liegen sehen hatte, und er erinnerte sich an den Ausdruck von Angst und Grauen auf Hopes Gesicht in diesem
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