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Blinde Wahrheit

Blinde Wahrheit

Titel: Blinde Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shiloh Walker
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sie für umso verrückter, je stärker sie sich sträubte, und würden ihr nur umso mehr Beruhigungsmittel verabreichen.
    Doch sobald sie die Spritze sah, gingen die Nerven mit ihr durch. Sie konnte einfach nicht anders. Fluchend trat sie um sich, und ein heißes Gefühl der Genugtuung durchflutete sie, als sie einen der Pfleger genau zwischen die Beine traf.
    Remy stand in der offenen Tür. Einen Augenblick lang versagte ihm sein Verstand den Dienst. Dann wirkte der Zorn wie ein Motor für seine starren Glieder, und er stürmte ins Zimmer.
    »Was zum Teufel machen Sie da?«, stieß er hervor und funkelte die Schwester wütend an.
    »Sir, Sie müssen im Gang warten.«
    »Oh, das sehe ich aber anders. Was tun Sie hier?«
    Zwei Männer in leuchtend weißen Kitteln standen rechts und links vom Bett und drückten Hope Carson auf die Matratze. Der eine hielt ihre Arme kurz unter den Wunden an ihren Handgelenken fest, der andere ihre Knie.
    »Wir müssen ihr ihre Medikamente verabreichen«, antwortete die Krankenschwester. »Leider widersetzt sie sich.«
    »Das ist ihr gutes Recht«, fuhr Remy die Frau an. »Es sei denn, es gibt jemanden, der eine Vollmacht besitzt und darauf besteht, dass sie auch gegen ihren Willen medizinisch behandelt werden soll. Andernfalls können Sie sie nicht dazu zwingen, das Beruhigungsmittel zu nehmen.«
    Er wartete einen Moment, ehe er kühl fragte: »Liegt eine Vollmacht vor?«
    »Es ist in ihrem eigenen Interesse. Ohne die Medikamente wird sie unruhig, unvernünftig … und gefährlich.«
    Remy lächelte. »Gefährlich, so, so. Ich stand die letzte halbe Stunde am Stationstresen und habe telefoniert. Währenddessen habe ich keinen Mucks aus diesem Zimmer gehört. Wie gefährlich soll sie bitte schön sein?« Er schaute nacheinander die beiden Pfleger und dann die Schwester an. »Sie war die Ruhe selbst, bis Sie zu dritt hier hereingekommen sind.«
    Daraufhin trat er ans Bettende. »Lassen Sie sie los«, befahl er mit harter, kalter Stimme.
    »Sie ist eine Gewaltverbrecherin«, fauchte die Schwester.
    Himmel. Er musste sich fragen, ob diese Leute blind waren. Die Frau lag völlig verängstigt im Bett und wurde festgehalten – sie wehrte sich, wenn sie in die Ecke getrieben wurde, aber sie als Gewaltverbrecherin zu bezeichnen? Großer Gott. »Lassen Sie sie auf der Stelle los«, wiederholte er.
    Während die Pfleger langsam ihren Griff lösten, betrachtete Remy Hopes Gesicht. Sie blinzelte. Der Blick aus diesen blassgrünen Augen wirkte völlig vernebelt. Verdammt, wie viel von dem Zeug hatten sie ihr denn ins Blut gepumpt? »Wissen Sie, wo Sie sind?«, fragte er leise.
    »Die redet nicht«, blaffte die Krankenschwester. »Seit sie hier ist, hat sie kein Wort gesagt.«
    Hope schürzte die Lippen und warf der Schwester einen so vernichtenden Blick zu, dass Remy sich ein Lächeln verkneifen musste. »Ja«, sagte sie mit heiserer, kratziger Stimme. »Ich weiß, wo ich bin.«
    »Wissen Sie auch, warum?«
    Sie senkte den Blick. Ihre schmalen Schultern bebten, als sie seufzte. »Ich will nicht mit Ihnen reden.« Nachdem sie ihn kurz angesehen hatte, legte sie sich hin und zog sich die Decke über die Schultern. »Ich will mit niemandem reden.«
    »In Ordnung. Aber bitte beantworten Sie mir diese eine Frage, es ist wichtig. Wollen Sie die Medikamente? Zu Ihrer Beruhigung? In Ihrem eigenen Interesse?«
    Hope setzte sich wieder auf, und obwohl in ihren Augen immer noch ein trüber Schleier lag, funkelten sie vor Zorn. »Ich brauche keine Medikamente. Wenn die mir nicht ständig Nadeln in den Arm rammen würden, müssten sie mich auch nicht ruhigstellen. Um Ihre Frage zu beantworten: Nein, ich will diese Mittel nicht.«
    Dann warf sie der Schwester voller Abscheu einen Blick zu. »Unvernünftig? Wie vernünftig wären Sie wohl, wenn man Sie ohne jeden Grund in eine Psychiatrie stecken würde, wo Sie von einer Krankenschwester gegen Ihren Willen ein Beruhigungsmittel gespritzt bekämen? Wie ruhig könnten Sie wohl bleiben, wenn die Leute Sie als Gewaltverbrecherin bezeichnen würden? Was zum Teufel ist aus der Unschuldsvermutung geworden?«
    »Ihnen wurden keinerlei Verbrechen nachgewiesen«, bestätigte Remy, obwohl er wusste, dass das für sie keinen Unterschied machen würde.
    Viele Leute in dieser Stadt hielten sie für schuldig.
    Ihre blassgrünen Augen wurden kalt wie Eis. Sie warf ihm einen eiskalten Blick zu. »So behandeln Sie hier also Menschen, die überfallen werden«, sagte sie mit vor

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