Blinde Wahrheit
Freund.« Sie knuffte ihm in die Seite.
Law ächzte ein wenig, aber ihr Ellenbogen schien förmlich von ihm abzuprallen. Es fühlte sich so an, als hätte sie ihren Arm gegen eine Wand gestoßen.
»Er humpelt«, fing Law schließlich an. »Irgendetwas ist mit seinem rechten Bein passiert. Hab gesehen, dass er es ab und zu massiert. Und anscheinend hat er ebenfalls ein Auge für jedes noch so kleine Detail. Es würde mich nicht wundern, wenn wir es da mit einem Bullen zu tun hätten.«
»Ha. Siehst du? Du hast einfach den Röntgenblick. Er ist Detective bei der Kentucky State Police. Vielleicht solltest du auch zur Polizei gehen.«
»Danke, nein. Die Bezahlung ist lausig, und die Arbeitszeiten sind auch nicht viel besser.« Law schwieg eine Weile, dann fuhr er fort: »Er hat nur noch Augen für dich gehabt, hat dich beobachtet. Und zwar nur dich. War vollkommen fixiert, obwohl er unter Garantie auch alles um sich herum mitbekommen hat.«
»Was meinst du damit? … Dass er nur noch Augen für mich gehabt hat, meine ich?«
»Mensch, Lena. Was glaubst du wohl?«, gab er hitzig zurück, und sie spürte, wie sich seine Armmuskeln anspannten.
»Was ist denn los?«
»Was los ist?!« Law blieb stehen und drehte sich zu ihr um. Sie war keine drei Zentimeter kleiner als er, und er stand nun so dicht vor ihr, dass er sein Spiegelbild in ihren dunklen Brillengläsern sehen konnte. Sie nahm die Brille selten ab, nicht einmal vor ihm.
Einem ihrer besten Freunde.
Scheiße, das tat weh!
Fünf Jahre, und sie versteckte sich immer noch vor ihm.
Fünf Jahre, in denen er die ganze Zeit über in sie verschossen gewesen war. Und sie schien noch immer nicht die leiseste Ahnung zu haben. Keinen blassen Schimmer. Was unter anderem daran zu erkennen war, dass sie nun mit einem Gesichtsausdruck, der eine Mischung aus Zorn, Schmerz und Sorge widerspiegelte, vor ihm stand und augenscheinlich rätselte, was zum Teufel sein Problem sein mochte.
Sein Problem. Wie würde sie wohl reagieren, wenn er ihr einfach zeigte, was es war? Wenn er einfach versuchte, sie zu küssen?
Ach verdammt, für solch ein Experiment hatte er an diesem Tag keine Nerven mehr. Er machte sich Sorgen um Lena, ebenso um Hope und war halb krank vor Eifersucht, als er mitbekam, in welchem Tonfall Lena über diesen Kerl sprach. Zudem quälte ihn die Ungewissheit, wann Hope es endlich zu ihm schaffen würde.
Reiß dich zusammen , ermahnte er sich selbst. Entweder riss er sich nun am Riemen oder aber er sagte Lena endlich geradeheraus, was sein Problem war – offenbarte ihr wenigstens einen Teil davon, so schwer konnte das doch nun wirklich nicht sein, oder?
Du! Du bist mein Problem. Ich bin bis über beide Ohren in dich verknallt, und du merkst es einfach nicht, sondern willst sogar, dass ich mit dir über einen anderen Typen rede, der auf dich steht … und auf den du auch voll abfährst.
Dessen war er sich bewusst. Ihr Gesichtsausdruck hatte es ihm verraten.
Ja, schon klar, er merkte eben alles.
Er legte Lena eine Hand auf die Wange und strich mit dem Daumen über ihre samtene Haut. So weich. Und doch so straff.
Ich hab bei dir einfach keine Chance, stimmt’s? , dachte er betrübt.
Sie griff nach seinem Handgelenk. »Law, was ist denn los? Geht es dir gut?«
»Mir geht’s fantastisch«, brummte er mit rauer Stimme. Nein. Er hatte nicht den Hauch einer Chance bei ihr, selbst wenn er sich je ein Herz fassen und ihr seine Gefühle gestehen würde. Sie hatte kein Interesse an ihm, und er würde sich hüten, ihre Freundschaft aufs Spiel zu setzen. Er beugte sich vor und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. »Na los. Lass uns ins Auto steigen, bevor es wieder anfängt zu regnen.«
Schweigend gingen sie weiter zu seinem Wagen. Er öffnete die Beifahrertür und wartete, bis Puck hineingesprungen war. Doch als auch Lena gerade einsteigen wollte, fasste er sie am Arm. »Ich mache mir wohl einfach nur Sorgen um dich. Das Letzte, was ich mir in dieser Situation wünschen würde, ist, dass du von irgend so einem schrägen Typen abgeschleppt wirst.«
Sie konnte sich ein amüsiertes Grinsen nicht verkneifen. »Law, er ist June Kings Enkelsohn und nicht einfach so vom Himmel gefallen. Auch wenn ich ihn nicht besonders gut kenne, andere hier aus der Stadt tun es. Und er arbeitet als Polizist.«
Law schnaubte verächtlich. »Weißt du, ich hab ja kapiert, dass dieses Er ist June Kings Enkelsohn für manche Leute so etwas wie ein offizielles Gütesiegel darstellt, aber
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