Blinde Wahrheit
als sie nun in seine haselnussbraunen Augen blickte, schienen alle Angst, alle Aufregung, alle Sorge wie weggeblasen zu sein. Er schloss sie in die Arme, sie schmiegte sich an ihn und atmete einmal tief durch.
Sie fühlte sich … sicher.
Schon lange hatte sie sich bei einem Mann nicht mehr so geborgen gefühlt und nicht daran geglaubt, dass es überhaupt noch möglich war. Aber das war es.
Law drückte sie fest an sich und strich ihr sanft über den Kopf. Hope seufzte. All die Anspannung, die ihr seit Jahren zu schaffen machte, fiel langsam von ihr ab.
Mit einem Mal fragte sie sich nicht mehr, warum sie überhaupt nach Ash gekommen war. Nun wusste sie es.
Seinetwegen.
Weil er ihr engster Freund war und damit der einzige Mensch auf Gottes schöner Erde, dem sie wirklich vertraute. Sie schniefte und schloss die Augen, in denen bereits die Tränen standen.
»Hast ja ganz schön lange gebraucht«, neckte er sie.
»Ja, stimmt … vielleicht sogar etwas zu lange«, antwortete sie mit belegter Stimme.
Ein paar Stunden später saßen sie nebeneinander auf dem Sofa vor einem riesigen Flachbildfernseher und schauten Der Herr der Ringe . Vor ihnen lag eine halb verzehrte Pizza. Law trank ein Bier, Hope eine Cola light, und sie kam sich … fast ganz normal vor. Doch ihr Versuch, sich auf den Film zu konzentrieren, war nicht von Erfolg gekrönt.
Ihr Verstand gab einfach keine Ruhe.
Es fühlte sich seltsam an, in einem Haus zu sitzen, mit jemandem zusammen zu sein – mit einem Freund. Während der vergangenen zwei Jahre hatte sie sich ausschließlich mit Fremden umgeben. Es war sicherer.
Einfacher.
Aber vielleicht hätte sie Law nicht aus dem Weg gehen müssen. Vielleicht war sie … ach verflucht, sie wusste es doch auch nicht. Um von Joey loszukommen und endlich auf eigenen Beinen zu stehen, hatte sie die Zeit vermutlich einfach gebraucht. Wäre sie gleich zu Law gerannt, hätte er sie unter seine Fittiche genommen. Aber wäre es auch wirklich das gewesen, was sie gebraucht hätte?
»Du denkst gerade ziemlich angestrengt über irgendetwas nach«, sagte er leise und zupfte an einer ihrer Haarsträhnen.
Hope legte den Kopf auf seine Schulter. »Stimmt.«
Er roch nach Büchern. Nach Büchern und nach Gras, eben nach einem Kerl, der sich genauso gern draußen aufhielt wie drinnen. Sie musterte sein Gesicht. Wenn er lächelte, sah er immer noch wie der Junge aus, den sie von der Highschool kannte.
Im Gegensatz zu diesem diebischen, aber warmherzigen Grinsen hatten sich seine Augen sehr verändert. Sie wirkten irgendwie älter, weiser, müder und auch trauriger.
Ist das meine Schuld? , fragte sie sich, verzog das Gesicht und zeichnete mit der Spitze ihres Zeigefingers die Ringe unter seinen Augen nach. »Du schläfst zu wenig.«
»Ich kämpfe gerade mit der Fertigstellung eines Buchs. In solchen Phasen schlafe ich nie besonders gut.«
»Haderst du oft mit deinen Büchern?«
»Mit so ziemlich jedem«, antwortete er und grinste. »Aber das gehört eben zu meinem Beruf.«
»Ist es denn so, wie du es dir vorgestellt hattest? Das Schreiben?«
»Überhaupt nicht.« Er gab ihr einen Kuss auf die Stirn, legte ihr den Arm um die Schultern und drückte sie an sich. »Es ist viel schwieriger, als ich gedacht hatte, und die meiste Zeit über zweifele ich an meinem Verstand … jedenfalls an schlechten Tagen. Früher in der Schule hatte ich die absurde Vorstellung, dass ich nur ein Buch verkaufen müsste – weiter habe ich nie gedacht – und dass ab da alles total einfach wäre.«
»Ist es also nicht?«
Law lachte. »Oh nein. Und es ist ja auch nicht nur das Buch. Ich hatte immer nur das Schreiben an sich im Kopf, aber niemand klärt einen über den ganzen anderen Mist auf. Das muss man sich auf die harte Tour erarbeiten.«
»Was denn für ein anderer Mist?«
Er lächelte schief. »Das erzähle ich dir wann anders. Aber ein Teil von diesem ganzen Mist ist der Grund, warum du hier bist. Und ich will dich nicht gleich am Anfang wieder verschrecken.«
»Als ob ich eine Wahl hätte.« Sie lächelte bitter. »Ich bin so gut wie blank, der Tank ist fast leer und ich habe nicht viele andere Möglichkeiten, die mir momentan offenstehen.«
»Mensch, dann bist also nur deswegen hier, weil es nicht anders ging«, entgegnete Law mit gespielter Niedergeschlagenheit. »Na, herzlichen Dank auch.«
Sie piekste ihm in die Rippen. »Ich bin deinetwegen hier. Und das weißt du auch.«
Er grinste sie an, und sie erwiderte sein
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