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Blinde Wahrheit

Blinde Wahrheit

Titel: Blinde Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shiloh Walker
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doch das Büro zu betreten, war ihr nicht erlaubt – das stand sogar in ihrem Arbeitsvertrag. Sie durfte die Bürotür nicht öffnen. Punkt.
    Er war eigenartig. Völlig paranoid.
    Tja, er war eben Law.
    Hope stieß einen Seufzer aus und schaute auf den Schreibtisch, bereit, die nächste Aufgabe in Angriff zu nehmen, da stellte sie fest, dass sie tatsächlich die Tischplatte sehen konnte.
    Die Fläche war leer.
    Größtenteils.
    Jetzt konnte sie sich womöglich dem Papierchaos in dem Karton widmen, der neben ihrem Arbeitsplatz stand und nur darauf wartete, sie anzufallen. Es kam ihr vor, als würde sich der Papierhaufen höher und höher auftürmen …
    Und seine Paranoia färbt bereits auf dich ab.
    »Hey, kannst du dich um meine Mails kümmern?«, rief Law quer durch den Raum.
    Hope wirbelte auf ihrem Stuhl herum und starrte ihn entgeistert an. »Deine Mails? Großer Gott, Law, was willst du mir denn noch alles aufdrücken?«
    »So viel wie möglich?« Er setzte dasselbe Lächeln auf wie früher, wenn er sie zu etwas Verbotenem hatte überreden wollen. Doch es verschwand, als er sich erschöpft übers Gesicht fuhr. »Ich hab dir doch gesagt, dass ich in diesem Mist ertrinke. Das war ernst gemeint. Das letzte Mal habe ich vor vier Tagen in eins meiner E-Mail-Postfächer geguckt, und da lagen über dreihundert ungelesene Mails drin. Das war die Mailadresse, die auf meiner Website steht.«
    Hope kniff die Augen zusammen. »Vielleicht sollten wir langsam mal über mein Gehalt reden.«
    Bei dem Betrag, den er ihr daraufhin nannte, klappte ihr der Unterkiefer herunter.
    »Das meinst du nicht ernst. Dafür, dass ich deine E-Mails beantworte? Deine Unterlagen abhefte? Diesen Schweinestall von einem Büro aufräume? Für halb so viel Geld könntest du einen Mitarbeiter einstellen.«
    »Ich stelle ja auch jemanden ein – und zwar dich. Jemanden zu haben, von dem ich weiß, dass er seinen Teil der Abmachung einhält, mich nicht hängen lässt und kapiert, warum ich unter einem Pseudonym schreibe, ist mir das wert.« Er betrachtete den Karton neben ihrem Schreibtisch mit ebenso viel Abscheu wie sie selbst zuvor. »Außerdem wird das Ganze langsam dringend, und es geht nicht nur ums Abheften und Schreiben von E-Mails. Es gibt noch mehr zu tun, aber dazu kommen wir noch. Meine geistige Gesundheit steht auf dem Spiel. Allerdings musst du mir versichern, mich nicht im Stich zu lassen – wenn du merkst, dass es für dich nicht funktioniert und du von hier fort musst, kannst du nicht einfach mir nichts, dir nichts verschwinden. Du musst mich wenigstens vorwarnen.« Bei diesen Worten lag ein seltsamer Ausdruck in seinem Blick.
    Doch in ihr begehrte etwas gegen diese Vorstellung auf. Eine Leine – er nahm sie an die Leine … sperrte sie in einen Käfig. Auch wenn ihr klar war, dass er zumindest eine Vorwarnung von ihr erwarten konnte, wenn sie abhauen wollte, ging es nicht einzig und allein darum. Er tat, was er die ganze Zeit hatte tun wollen, seit er wusste, was los war.
    Er versuchte, sich um sie zu kümmern.
    Tief in ihrem Innern wollte sie das sogar zulassen, aber sie musste lernen, allein zurechtzukommen.
    Dennoch sollte sie das hier als das betrachten, was es war – die Sorge eines guten Freundes. Es war kein Käfig und Law würde nie versuchen, sie einzusperren. Es gab keine Tür, keinen Schlüssel.
    Sie konnte gehen, wann immer sie wollte.
    Sie hatte die Wahl.
    Bis zu einem gewissen Grad manipulierte er sie, natürlich begriff sie das. Doch gleichzeitig durchschaute sie ihn. Er war ihr engster Freund und umgekehrt; wenn er für Wochen, Monate, Jahre verschwinden würde …
    Fang nicht wieder damit an, Hope. Lass dich nicht von deinen Erinnerungen einholen.
    Sie wandte den Blick von ihm ab und schaute aus dem Fenster. »Ich werde hier nicht bleiben können.«
    »Warum nicht?«
    Sie hörte die Enttäuschung, die Sorge in seiner Stimme, sah ihn an und lächelte. »Mit hier meinte ich nicht die Stadt, sondern dein Haus. Ich kann nicht ewig bei dir bleiben. Früher oder später muss ich mir eine eigene Wohnung suchen.« Sie schnitt eine Grimasse. »Auch wenn das nicht so leicht wird. Ohne Gehaltsnachweise, ohne Referenzen … «
    »Ich kann dir ein Empfehlungsschreiben aufsetzen. Und hier in der Gegend machen sich die Leute meistens eher weniger Gedanken um Dinge wie Bonität«, sagte er sanft. »Kleinstädte sind nicht immer was Schlechtes, Süße.«
    Nicht immer ein Käfig. Das meinte er eigentlich, auch wenn er es nicht

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