Blinde Wahrheit
laut sagte.
»Und was antworte ich den Leuten, wenn sie mich fragen, was ich bei dir mache?« Sie schlug einen lockeren Tonfall an und hob spöttisch eine Braue. »Bin ich deine Haushälterin? Deine Mätresse?«
»Wie wäre es mit Dompteuse? Die halbe Stadt ist ohnehin der Ansicht, mir sollte mal jemand Manieren beibringen.« Er grinste und sie sah, wie die Anspannung aus seinem Blick wich.
Ihr gefiel es gar nicht, dass er sich solche Sorgen um sie machte und sich dermaßen schuldig fühlte. Das alles war doch nicht seine Schuld. Es gab schließlich nichts, was er hätte tun können. Es hatte nicht an ihm gelegen.
An dir liegt es …
Nein. Es liegt nicht an dir, fang nicht schon wieder damit an , befahl sie sich selbst.
Erneut klingelte das Telefon und sie seufzte leise vor Erleichterung – eine Ablenkung, wenn auch nur von ihren Erinnerungen. »Gehst du eigentlich jemals ran?«
»Nö. Ich telefoniere nicht gern und die meisten Menschen, die mit mir reden müssen, wissen das auch.« Er griff nach dem Hörer und warf einen Blick auf das Display. »Meine Agentin. Die kann mir auch mailen.«
Hope verdrehte die Augen. »Und wenn es was Wichtiges ist?«
»Gerade dann sollte sie mir zuerst eine Mail schicken und es ankündigen, ich vergesse sonst die wichtigen Einzelheiten.«
»Du vergisst nie irgendwas.«
»Doch, klar.« Mit jenem charmanten Lächeln, mit dem er immer seinen Willen durchzusetzen schien, lehnte er sich zurück. »Ich vergesse es, und dann, wenn es zu spät ist, fällt es mir wieder ein. Ich hab ein furchtbares Wirrwarr im Kopf, und E-Mails machen alles weniger konfus.«
»Du erzählst doch Müll.«
Er zwinkerte ihr zu. »Stimmt. Aber es ist nicht ganz und gar gelogen. Mein Gehirn geht nach Wichtigkeit und zurzeit hat mein Buch oberste Priorität … vor allem jetzt, wo du da bist.«
Sie holte tief Luft und schaute ihn an. »Alles klar, Chef. Wie lauten die E-Mail-Adressen, wie lauten die Passwörter, und was genau soll ich tun?«
Hope hatte ein Talent für solche Dinge, aber das wusste Law schon lange. Sie war eine von den Organisierten, schon immer gewesen. In der Schule hatte sie sich immer akribisch genau vermerkt, wo ihre ganzen Bücher steckten und wann sie wo welche Projektarbeit abgeben musste … Und meistens hatte sie gleich für ihn und Joey mitgedacht.
Obwohl sie ziemlich weit weg gewohnt hatte, war sie in den letzten Jahren diejenige gewesen, die ihm geholfen hatte, all die kleinen Dinge auf die Reihe zu kriegen, die er sonst schon vor Ewigkeiten vergessen hätte, E-Mail-Adressen und Namen, an die er sich längst nicht mehr erinnern könnte.
Sie schien es nicht bemerkt zu haben, aber im Prinzip unterstützte sie ihn inoffiziell schon seit Jahren, außer während … nein.
Am besten dachte er jetzt nicht an diese Zeit, denn das würde sie wahrscheinlich merken, er hatte bereits gesehen, wie schwer es ihr fiel, ruhig zu bleiben und nach vorn zu schauen.
Er wollte sie nicht aus der Bahn werfen.
Vielmehr wollte er Joey Carson nur allzu gern eines langsamen, qualvollen Todes sterben lassen. Und dann wollte Law sich selbst in den Hintern treten, aber eigentlich tat er das ohnehin bereits schon seit ein paar Jahren. Früher hatte er bei Joey ein Mal ein schlechtes Bauchgefühl bekommen … ein sehr, sehr schlechtes, aber er hatte nichts darauf gegeben.
Wenn er doch nur …
»Law.«
Er schaute auf und betrachtete Hopes blasses, ausgezehrtes Gesicht. Die letzten Jahre hatten ihre Spuren hinterlassen, aber sie war immer noch diese liebenswerte, sanfte Schönheit, die früher in der Schule all die Jungs angelockt hatte – und die in Law schon immer das Bedürfnis geweckt hatte, sich wie ein großer Bruder schützend vor sie zu stellen.
»Law, hör mir zu.«
Er zog die Brauen zusammen und sah ihr in die Augen. »Ich hör dir zu. Was ist denn?«
»Cassia Hughes, die Autorin – hast du sie gekannt?«
Gekannt …
»Ja, klar kenne ich Cassia.«
»Sie hatte einen Herzinfarkt.« Trauer verdunkelte Hopes Blick. »Sie ist heute Morgen gestorben.«
12
Es war kurz nach sechs an einem Dienstagabend, und Lena kam sich unglaublich dekadent vor. Den Großteil der letzten beiden Tage hatte sie mit Ezra im Bett verbracht. Nun ja, im Bett, in der Dusche … und einmal auf der Veranda hinter dem Haus.
Jetzt lag sie wieder im Schlafzimmer, verschlungen mit seinem großen, muskelbepackten Körper.
»Weißt du was, ich habe in der letzten Woche mehr Zeit im Bett verbracht als normalerweise
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