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Blinde Weide, Schlafende Frau

Titel: Blinde Weide, Schlafende Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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Artikel über die Eröffnung eines kommunalen Bürgerberatungszentrums. Der Artikel war nur kurz, und normalerweise hätte sie ihn übersehen. Ein professioneller Therapeut sollte einmal pro Woche gegen eine geringe Gebühr individuelle Beratung anbieten. Alle Einwohner von Shinagawa über achtzehn seien berechtigt, diesen Dienst in Anspruch zu nehmen. Der Schutz persönlicher Daten sei gewährleistet. Mizuki war nicht sicher, inwieweit eine kommunale Beratungsstelle für sie in Frage kam, wollte aber einen Versuch wagen. Es konnte ja nichts schaden, einmal dort vorbeizugehen. An Wochenenden, wenn im Autohaus Hochbetrieb herrschte, bekam sie manchmal nicht frei, aber während der Woche war das kein Problem, sodass die Sprechstunden des Beratungszentrums für sie günstiger lagen als für viele Menschen mit normalen Arbeitszeiten. Sie ließ sich also telefonisch einen Termin geben. Eine halbe Stunde kostete zweitausend Yen, für sie kein unerschwinglicher Betrag.
    Sie war für den folgenden Mittwoch um 13 Uhr bestellt. An diesem Tag war sie die Einzige, die im zweiten Stock der Stadtteilverwaltung von Shinagawa Rat suchte. »Das Programm wurde erst kürzlich ins Leben gerufen und ist deshalb noch nicht so bekannt«, erklärte ihr die Dame an der Anmeldung. »Wenn die Neuigkeit sich erst einmal verbreitet, wird der Ansturm sicher größer. Jetzt ist es noch leer, Sie haben also Glück.«
    Die Beraterin war eine sympathische, kleine rundliche Person um die vierzig und hieß Tetsuko Sakaki. Sie hatte kurzes, hellbraun gefärbtes Haar, ein rundes Gesicht und ein herzliches Lächeln. Mit ihrem hellen Sommerkostüm, der schimmernden Seidenbluse, der unechten Perlenkette und den flachen Schuhen wirkte sie eher wie eine nette gutherzige Hausfrau von nebenan als wie eine geschulte Therapeutin.
    »Wissen Sie, mein Mann ist Abteilungsleiter im Amt für Öffentliche Angelegenheiten«, schickte sie liebenswürdig voraus. »Er hat mir geholfen, diese Beratungsstelle mit kommunaler Unterstützung zu eröffnen. Sie sind unsere erste Klientin. Ich freue mich, dass Sie gekommen sind. Da Sie heute die Einzige sind, können wir uns Zeit lassen und uns in aller Ruhe unterhalten«, sagte sie ohne jede Eile. Sie wirkte überhaupt sehr gelassen.
    »Ich freue mich auch«, sagte Mizuki, obwohl sie insgeheim an der Kompetenz der Frau zweifelte.
    »Ich bin ausgebildete Therapeutin mit viel Erfahrung. In diesem Punkt können Sie also ganz beruhigt sein. Überlassen Sie nur alles mir«, sagte Frau Sakaki freundlich, als hätte sie Mizukis Gedanken gelesen.
    Sie saß hinter einem Metallschreibtisch, und Mizuki hatte auf dem kleinen abgewetzten Sofa Platz genommen, das direkt vom Sperrmüll zu kommen schien. Die Federn waren durchgesessen, und sein staubiger Geruch kitzelte sie in der Nase.
    »Ich hätte natürlich lieber eine richtige Couch gehabt, damit es mehr nach therapeutischer Praxis aussieht, aber im Augenblick müssen wir mit der hier vorlieb nehmen. Eine andere haben sie nicht rausgerückt. In der Stadtverwaltung regiert die Bürokratie. Grässlich. Nächstes Mal haben wir hoffentlich etwas Besseres, bis dahin bitte ich Sie um Geduld.«
    Mizuki sank in das Trödelsofa und erzählte Frau Sakaki, dass sie immer häufiger ihren eigenen Namen vergaß. Frau Sakaki hörte ihr zu, ohne sie zu unterbrechen, und nickte nur hin und wieder. Sie stellte keine Fragen und äußerte kein Erstaunen, sondern hörte Mizuki die ganze Zeit aufmerksam zu. Nur selten wich ihr mildes Lächeln, das an einen Frühlingsmond in der Abenddämmerung erinnerte, einem nachdenklichen Stirnrunzeln.
    »Gute Idee, das mit dem Namen auf dem Armband«, sagte sie, als Mizuki geendet hatte. »Sie haben genau das Richtige getan – nämlich zuerst eine praktische Lösung gefunden, um das Problem zu verringern. Es ist wichtig, Schwierigkeiten realistisch anzugehen, statt Schuldgefühle zu haben, zu grübeln oder womöglich den Kopf zu verlieren. Das war ziemlich clever von Ihnen. Das Armband ist wirklich hübsch und steht Ihnen sehr gut.«
    »Meinen Sie, meine Vergesslichkeit könnte der Vorbote einer schweren Krankheit sein? Gibt es solche Fälle?«, fragte Mizuki.
    »Ich glaube nicht, dass es eine Krankheit mit einem derart limitierten Anfangssymptom gibt«, sagte Frau Sakaki. »Allerdings beunruhigt es mich etwas, dass es sich im Laufe des Jahres verstärkt hat. Es könnte eventuell zum Auslöser anderer Symptome werden. Oder Ihre Gedächtnisschwäche könnte sich auf andere

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